Dienstag, 4. Mai 2021

EU-Impfpass: Bitcoin im Blut

Unabgesprochen und ohne Genehmigung hat Großbritannien vor Monaten einen eigenen Impfpass ausgegeben - er ist nicht einmal grün, hat keine Blockchain und muss zur Handyspeicherung abfotografiert werden.

Einmal mehr war es die EU, die sich die "Mammutaufgabe" (Die Welt) überhalf, die "Voraussetzungen für einen europäischen Impfpass zu schaffen" Ursprünglich sollte der Stichtag der 1. Juni sein, ein bisschen spät zwar, weil selbst dort, wo man sehr langsam und europäisch impft, dann schon eine ganze Menge Reiselust aufgestaut sein wird. Aber für die Ansprüche der Friedensnobelpreisgemeinschaft, in der 14 Tage sich zuweilen zu fünf Jahren dehnen, eine Meisterleistung. Vom 17. März, als der eine grüne Impfpass für alle Provinzen verkündet wurde, wären es nur dreieinhalb Monate bis zur Realisierung - gerade in Brüssel, wo zwischen Wunsch und Realität traditionell Lichtjahre liegen, ein Zeitsprung.

Grüne Geschwindigkeit

Und bisher ist alles auf einem guten Weg. Das Parlament hat zugestimmt, der EU-Rat auch und in den Mitgliedsstaaten wird das europäische Impfzertifikat schon sehnlichst erwartet. Wenn der "europäische Freifahrtschein", in einfacher EU-Sprache „Digitales Grünes Zertifikat“ genannt, ab 1. Juni allen Geimpften, Getesten und Genesenen ausgehändigt werden soll, müssen nun nur noch die technischen und rechtlichen Voraussetzungen in den 27 Verwendungsgebieten geschaffen werden.

Für einen Hightech-Kontinent ein Klacks. Im Zuge der Rückgewinnung der digitalen EU-Souveränität hat Deutschland der US-Firma IBM den Zuschlag für die nationale deutsche Impf-Lösung erteilt. Mitmachen darf auch Bechtle, eine deutsche Firma. Und Ubirch aus Köln verspricht, einen modernen Zuckerschaum aus Blockchain-IoT über das Endergebnis zu gießen: Mit Bitcoin im Blut auf Reisen! 

Mit der Blockchain auf Reisen

So hat sich das der zuständige EU-Justizkommissar Didier Reynders das auch gedacht. 27 Lösungen, mal mit, mal ohne "Blockchain auf einer Sim-Karte" (Ubirch), aber alle fälschungssicher auslesbar von jedem Zöllner an jedem Grenzzaun, den es seit Schengen nicht mehr gibt. Auf eine zentrale Datenbank zum Abgleich vorgezeigter QR-Codes mit hinterlegten Personaldaten wird verzichtet werden müssen, das lässt die weltweit kopierte europäische Datenschutzverordnung denn doch nicht zu. 

Aber auf Papier wird sich der grüne Bitcoin-Pass ausdrucken lassen. Vielleicht nicht gleich zum 1. Juni, vielleicht auch nicht gleich in allen EU-Ländern und bestimmt sogar in gar keinem. Doch die Welt wird staunen müssen über das allererste EU-Impfzertifikat, das im Laufe der Jahre für jeden Unionsbürger verfügbar sein wird, soweit er über einen Drucker verfügt. Wann und ob eine Freischaltung dann zeitgleich in allen Ländern erfolgt, ist allerdings noch unklar. Üblicherweise verstreicht der Juni-Termin anfangs ungenutzt, weil die einheitliche Lösung für alle wegen der Beteiligung von mehr als 80 Firmen, die sich in 23 Sprachen mit den Erstellern der zentralen Schnittstelle für den Austausch elektronischer Signaturschlüssel in Brüssel - die europaweite Ausschreibung gewonnen haben SAP und die Deutsche Telekom - in der Praxis an viele auch kulturelle und soziale Hürden stößt.

Viele Sonderwege, ein Ziel

Doch auch wenn das große Corona-Notpaket zehn Monate brauchte, droht kein Urlaubschaos in Europa. Gerade noch rechtzeitig hat sich die Große Koalition auf die lange umstrittene Quellen-TKÜ geeinigt,  so dass die Echtheit der digitalen Impfzertifikate in der gesamten EU überprüft werden kann, sobald alle nationalen Sonderwege miteinander kompatibel sind. im Moment scheitert das noch daran, dass Kommission, Parlament und Mitgliedsstaaten uneinig sind, in der EU nicht zugelassene Impfstoffe wie Sputnik V oder Sinovac oder von einzelnen Mitgliedsstaaten abgelehnte Vaccine wie Johnson&Johnson als gleichwertige Immunisierungshilfen eingetragen werden dürfen und ob Opfer unzuverlässiger Lieferanten wie Astrazeneca nicht zusätzlich doch noch eine Quarantäne im Zielland absolvieren müssen. 

Was Hoffnung macht: Rasche Fortschritte gab es zuletzt im harschen Streit um die Sprachen, in denen die Daten der Impflinge digital hinterlegt werden sollen. Zusätzlich zur jeweiligen Heimatsprache des jeweiligen Landes werden Informationen über die Impfung, Impfdatum, Impfstoff, Impfstelle, Corona-Krankengeschichte und Testhstorie nun nach einem Kompromiss zwischen Parlament, EU-Staaten. Kommission und WHO auch in Englisch gespeichert. Das war lange umstritten, weil die Zahl der englischen Muttersprachler in der EU nach dem Abschied des Vereinigten Königreiches nur bei einem Prozent liegt.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"deutschlandfunk" : berliner Förderschule mit "Lernwohnung"

"auch Förderschüler können gemeinsam mit den Mitschülern die kleine lustige Bildschirmschildkröte programmieren ".

und : alles ist irgendwie lieb und achtsam .

Sonderpreis für inklusive Förderschulen .

Arminius hat gesagt…

Bei all den digitalen Anreizen, sich die Nadel geben zu lassen, dürfen unserer Aufmerksamkeit aber nicht den unterprivilegierten Gesunden und Ungeimpften entgehen. Für sie, die Ausgestoßenen unserer schönen neuen Postcovidgesellschaft, ist kein digitales Siegel vorgesehen. Ihr Pariadasein bleibt undokumentiert.
So werden sie gezwungen, analog zu bleiben.