Torparade beim höchsten Sieg der Saison. |
Ganz zum Schluss reißt der jüngste auf dem Platz die Fäuste euphorisch hoch. Drei Schläge treffen die Luft, als HFC-Torwartdebütant Tim Schreiber sich und seine Mannschaft feiert, der er gerade mit einer Weltklasseparade die Null im letzten Heimspiel der Saison gerettet hat. 4:0 gegen Wehen Wiesbaden, vor kurzem noch ein Aufstiegskandidat. 4:0 als vorläufiger Endpunkt einer Spielzeit, die gut war und schlimm, grauenhaft und gelegentlich so euphorisch, dass es zu lohnen schien, zur Tabellenspitze zu schielen. Nichts klappte und manchmal alles, zwischen absehbarem Zusammenbruch und der aufkommenden Versuchung, mehr zu erwarten als die Realität hergeben konnte.
Aus der Wüste der Niederlagen
Ende gut, alles gut. Die letzten Wochen wenigstens meinten es wieder gut mit dem Halleschen FC, seinem nüchternen Trainer Florian Schnorrenberg und den virtuell mitbangenden Fans. Nach einer langen Wüste aus Niederlagen, zunehmender Abstiegsangst und gleichzeitig wachsender Ratlosigkeit brachte ausgerechnet das Auswärtsspiel in Dresden eine geistig-moralische Wende: Das 3:0 an der Elbe, beim hohen Favoriten, wurde gefolgt von einem 4:1 gegen Türkgücü, einer knappen Niederlage in Mannheim und nun dem glatten 4:0 gegen Wiesbaden. In der Formtabelle der 3. Liga steht der HFC plötzlich auf Platz 2, 14 erzielte Treffer machen aus Schnorrenbergs Team die Tormaschine der Liga. Selbst die Abwehr, zuvor die Schießbude der Saison, zeigte auf einmal, was sie kann: Statt 12 Tore zu schlucken wie in den fünf Spielen zuvor, waren es nun nur noch fünf.
Nochmal Zyklop, diesmal doppelt. |
Versöhnlich, nach dem Auf und Ab der Monate zuvor. Gegen die Gäste aus Wiesbaden, schon 2017 Entwicklungshelfer bei der Aufbauarbeit an einer angeschlagenen Mannschaft, gelingt es von Anfang an, hinten fest zu stehen und vorn druckvoll zu agieren. Florian Schnorrenberg hat Kapitän Nietfeld aus der Startelf rotiert und dafür mit Marcel Titsch-Rivero einem Spieler eine Bewährungschance gegeben, der als die vielleicht größte Enttäuschung unter allen Neuverpflichtungen gelten muss. Neben Antonius Papadopolous, der größten positiven Überraschung der Spielzeit, macht der frühere Wiesbadener seine Sache gut - wie alle Mann neben, hinter und vor ihm.
Pech verwandelt sich in pures Glück
Und was bisher so oft Pech war, verwandelt sich angesichts der fleißigen Laufarbeit vor der Abwehr um Vucur, Vollert, Kastenhofer und Sternberg diesmal in pures Glück, zumindest im zweiten Anlauf. Im ersten verfehlt Michael Eberwein das Tor von Wehens Keeper Lyska noch, obwohl ein voller Erdgas-Sportpark den Treffer schon bejubelt hätte. Im zweiten Versuch aber, der viel schwerer in Zählbares umzumünzen ist, stellt der drittbeste Torschütze des HFC seine persönliche Bilanz von 5 auf 6. Sichtlich erleichtert.
Kollege Julian Destroff, mit sieben Toren nun nur noch zwei vorn, wartet nicht ganz 70 Sekunden, ehe er nachlegt. Flankenlauf, Körpertäuschung, Schuss. Lyska ist erneut chancenlos und es steht 2:0. Bis zur Halbzeit geht es so weiter, nur Zählbares springt nun nicht mehr heraus.
So leicht sieht heute aus, was all die Monate so schwer über den Rasen schabte. Dass Wiesbaden dieses Spiel noch drehen könnte, glauben schon zur Halbzeit vermutlich nicht einmal mehr die aus dem Hessischen mitgereisten Trainer und Betreuer. Immerhin aber müht sich der Gast nach Wiederanpfiff, nicht ganz sang- und klanglos unterzugehen. Richtige Chancen sind rar und die, die Wiesbaden hat, macht im Ernstfall der junge Tim Schreiber zunichte. In der 52. Minute taucht er gedankenschnell nach unten ab, als Nilsson nach einer Ecke aus nächster Nähe köpft.
Zehn Minuten bis zum Happy End
Von diesem Moment bis zur Entscheidung dauert es nur knappe zehn Minuten bis zum Happy End mit dem höchsten Sieg der Saison. In der 62. Minute meldet sich der bis dahin fleißige, aber ohne große Torgefahr spielende Terrence Boyd zurück. Zentral im Strafraum angespielt, lässt er sich vom Gewimmel aus Gegenspielern ringsum nicht beirren. Er täuscht kurz und schießt ins lange Eck. Und während Wiesbaden noch am erneuten Nackenschlag kaut, ist Boyd schon wieder da: Nach einem Freistoß von Sternberg, für den HFC heute der erste Standard, die gefährlich hereinsegelt, köpft der Aushilfskapitän zum 4:0 ein.
Friede, Freude, Eierkuchen, auch wenn Niklas Kastenhofer, nach langer Zeit mal wieder in der Startelf und bis dahin auch mit einer startelftauglichen Partie, in der 79. Minute noch eine keineswegs gerechtfertigte Rote Karte sieht. Schnorrenberg wechselt, Manu kommt, Nietfeld, Landgraf und Böder und alle zusammen sichern den Erfolg, den Tim Schreiber schließlich in der 89. Minute mit seiner unfassbaren Parade gleich auch noch in einen persönlichen Sieg über die Reste der intoleranten Taliban im Anhang des HFC verwandelt. 4:0 und alles gut. Nun nur noch ein Punktspiel gewinnen und Magdeburg überholen. Und die größten Aufschneider der Welt dann noch im Pokalqualifikationsendspiel besiegen.
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