Dienstag, 6. April 2021

Nervöse Führer: Die Sehnsucht nach der harten Hand

Ja, Panik: Medial wird jede Verschärfung der Corona-Lage inzwischen ausreichend schrill vorbereitet.

 

Noch härter,noch schärfer, noch strenger müssen sie werden, die "Corona-Regeln" (DPA) gegen die weitere Ausbreitung der britischen Mutation. Das Volk sehnt sich nach Leitung, nach Führung und einer harten Hand, die Reste des Förderalismus stehen 87 Jahre nach Hitlers "Gesetz über den Neuaufbau des Reiches" vom 30. Januar 1934 wieder vor dem Ende. 

Untauglich in Krisenzeiten, in denen es um das blanke Überleben geht. Um ein "einheitlicheres Vorgehen im Kampf gegen die Pandemie" unabhängig von den gänzlich unterschiedlichen Bedingungen und Voraussetzungen in den einzelnen Ländern und Regionen durchsetzen zu könne, müsse "die föderale Struktur neu gestaltet" werden. Die bisherigen Rechte der Länder sind aufzuheben, anstelle der föderalen Selbstverwaltungsorgane müssen wieder "Reichsstatthalter", die der Bundesregierung in Berlin direkt unterstellt und an ihre Weisungen gebunden sind.  

Die dritte Welle aus den Schulen

Bis dahin aber ist noch ein Stück Weges zu gehen und die Wanderführerin Merkel hat nun offenbar genug davon, dass die Länderchefs nicht mitziehen an der großen Corona-Bremse. Seit die Öffnung der Schulen die dritte Welle in Gang gebracht hat, regiert Ratlosigkeit in Berlin. Ähnlich erstaunt wie im letzten Sommer plötzlich notiert werden musste, dass offene Grenzen durchaus auch für Viren offen sind, bestaunt das politische Berlin heute den Umstand, dass Kinder, die sich täglich treffen, untereinander mehr austauschen als Radiergummis und Lineal. Die Öffnung sollte das Land retten, sie hilft nun insoweit, dass Schulen nun zumindest für ein paar Tage offen waren, so dass sie nun geschlossen werden können, um das Land zu retten.

Es geht natürlich längst nicht mehr darum, die Seuche zu besiegen. Sondern allein darum, ungeschoren über die "Brücke" (Merkel) bis in das Land zu gelangen, in dem die Impfstoffe wie Milch und Honig fließen und das alte Leben von früher in die neue Normalität zurückkehrt. Selbst der Bundespräsident, vor einem Jahr noch lobender Anerkenner der Bemühungen des Volkes, alle Vorschriften getreulich zu respektieren, spricht von "Fehlern" und ruft in einer Aufwallung niedersächsischen Grolls zum "Raufen" auf. Der Faden der Geduld, an dem die nach Abzug aller Infektionsschutzmaßnahmen verbliebenen Reste der Grundrechte hängen, ist auch bei Steinmeier, einem Mann mit dem Gemüt eines Kaltbluts, dünn geworden wie ein Seidenhaar. 

Ein kaputter Kompass zeigt den Kurs

Gewichen ist das Gefühl, mit dem Krisen-Kompass des Corona-Kabinettes, geschmiedet in den Schicksalsfeuern der aufbrandenden "größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg" (Merkel), in die richtige Richtung unterwegs zu sein. Hatten sich Bundesländer und Bundesregierung, einzelne Ministerien und nachgeordnete Behörden zu Beginn von Corona wochenlang nicht auf gemeinsame Beschlüsse einigen können, wuchs später zwar die Einsicht, dass allen am besten gedient ist, wenn Konflikte hinter verschlossenen Türen ausgetragen werden. Doch sobald sich die Türen öffneten und das Kameralicht auf Rot schaltete, verbreiteten Verantwortungsträger aller Parteien mit höchster Anstrengung den Eindruck von Zwist und Ratlosigkeit. Kesselflicker am Corona-Topf, alle unterwegs in einer Mission: Sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen.

Vom Grundprinzip der politischen Führung, dass es zwar gelegentlich sein könne, dass der Führer*_In selbst nicht wisse, was er tun solle, ihn aber stets der Gedanke leiten müsse, dass es nach außen nie so wirken dürfe als wisse er es nicht, hat sich der Corona-Kommandostab mehr und mehr entfernt. Obwohl in die Bereitschaft der Menschen draußen im Lande, politischen Vorgaben zu folgen, nie davon abhängt, wie sinnvoll diese sind oder wie konkret auf den reinen Machterhalt gerichtet, sondern ihre Wirksamkeit stets aus ihrer glaubhaften Formulierung medial einheitlichen Vermittlung beziehen, ist das Versagen gerade in diesem Bereich endemisch. Ein diskanter Chor aus Interpreten auf der Suche nach Selbstschutz hat ein Ausmaß an instrumentaler Verwirrung geschaffen, in dem die gesungene Partitur selbst für den musikbegeisterten Zuhörer nicht einmal mehr zu erahnen ist.

