Was kostete es den Amtsinhaber früher nicht alles, ein Diktator zu sein. Im alten Rom hieß es, die sechs vorgesehenen Monate nicht nur überstehen, sondern sich die Amtszeit verlängern. Spätere Diktatoren traten dann gleich unbegrenzt an, waren aber beständig gezwungen, zu morden und wegzusperren, was immer ihre macht bedrohte. Diktatoren sind, über die Geschichte der Menschheit hinweg, für mehr Tote und größeres menschliches Leid verantwortlich als die Pest. Von der Französischen Relolution über Hitler, von Stalin über Idi Amin bis zu Fidel Casto, Mao und Ho Chi Minh leisteten unzählige Männer Unglaubliches, um sich ihre Macht zu erhalten.
Wie schwer es für sie alle war, am Abend Schlaf zu finden, wie unangenehm es ihnen war, von jedermann immer ängstlich angeschaut zu werden und wie schwer es gerade ihnen gefallen sein muss, das eigene Scheitern am Ende zu akzeptieren - kaum jemand weiß es, denn die Geheimnisse eines jeden Diktators sind das Geheimste überhaupt auf der ganzen Welt. Mit dem Siegeszug der Demokratie endete eigentlich auch das Zeitalter der Diktatoren: Zu ineffektiv, zu behäbig, zu abhängig von der Form und den Ideen eines einzigen Menschen.
Nach dem Vorbild des "Nazi"
Zugleich aber geschah dem Diktator, was zuvor schon dem "Nazi" passiert war. Je weniger es gab, desto mehr wurden es. Je geringer die gesellschaftliche Akzeptanz wurde, desto größer wurde die mediale Aufregung. Die Nazi-Bewegung, zu der 1945 sich allein in Deutschland noch 7,5 Millionen Parteimitglieder bekannten, schrumpfte in den darauffolgenden Jahrzehnten auf etwa 3.500. Nun aber war die "Bedrohung durch rechts überall" (ND). der Innenminister, eine ehemaliger Rechter, bekennt sich mittlerweile offensiv zum Rechtssein als größter Gefahr für die welt, womöglich größer noch als die Klimakrise. Millionen werden in den Abwehrkampf investiert, Millionen und Abermillionen. Und es wirkt, als würde jeder Cent die Gefahr nur immer noch weiter erhöhen.
Genauso verhält es sich mit den Diktatoren. Wie sich Rechte zuerst in Rechtsradikale, dann in Rechtsextreme und schließlich in Rechtsextremisten verwandelten, sank die Definitionsschwelle für ernstgemeinte Diktatoren beständig ab. Und die Zahl der amtierenden Diktatoren stieg steil. Putin und Xi, Lukaschenko, Erdogan, Bolsonaro, sogar Trump: Zum Diktatorenjob gehörte nicht mehr nur eine Machtübernahme, eine Gewaltherrschaft und die Ermordung jeder Opposition. Nein, es reichte nun schon, abseitige Ansichten zu Europa, der EU, demokratischen Prozessen oder dem Selbstbestimmungsrecht der Völker zu vertreten.
Faschistenblock mit feigem Diktator
Katarina Barley, von der damaligen SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles nach Brüssel verfrachtet, der durch die Vorsitzende eingeleiteten Erneuerung der Partei nicht länger im Wege zu stehen, hat den derzeitigen Diktatorenboom eben bei Twitter auf den Punkt gebracht: Mag der regenbogenfeindliche Ungar Viktor Orban auch demokratischer gewählt sein als sie selbst, die ihr EU-Mandat bei der nur eingeschränkt demokratischen EU-Abstimmung errang. Er war schuld am "Faschistenblock" (Barley) im Stadion. Und er ist ein "feiger Diktator".
Abgeschossen von einer Frau, die innerhalb der SPD schon geraume Zeit als Expertin gilt, die wie nebenher alles erklären kann, ist das ein spitzer Pfeil, der Orban tief getroffen haben dürfte. Eben noch galt der frühere weißrussische Präsident Lukaschenko, der jetzt an der Spitze Bjelorusslands steht, als "letzter Diktator Europas" (Spiegel). Alle anderen Demiurgen und Despoten ringsum waren als "Machthaber", "Alleinherrscher" oder auch "lupenreine Demokraten Zwinkersmiley" (Martin Sonneborn) zu bezeichnen.
Warnerin im Glashaus
Barley aber hat nun das Tabu gebrochen: Die Europa-Chefin der Partei, deren unüberschaubares Medienimperium tagtäglich sieben bis neun Millionen Deutsche mit der Tageswahrheit versorgt, deren Vertreter in den Gremien der Gemeinsinnmedien jahrzehntelang verfassungsfeindlich eigene Ansichten protegiert haben und deren Parlamentarier seit mehr als einem Jahr ihre Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren, der Einfachheit halber an die Regierung übertragen haben, führt genau aus, was sie für die Merkmale einer Diktatur hält: Orban habe die Medienfreiheit abgeschafft, das Wahlrecht zu eigenen Gunsten verändert, die Arbeit der Opposition werde durch Regierungspropaganda erschwert, "eine unabhängige Justiz, die die Regierung tatsächlich kontrolliert, gibt es schon lange nicht mehr".
In Ungarn rechtlich gegen die Entdemokratisierung des Landes vorzugehen, hat daher keinerlei Aussicht auf Erfolg, denn Orban drücke seine Verfassungsrichter durch. Viele Ämter dürften in Ungarn auch nur besetzt werden, "wenn eine Nachfolge mit 2/3 Mehrheit bestätigt wird", klagt die SPD-Politikerin aus Köln.
Eine Methode, die einer erfahrenen Demokratin wie Katarina Barley, die vor Jahren die Ansicht vertrat, man könne auf das Grundgesetz pfeifen und deutschen Staatsbürgern je nach Laune deren Staatsangehörigkeit einfach mal so entziehen, nur allzu bekannt ist. Wegen genau dieser Praxis ist die Riege der Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages ja seit nunmehr fast vier Jahren nicht ganz komplett.
3 Kommentare:
Barleys 'UngarInnen' kombiniert den Singular des Maskulinums mit dem Plural des Femininums. Wie man in Fachkreisen sagen würde: Unterbelichtet.
Nur so am Rande ...
Ungarisch hat keine Geschlechter. Dort haben die Gendersterchendödl schlechte Karten.
>Ungarisch hat keine Geschlechter.
Dann ist es ja kein Wunder, dass das alles Faschisten und Diktatoren sind.
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