So schön wie gegen Türkgücü war es in dieser Saison selten. |
Das müsste nun aber gereicht haben. Nicht ganz so knapp wie im vergangenen Jahr, nach nicht ganz so tiefem Fall und auch bedeutend früher als in der Vorsaison hat der Hallesche FC das Schlimmste einmal mehr abgewendet. Nach einem 3:0 in Dresden folgt ein 4:1 im Heimspiel gegen Türkgücü München, den Verein mit den meisten Üs der Welt. Niemals wirklich gefährdet. Am Ende, nach nur 89 Minuten und 51 Sekunden, aber doch in höchstem Maße erleichternd.
Schulterklopfer von Ziebig
Kaum ist der Schlusspfiff verklungen, liegen sich die Rotweißen in den Armen. Trainer Florian Schnorrenberg wird geherzt. Co-Trainer Daniel Ziebig verteilt Schulterklopfer. Einer der - wenigen - überzeugenden Auftritte der 10. Saison der Vereins von der Saale in der 3. Liga endet als gelungener Zieleinlauf. Noch ein bisschen mit den anderen bangen. Noch einen oder zwei Sicherheitspunkte holen in den letzten drei Spielen. Dann steht der gewohnte Mittelfeldplatz, etwas mehr unten oder etwas mehr oben. Aber das ist nun auch egal.
Denn noch vor ein paar Wochen, ja, Tagen schien alles noch auf ein böses Schlusskapitel hinzudeuten. Keine Tore, keine Punkte, kein Elan. Pure Verzweiflung regierte den März, der viel zu kalt war auch fußballemotional. Die Ketten fielen dann ausgerechnet in Dresden, wo der HFC nur sehr selten etwas gewonnen hat. Diesmal aber war der Tag tatsächlich am nächsten, als die Nacht am tiefsten schien: 3:0, ein Befreiungsschlag.
Und ausgerechnet Antonios Papadopoulos, der schon an der Elbe das 1:0 schoss, ist es auch gegen die Münchner, der in der achten Minute zur Führung trifft. Braydon Manu hatte zuvor geflankt, Michael Eberwein aber in den Rücken gespielt. Der fleißige, aber immer ein wenig unglücklich agierende Mann mit der 10, einst Frank Pastors Nummer und später die von Dariusz Kurzeja, reagiert intuitiv. Freie Bahn für Papa. Satter Schuss. Tor.
Das Spiel sicher in der Hand
Es hätte so weitergehen können, eigentlich auch müssen. Halle hat das Spiel sicher in der Hand, die Gäste sehen keinen Stich. Doch wie zuletzt so oft treffen Schnorrenbergs Stürmer nicht. Und ausgerechnet Petar Sliscovic, in seiner Zeit an der Saale eher Eberwein als Terrence Boyd, steigt nach einer Ecke der Münchner am höchsten und erzielt den Ausgleich.
Ein wenig hängen die Köpfe bei Halle nun wieder, ein wenig wirkt der Nackenschlag auch nach der Halbzeitpause noch nach. Das Spiel sieht nun aus wie eine der typischen Drittligapartien der Corona-Zeit. Lange Schläge auf beiden Seiten. Viel Kampf, viel Krampf, viel Angst vor Fehlern und viele Fehler im Vorwärtsgang. So braucht es eine zweite Standardsituation, um wieder Bewegung in die zähe Brühe zu bringen: Jonas Nietfeld, seit seiner zwei Präzisionsecken im Spiel gegen Lübeck der neuerdings stets von Niklas Landgraf zur Eckfahne begleitete Ausführungsberechtigte, zielt genau. Stipe Vucur köpft und trifft.
Spaziergang in die Glückseligkeit
Der Rest ist, zumindest vom Schlusspfiff aus gesehen, ein Spaziergang in die Glückseligkeit. München ist nun stehend tot, der HFC aber entdeckt längst vergessene Spielfreude wieder. Es wird hoch gepresst und kombiniert, umgeschaltet und selbst Einwürfe werden so schnell ausgeführt, dass der eigene Mitspieler überrascht hinterherschaut, wie der freie Ball in den leeren Raum hoppelt. Macht aber nichts, nicht heute. Fünf Minuten nach Vucur hat Michael Eberwein seinen zweiten Auftritt, diesmal mit sich selbst in der Hauptrolle. Schön freigespielt, weil der auf die linke Seite gewechselte Braydon Manu aus dem Abseits kommend klug vom Ball bleibt, täuscht der immer ein wenig hüftsteif wirkende Neuzugang aus Kiel einmal nach links. Geht rechts vorbei und schießt überlegt ins lange Eck.
Das Spiel ist entschieden, nur vorüber ist es nicht, weil Terrence Boyd noch keinen Treffer erzielt hat. Den großen Mann mit dem schwarzen Bart zu bedienen, der schon in der ersten Hälfte eine fast hundertprozentige Chance akrobatisch hatte nicht verwandeln können, ist nun Ziel aller Rotweißen. Zweimal klappt es fast, beim dritten Mal dann macht es Boyd wie Eberwein. Täuschung. Abschluss. Treffer.
Erleichterung überall
4:1 und der Klassenerhalt, jedenfalls so gut wie und so schnell wie nie, seit Rico Schmitt sein Köfferchen packte. Umarmungen, Lächeln, Erleichterung überall unten auf dem Platz und wohl auch oben auf der Tribüne, wo die Entscheidungsträger sitzen, denen es die jüngste Erfolgssträhne von Schnorrenberg, Ziebig und ihrer Mannschaft nicht leichter macht.
Ein Weiterspielangebot für alle? Ein erneuter Neuanfang? Die Entscheidung fällt in der Nachspielzeit.
2 Kommentare:
Wie immer gern gelesen...kleine Korrektur, Eberwein machte das Ding unten in die lange Ecke rein ;0)
das (oben) sollte heißen bild oben, also auf das GIF oben über dem text hinweisen ;-)
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