Die Bitte um strenge Führung

Das Volk die Bevölkerung möchte geleitet werden, es möchte aber vor allem das Empfinden haben dürfen, auf den richtigen Weg geleitet zu sein. Als Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Deutschen zu Beginn der Pandemie das Händewaschen beibrachte und der üble "Hamsterer" als Verantwortlicher für ein subkutanes Bedrohungsgefühl ausgemacht wurden war das Corona-Kabinett das Zentrum absoluter Macht. Ein Jahr später hat es sich in einen Ort absoluter Ohnmacht verwandelt, dessen düstere Dekrete wie gespielte Witze aufgeführt werden. Die EU, die im April 2020 den "Corona-Exit für Deutschland" plante, ist aus den Krisenbewältigungsroutinen der Gemeinschaft verschwunden. Die Kommissionschefin ist abgetaucht. Alles, was die multinationale Behörde angefasst hat, verwandelte sich in toten Stein und trauriges Schweigen.

Das eigene Versagen loben

Nicht einmal die Fähigkeit, das eigene Versagen in höchsten Tönen zu loben, eigentlich ein angeborenes Talent der europäischen Selbstdarstellung, ist geblieben. Kleinteilig wird gezankt, die demonstrativ Solidarischen streben auseinander, jeder macht seins und das nicht nur Freitag nach eins. So mitleidig die Krokodilstränen flossen, als der 500.000 Tote in den USA beklagt wurde, so still ist es um die eigenen Covid-Opfer. Ein Jahr nach Ausbruch von Corona vermeidet es die EU noch immer tunlichst, überhaupt nur eine gemeinsame Statistik zu ihren eigenen Pandemietoten zu führen - sie wiese ausgerechnet den selbsternannten Musterkontinent als das Höllenloch der Seuche aus, mit noch weit mehr am und mit dem Virus verstorbenen als die Vereinigten Staaten.

Das passt nicht zum selbstbild, das dient nicht den Resten der gemeinsamen Sache. Nichts geht mehr, kein Rettungsprogramm kommt in Gang, keine "Next Generation EU" (von der Leyen) bricht unter klingendem Spiel fröhlich in eine sonnige Zukunft auf. Ein lockdown der anderen Art, eine institutionelle, ideologische und politische Katastrophe, deren Langzeitwirkungen womöglich viel verheerender ausfallen werden als alle direkten Pandemiefolgen. Die EU, der Staatenbund, der sich selbst für das Modell der Zukunft hielt, hat in der ersten Bewährungsprobe auf allen Ebenen versagt. Schaut man das, was übrig ist, heute an, ist ein Vexierbild zu sehen, das Europa und Deutschland mittendrin als emaillierten Teller ziegt: Ist erst ein Stück abgeplatzt, folgt der Rest mit zwangsläufiger Konsequenz.


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die wahre Supermutante sitzt im Kanzleramt und müsste schnellsten in einen endgültigen Lockdown.

Mister Ausmister hat gesagt…

Es war im klügsten aller Schlands mal wieder so weit: Trotz tagelang stündlich wiederholter Vorwarnungen auf allen Medienkanälen knallten beim ersten Schneegestöber 17 Autofahrer(!) auf der A7 ineinander. Diese Normaldeppen kapieren scheinbar nicht mal die simpelsten Wetterberichte.

Aber irgendwie schaffen diese stupiden Versager es, sich die nötige Kohle für teure Neuwagen zu beschaffen. Wir leben in einem Wunderland. Idioten kommen zu Wohlstand, aber viele Vernunftbegabte landen in Armut.

Da bekommt man echt Sehnsucht nach der harten Hand, die diesen nach dreister Korruption stinkenden Augiasstall mal gründlich ausmistet. Klar dass da besonders viele Führer befürchten, ganz vorne mit dabei zu sein.

Anonym hat gesagt…

PPQ glaubt doch nicht ernsthaft an die “Seuche Corona“, wenn von einem Versagen der “Führungsmannschaft“ die Rede ist??

Carl Gustaf hat gesagt…

"Die wahre Supermutante sitzt im Kanzleramt und müsste schnellsten in einen endgültigen Lockdown."

Im Kanzleramt, das ist die Gouvernante!