Bundesjustizministerin Christine Lambrecht zieht die Zügel weiter straff. Nach der Einführung der neuen Regelungen zum Bundespasswort, dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz und dem Neun-Punkte-Plan zum Ausbau der Internetüberwachung hat die Sozialdemokratin ihr Vorhaben durchs Kabinett gebracht, die Verbreitung von Namenslisten künftig unter Strafe zu stellen. Mit dem neuen Verbot verstärkt die große Koalition ein weiteres Mal den Kampf gegen "ein Klima der Angst und der Einschüchterung vor, das von Hetzern geschürt wird", wie Lambrecht selbst sagt. Zur Begründung verwies die Ministerin darauf, dass der im 2019 von Nazis ermordete Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) auf einer Feindesliste von Neonazis gestanden habe.
Handwerklich ist das Verbot jedoch schwierig umzusetzen, denn das Wort "Feindesliste" kommt im Entwurf des neuen Gesetzes, das noch vom Bundestag bestätigt werden muss, nicht vor. Der Straftatbestand des neuen Paragraphen 126a wird dort als "gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten" beschrieben.
Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts personenbezogene Daten einer anderen Person in einer Art und Weise verbreitet, die geeignet ist, diese Person oder eine ihr nahestehende Person der Gefahr 1. eines gegen sie gerichteten Verbrechens oder 2. einer gegen sie gerichteten sonstigen rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert auszusetzen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft" heißt es da, ohne dass genauer beschrieben wird, wodurch sich ein gefährdendes Verbreiten vom gewöhnlichen Verbreiten unterscheidet.
Schweres Wasser für die Deutsche Telekom, deren regelmäßige und vollkommen unkontrollierte Verbreitung des Telefonbuches nach den Buchstaben der neuen Vorschrift unter das Verbot fällt. Fraglich ist allerdings im Moment noch, ob es sich nach dem neuen Straftatbestand bei Telefonbuch- und Adressdaten um "nicht allgemein zugängliche Daten" handelt, auf deren Inumlaufbringen bis zu drei Jahren Haft stehen.
Christine Lambrecht, die im Zuge der vorletzten Erneuerung der SPD unter der damaligen Vorsitzenden Andrea Nahles im Sommer 2019 anstelle der nach Brüssel weggelobten Katarina Barley ins Justizministerium rotiert war, hat sich selbst noch nicht zur genauen Definition geäußert, die ihrem Entwurf zugrundeliegt. Lambrecht betonte allerdings, dass mit dem Begriff "Liste" im Gegensatz zur traditionellen Definition (vom italienischen lista „Leiste, Papierstreifen“) keine schriftliche Zusammenstellung von unter einem bestimmten Gesichtspunkt aufgeführten Personen oder Sachen“ handeln muss. Eine Liste in neuen gesetzlichen Sinn muss nicht mehrere Namen umfassen, sie kann auch aus einem einzigen Namen bestehen.
Auch die im Entwurf enthaltene Einschränkung (Absatz 3 des neuen Paragraphen 126a), die Listen ausdrücklich erlaubt, wenn sie der "staatsbürgerlichen Aufklärung" oder der "Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen" dienen, hilft hier kaum weiter, weil aus einer Liste, einem einzelnen Namen oder dem Telefonbuch nicht zwingend hervorgeht, ob sie der Vorbereitung von Drohungen durch Neonazis oder der weiterhin erlaubten "antifaschistischen Recherchearbeit" dienen soll.
3 Kommentare:
OT
Heute keine Klimahüpflinge gesehen, wie angedroht, dafür wieder ein Mini-Blizzard.
Auch OT:
>> Alter weiser Mann
19. März 2021 20:13
@ ML 14:30
Die Todes-Zahlen werden ja veröffentlicht. Dass die Maßnahmen sie senken, kann doch nicht ernsthaft bestritten werden. <<
-------------------------------------------------------------------------------------------
Aus der Wahrnehmungsblase von Schnellroda.
Alt und Mann mag ja noch stimmen. Aber weise? Quoth the raven: Nevermore.
Wohl eher einen kleinen Trilli in der Kokosnuß.
>> scivila
20. März 2021 11:47
März 2020. Sowohl Kurz als auch Merkel verkünden: danach wird nichts mehr so sein wie es war, dies wird ein anderes Land sein. Sinngemäß. Erstaunlicherweise kam niemand auf die Idee zu fragen, woher sie das jetzt schon so genau wissen können, wo sie sonst so tun, als wüssten sie nicht, was es mit diesem Virus auf sich hat. Ich denke, man sagt nicht einfach mal, eure Welt wird sich komplett verändern, wenn man kein Plan hat, und nicht weiß was vor sich geht. Und es klang nicht so, als ob diese Welt danach besser sein würde. <<
-------------------------------------------------------------------------------------------
Im selben Strang im Rittergut. Ist ja nicht alles schlecht ...
Kommentar veröffentlichen