Mittwoch, 30. Juni 2021

Ende gut, alles gut: Das Beste zum Schluss

Gemeinsam gelebte Bunkermentalität: Merkel und Löw prägten eine Ära.

Als es endlich vorüber ist, vom Mann auf der Bank erlebt wie gelähmt, beginnen die Rituale. ARD-Moderatorin Jessy Wellmer steht am Spielfeldrand des Wembley-Stadions, das erfüllt ist von den Delta-Aerosolen der 43.000 begeisterten Engländern. Sie hält sicheren Abstand zu Bundestrainer Joachim Löw, der nach dem 0:2 verlorenen Achtelfinalspiel der Europameisterschaft im Männerfußball nun nur noch seine schwerste Mission zu erledigen hat: Wie erkläre ich einer enttäuschten Nation, dass trotzdem alles richtig war? Vieles? Oder immerhin genug?

Katastrophe als Betriebsunfall

Löw zieht Luft, wie nur er es kann. Er ordnet ein und schildert die sich seit Monaten, ja, Jahren anbahnende Katastrophe als Betriebsunfall. Hätte der Müller. Hätte der Werner. Wellmer, nach deutscher Fußball-Berichterstattungstradition begleitet von Bastian Schweinsteiger, einem früheren "Schützling" Löws, fragt fröhlich nach. "Also Ende gut, alles gut?" Joachim Löw ist für einem Moment nun doch konsterniert. Ende gut? Alles gut?

Dieses Finale des Finales der Ära Löw passt wie gemalt zur Laufbahn des Fußballlehrers, der seinerzeit auf den Disruptor und Revolutionär Jürgen Klinsmann folgte wie auf dem politischen Spielfeld die bräsige, behäbige Angela Merkel auf ihren reformverliebten Vorgänger Gerhard Schröder. Wie Merkel übernahm Löw ein bestelltes Feld, auf dem er Jahr um Jahr erntete. Noch acht Jahre später, als Löw mit dem Gewinn der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien sein Lebenswerk krönte, standen drei Spieler aus der Klinsmann-Ära auf dem Platz.

Mit der Erfindung von "Die Mannschaft" hob Löw ab.
Zwei der drei wussten danach, dass es Zeit war, zu gehen. Löw nicht. Wie die Bundeskanzlerin, die am Ende ihrer ersten acht Jahre im Amt selbst glaubte, die mächtigste Frau der Welt zu sein, hatten Titel, Verdienstkreuze und die mafiöse Zustimmungskultur im DFB auch Joachim Löw überzeugt, dass es niemand besseren gebe, nun auch noch einen zweiten oder gar dritten Titel zu holen. Wie in Berlin war auch in Frankfurt niemand mehr da, der eine neue Weichenstellung hätte empfehlen können. Löw war wie Merkel auf seinem Feld zu einem Alleinherrscher geworden, umgeben von einem engsten Kreis aus Beratern und Unterstützern, deren Schicksal mit dem des Cheftrainers auf Gedeih und Verderb verbunden war. 

Auf Gedeih und Verderb

Die besten Voraussetzungen, eine gesunde Bunkermentalität zu entwickeln. Wie Merkel 2011 mit dem über Nacht beschlossenen Atomausstieg ohne jeden Plan, wie die Energieversorgung des Landes dauerhaft, stabil, bezahlbar und klimagerecht sichergestellt werden soll,  stolperte auch der gern "Jogi" genannte Bundestrainer in die zweite Hälfte seiner Amtszeit. Der Weltmeister-Titel hinterließ einen Kater, dem Fußballlehrer der Nation aber fiel nun nur ein Ausstieg aus der deutschen Art des Spieles ein. So lähmend langweilig wie Spanien wollte er künftig zaubern lassen. Immer den Ball haben, "zirkulieren" (Löw) sollte der, bis der Gegner aufgab.

Löw nahm sich einen Sprechlehrer. Er zog in Interviews kaum noch Nebenluft. Bei der Europameisterschaft in Frankreich ging es im Halbfinale nach Hause, aber Löw versicherte, so viel habe nicht gefehlt. Die inzwischen in "Die Mannschaft" umbenannte Truppe hatte den Systemfußball für sich entdeckt - und schneidig sah sie auch wieder aus, als sie nach Russland aufbrach, um ihren Weltmeistertitel zu verteidigen. Es wurde ein Desaster, das ebenso ohne jede Konsequenz blieb wie Angela Merkels Energieausstieg, ihr Flüchtlingssommer oder ihre Entscheidung, die EU im Sinne des Hades-Planes ganz ernsthaft zu einer Schuldenunion weiterzuentwickeln.

Im Bunker der Bequemlichkeit

Im Bunker der Bequemlichkeit eines Postens, der keine Regulativer mehr kennt, war der innerlich seit Jahrzehnten vermoderte DFB ebenso froh, Löw zu haben, wie die CDU sich glücklich schätzte, die Kanzlerinnenpartei zu sein. Wenn nichts im Laden ist, macht ein tolles Schaufenster umso mehr her. Niemand anderes als die Amtsinhaber bestimmten, dass sie weitermachen würden - Merkel wegen Trump, sie musste die Welt retten. Löw, weil er so nicht abtreten wollte, mit einem letzten lausigen Spiel in einer Vorrunde.

Quälend langsam schleppten sich die beiden Protagonisten der eingebildeten Weltmacht von da an über die letzte Strecke ihrer Karrieren. Löw verlor, er reformierte zaghaft, er verlor und zog die Reformen zurück. Merkel ging vom Regieren zum Verwalten über, wo die Säge klemmte, wurde mit Geld geschmiert. Als die Pandemie kam, wechselte die Kanzlerin auch sichtbar ins Home Office: Angela Merkel hielt sich  nun dauerhaft fern vom Volk, ihr Lebensraum war der Kanzlerbunker, den sie nur verließ, um gelegentliche Gipfel zu absolvieren oder aber, in Stunden der höchsten Erklärungsnot, in einer Talkshow darzulegen, dass Taktik und Aufstellung sehr wohl hervorragend seien, es aber doch noch ein Stück Geduld brauche, bis die Ergebnisse auf der Anzeigetafel zu sehen sein würden.

Textbausteine aus dem Spruchbeutel

Textbausteine, wie sie Joachim Löw bei Bedarf identisch aus seinem Spruchbeutel zog. Wenn er dies tat, war das richtig. Tat er das Gegenteil, war es das auch. Dass er in Interviews wieder mehr Nebenluft zog, deuteten Löw-Aficionados als Zeichen dafür, dass der Bundestrainer die Phase der bemühten Künstlichkeit, der Sehnsucht nach dem spanischen Spiel und dem Betteln um Anerkennung hinter sich gelassen habe. Er sei jetzt wieder er selbst, ein in sich ruhender Pol wie Merkel, frei durch völlige Unabhängigkeit von der umgebenden Wirklichkeit. 

Auf dem Platz sah es so aus. Vom Versuch, spanisch zu spielen, wechselte Joachim Löw zu einer Taktik, die für niemanden mehr erkennbar war. Systemfußball ohne System, später aber dann mit den Rückkehrern Thomas Müller und Mats Hummels, die beiden Spieler, die Löw symbolisch geopfert hatte, um ein Signal für den ausgerufenen Neuaufbau zu setzen. Löw war nun so lange im Dienst, dass er wirklich glaubte, die Fans liebten ihn und nicht die Männer auf dem Platz. So wie Merkel sich selbst davon überzeugt hatte, dass es ihre erratischen Ein- und Ausstiegsentscheidungen waren, die die Deutschen so lieben. Nicht der Wohlstand, der sich Schröders Reformen und der Entwicklung der Weltwirtschaft verdankt.

Marketingpaket Mannschaft

Schnurstracks marschierte das vom Sportdirektor Oliver Bierhoff stromlinienförmig zugeschnittene Marketingpaket "Mannschaft" beim Pandemieturnier zur Delta-Verbreitung ins nächste Desaster. Selbstbild und Fremdbild fielen auseinander wie zuletzt in der DDR, deren Führung noch in der Überzeugung starb, die Arbeiter- und Bauernrepublik sei das zehntgrößte Industrieland der Welt. Für Löw und das ihn umgebende Milieu aus Medienarbeitern, alle Duzfreunde, alle abhängig vom Erfolg des Bundestrainers, waren nach der Vorrundenniederlage gegen Frankreich Petitessen wichtig. Kimmich in die Mitte? Goretzka hinter die Spitzen? Der Sieg gegen Portugal schien die Weichen gestellt zu haben zu einer Rückkehr zu alten Stärken. Mit dem Remis gegen Ungarn rettete Löw seinen Kopf. Nur um im Achtelfinale sang- und klanglos an England zu scheitern.

Dabei hatten sie doch alles versucht. Regenbogenbinde, Regenbogenlicht. Knien für Floyd George. Keine Diskussion mehr ums Mitsingen der Hymne. Fußballnationalismus ohne Nation und Arroganz ohne innere Überzeugung. Wie katatonisch erlebt der Joachim Löw die letzten Momente seiner Amtszeit: Als seine Elf in Rückstand gerät, reagiert er gar nicht, es dauert und dauert, ehe er frische Leute bringt, um wenigstens so zu tun, als wolle er alles tun. Einer der Eingewechselten ist dann eine Defensivkraft, die vermutlich den Rückstand in Grenzen halten soll, die letzten paar Minuten. Eine andere kommt 90 Sekunden vor Abpfiff, das nimmt noch mal wertvolle Zeit von der Uhr.

Als Jessy Wellmer Löw Minuten später nicht etwa danach fragt, sondern nach seinen Gefühlen, "Ende gut, alles gut", schaut der Gescheiterte irritiert. Selbst Joachim Löw hatte angesichts der historischen Pleite wohl Prügel erwartet, ein Scherbengericht, irgendeine Art Abrechnung.


14 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Floyd starb auch mit euch, oder für euch, kann man jetzt rechtschaffen dichten.

Klaus K. hat gesagt…

Trotz bester Haltungsnoten mußte Jogis Regenbogentruppe das Turnier verlassen. Das ist ein Ergebnis, das unbedingt rückgängiggemacht werden muß.

Endgegner hat gesagt…

Oben im Bild sieht man 8 Initiatoren des Dauerbrenners Brot-und-Spiele-Zirkus, für den fast jedes Pöbelherz leidenschaftlich pocht. Sobald ihre Black-Knives-Matter-Kniefall-Gladiatoren mit kunterbunten Schwuchtelbinden in der Arena auflaufen, schlägt es für die kürzlich noch politisch korrekt nur "Mannschaft" neuerdings wieder deutschnational, weil es um Stellvertreterkriege gegen andere Völker geht, die fast so was wie Feinde sind, zumindest aber Konkurrenten im Ringen um die begehrten Pokale. Man schmückt sich halt gerne mit Trophäen, um anzugeben, wie supitoll man doch ist in der wichtigsten Nebensache der Welt. Wir waren laut BILD schließlich schon mal Weltmeister und sogar Papst. Wir sind also verwöhnt.

Wer im Duell der Eitelkeiten trotz Millioneneinkommen keinen Sieg und somit Stolz liefert, sondern schmählich scheitert wie just bei der EM, der darf dem Volk dennoch weiterhin in diversen Werbebotschaften mitteilen, was der Fan zu kaufen hat, um etwas Glanz und Gloria abzubekommen. Ein Spielertrikot übergestülpt, ein Kopffrei-Shampoo in die Haare geschmiert, dazu die richtigen Chips zum passenden Drink gefuttert, und schon ist es hokuspokus fertig, das heimische Schweinidouble mit Schiedsrichterkompetenzen.

Dann fühlt der Bolzokratiepiefke sich bereits an der Pforte zu seinem Ballaballaparadies, in dem täglich pausenlos gekickt und gegrölt wird. Und aufgrund der auch dort geltenden grenzenlosen Weltoffenheit spielen dort alle Rassen queerbeet und wird es nur Unentschieden geben, denn Siege würden die Verlierer diskriminieren.

Schöne neue Welt.
Elfe Mann und nur ein Ball.
Hundert Mann und ein Befehl.
Freddy war vorausschauend im Auslandseinsatz.
Deutschland fern der Heimat verteidigen, die dortigen Feinde zugleich aber massenweise importieren, gilt heute jedoch als voll noomaaal.

Für jeden Quatsch gibt es zudem billige Blechorden an stolz geschwollene Heldenbrüste.

Ende gut, alles gut. Darum weiter so!

Endgamer hat gesagt…

Nachtrag. Das beste zum Schluss.

Aufgeschnappt: "Ermittler prüfen derzeit ein Video, in dem angeblich der Messerangreifer von Würzburg von einem rassistischen Übergriff in Chemnitz berichtet. "Das ist eine Spur", sagte ein Sprecher des Landeskriminalamtes am Mittwoch in München. Ob der 24-jährige Somalier, der am Freitag in Würzburg drei Frauen mit einem Messer tötete und sieben weitere Menschen verletzte, tatsächlich in dem Clip zu sehen ist, werde noch analysiert."

Ein religionsfanatischer IS-Scherge meuchelt willkürlich Frauen, Mütter, Freundinnen und weitere Zufallspassanten und diesem inzwischen bis ins Merk vermoderten Verbrecherregime samt Gehorsamsjustiz fällt dazu nix ein, als verstärkt gegen Rechte im Osten zu ermitteln. Dieses Land und mit ihm Regierung und Volk ist erneut am Ende, weil mal wieder komplett pervertiert Unrecht zu Recht verklärt und Unrecht zu Recht erklärt wird. Ich kann nur hoffen, dass der Endsieg diesmal genau so endet damals, denn anders kapiert das stupide deutsche Nutzvieh ja nix.

Endgamer hat gesagt…

Es ist im Nachtrag eine Korrektur nötig.

Selbstverständlich muss es in der vorletzten Zeile wie folgt heißen: " ... Unrecht zu Recht verklärt und Recht zu Unrecht erklärt wird".

Ich bitte untertänigst um Entschuldigung, falls das einige Leser verunsichert haben sollte.

Anonym hat gesagt…

>> eule54 30. Juni 2021 at 20:02
jeanette
30. Juni 2021 at 19:58
++++
Der Vater des Mörders aus Hanau ist ein Grüner! <<
-------------------------------------------------------

Würde ich dahingehend korrigieren: Der Vater des ANGEBLICHEN Mörders aus Hanau ist ein Grüner!

Carl Gustaf hat gesagt…

Colin from Portsmouth https://twitter.com/exploding_heads/status/1371788009973157893?lang=de

Carl Gustaf hat gesagt…

PS: Wie Karl Lauterbach grad per Twitter vermeldete, wird die nächste Corona-Mutation nicht Epsilon-Variante, sondern Wembley-Variante heissen.

Volker hat gesagt…

"Noch acht Jahre später ..."

Da würde ich schon gern eine Fallunterscheidung machen.
Im Staat gehts ziemlich langsam voran. Dort kann man durchaus sagen, Präsident Clinton lebte von den Reformen, die Präsident Reagan durchgeprügelt hatte.
Aber im Fußball - acht Jahre?
Dort dreht sich das Personalkarussell schneller. Sicher hatte Löw was Gescheites übernommen. Aber das allein reicht nicht für den WM-Titel, ein Honk von Trainer schafft das nicht.
Dass die beim nächsten Turnier abstürzt sind, nicht so ungewöhnlich, regression to the mean.

Aber danach ...
Diversityschaft (oder so), Kniefall, Schwuchtelbinde - das volle Programm.
Welcher Mann, der noch alle Tassen im Schrank hat, kann sich mit diesem Stuss identifizieren?
Und glauben die Funktionäre wirklich, die Schaft braucht keine Fans?

Anonym hat gesagt…

brit. Logen haben den englischen "Sieg" angeordnet .

Löw wurde gekauft

Anonym hat gesagt…

und neuer auch

ppq hat gesagt…

@volker: das war wohl missverständlich ausgedrückt. löw profitierte von den ersten ergebnissen des neuen nachwuchskonzeptes, das anfang des jahrtausends https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-am-anfang-des-wm-titels-stehen-nachwuchskonzept-und-reformwillen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-140714-99-06268 entstanden war. und nicht vergessen: 2014 in brasilien standen immerhin noch 5 spieler aus dem klinsmann-kader von 2006 im aufgebot.

zum vergleich: wäre löw nicht gezwungen worden, müller und hummels zurückzuholen, wären es zwischen 2014 und 2020 (das war ja der ursprüngliche wm-termin, also auch 6 jahre abstand) nur noch drei gewesen.

da kommt nicht mehr so viel

Die Anmerkung hat gesagt…

>> Der Vater des ANGEBLICHEN Mörders aus Hanau ist ein Grüner!

Muß das nicht eher

Der Vater des Mörders aus Hanau ist angeblich ein Grüner!

heißen?

Anonym hat gesagt…

Der Vater des Mörders aus Hanau ist angeblich ein Grüner!
-----
Neien!
Mitnichten! (...hat die Nase meiner Wirtin, deren Name Eulalia ...).
Der Vater IST Grüner Khmer. Der Sohnemann ist ein sogar für heutige Verhältnisse ungewöhnlich bematschter Hirni. Nur gibt es herbe Indizien dafür, daß er nicht der Mörder war. Interessant übrigens, daß er DREI legale Kurzwummen besessen hatte ...