Mittwoch, 10. Februar 2021

Ursulas fürchterlicher Triumph: Der Europa-Moment

 

Eine Zahl steht für den durchschlagenden Erfolg der Impfstrategie, die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen im Sommer vergangenen Jahren mit großem Aplomb vorstellte: 552 steht direkt neben dem Video, das die Frau an der Spitze des Kontinents bis heute auf der Internetseite der EU-Kommission zeigt.

554 ist die Zahl der Zuschauer, die von der Leyens großer Impfauftritt hatte. Nicht heute. Nicht in dieser Woche. Sondern in den 239 Tagen, seit die gemeinsame Entscheidung der europäischen Staatenlenker, Impfstoffe gegen Corona gemeinsam einzukaufen, in der Videorede des Gesichts des Krisenkontinents mündete. Etwas mehr als zwei Menschen schauten sich das Filmchen seitdem täglich an - für von der Lesen ein guter Wert, denn er liegt immerhin doppelt so hoch wie die Einschaltquote anderer hochwertiger Verfilmungen mit Ansprachen der Vorsitzenden.

Im Fall ihrer Impfstrategierede wird die öffentlichkeitssüchtige Ursula von der Leyen allerdings wohl glücklich sein, nicht mehr Zuschauer begeistert zu haben. Denn acht Monate nach der Ankündigungsrede ist so ziemlich alles, was die Kommissionspräsidenten ihren 440 Millionen Bürgern versprochen hat, als Gegenteil wahr geworden. Die weitschweifig und mit großen von-der-Leyen-Worten ausgemalte "Strategie" entpuppte sich als vollkommene Fehlplanung, die bestellten Mengen als Witz und die beschworene europäische Solidarität sorgte dafür, dass in Deutschland von heute an jeden Tag mehr als eine halbe Million Impfungen 500.000 Impfungen verabreicht werden müssten, um bis zum Ende des Sommers 70 der Bevölkerung zu immunisieren.

Nun, in den USA werden im Moment täglich zwei Millionen Menschen geimpft, warum also sollen hier nicht 500.000 möglich sein nicht? Eben wegen Ursula von der Leyen, der vermutlich größten Ankündigungskünstlerin, die jemals ein politisches Amt in Europa innehatte. Statt der 15 Millionen Impfdosen, die gebraucht würden, um ab März monatlich sieben Millionen Menschen zu impfen, werden nur 1,95 Millionen nach Deutschland geliefert werden. Wenn diesmal alles klappt. Und sei es noch so wenig: Aus dem Versprechen der Bundeskanzlerin, bis zum Ende des Sommers sollten in Deutschland alle, die es wollen, zumindest ein Impfangebot bekommen, für welchen Termin auch immer, hat Ursula von der Leyen eben gerade das Ziel gemacht, dass "bis Ende des Sommers 70 Millionen Menschen geimpft werden" (von der Leyen). In der gesamten EU. Das entspräche einer Impfquote von knapp 20 Prozent. Bis zur angestrebten Herdenimmunität würde es von da an noch zwei bis zweieinhalb Jahre dauern.

Ein echter von der Leyen-Moment, denn dieses Vollversagen - Europa wird für das Erreichen der 60-Prozent-Impfquote, das Israel in sechs Wochen abwickelte, mehr als 24 Monate brauchen - gilt bei der Christdemokratin als voller Erfolg. Und so wenig sie faktisch zustandebringt, so gern und gut hat von der Leyen das immer schon mit großen Gesten ausgeglichen. Als Familienministerin kündigte sie jahrelang steigende Geburtenraten an, die nie statistisch nachweisbar waren. Als "Zensursula" geschmäht, wollte sie später alle Privider verpflichten, Stoppschilder überall dort im Internet zu verteilen, wo dem guten Geschmack Gefahr drohte. Und als Verteidigungsministerin gelang es ihr mit der Verbannung der altgedienten Heckler-&-Koch-Flinten, der an Beschaffungsdebakeln wahrlich nicht armen Beschaffungshistorie der Bundeswehr ein bis heute nicht beendetes Kapitel hinzuzufügen. 

Die Ausmusterung des Friedensgewehrs G36 war als Beitrag zur Abrüstung ein Zeichen für die Welt, für die Spitzenpolitikerin mit der Angewohnheit, an allen Aufgaben zu scheitern, aber die Fahrkarte auf die Weltbühne. Niemand kann offene Baustellen so schnell vergessen wie Ursula von der Leyen, niemand schafft es wie sie, aus dem letzten eigenen Scheitern in einen neuen, kräftigen Schub Selbstbewusstsein zu gewinnen. Kaum in Brüssel angekommen, schaltete Ursula von der Leyen einen Gang hoch: Nun ging es um die Rettung der Welt vor dem Klima, die Menschheit, Europa, irgendwas mit digital und nach den Sternen greifen. 

Aus den Millionen, die die 61-Jährige bis dahin verballert und verschwendet hatte, wurden Milliarden. Und aus dem misslungenen Versuch, als Ministerin Hitlerbildchen in Soldatenspinden aufzuspüren, wurde das große Impfstoffdebakel. Ursula von der Leyen blieb sich so gesehen treu: Sie versprach und kündigte an, jonglierte mit Zahlen und mehrdimensionalen Fantasien, die Rede war von einem Europa, das in Person von Ursula von der Leyen "international die Führung übernimmt, wenn es um die großen Herausforderungen unserer Zeit geht", und vom "Übergang hin zu einem gesunden Planeten", den eine Kommission organisieren werden, die kurz zuvor noch daran gescheitert war, zwei gleiche Schuhe aus dem Regal zu nehmen.

Genau so ist es dann auch gekommen. Sechs Wochen nach Beginn der Impfungen liegt Europa insgesamt bei der halben Prokopf-Menge der Bermuda-Inseln, bei einem Drittel der USA, abgeschlagen von Modernitätsleuchttürmen wie Bahrein, den Seychellen und Puerto Rica und bei etwa sieben Prozent der Impfquote, die Israel erreicht hat. Dass Deutschland, der Staat, dessen führende Partei in Person ihrer führenden Politikerin die führende Europäerin erst nach Brüssel geschickt hat, es gerade mal auf Augenhöhe mit Zypern schafft, ganz hinten in der Tabelle, macht das Bild erst vollkommen. 

Wie hatte sich die EU schon vor Monaten unter dem Titel "Wissenschaft im Trend" selbst bescheinigt: Führende Frauen: Laut einer Studie haben von Frauen regierte Länder COVID-19 besser bewältigt.


10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ursula bzw. jemand aus dem Team mit Medienabschluss hat hat das Video auf 'privat' gesetzt. Jetzt canceln die ihre Fakenews schon selbst. Immerhin.

Carl Gustaf hat gesagt…

Ich hoffe, dass ihr New Green Deal genauso in den Hosenanzug geht, wie ihre Impfstoffbeschaffung.

Anonym hat gesagt…

warum werden wir von Sonderschülern regiert ?

nonsibi hat gesagt…

In tyrannos!

Anonym hat gesagt…

warum werden wir von Sonderschülern regiert ?

Das zu beantworten, dazu müßte man sich auf kühne - für die meisten allzu kühne - Gedankengänge einlassen*.
Daß die Welt von ganz anderen regiert wird, als klein Fritzchen meint, haben schon (((Walther Rathenau))) und (((Benjamin Disraeli))) angedeutet. Diese einfältigen Verschwörungstheoretiker.

*Und dazu ist nicht einmal der hochgeschätzte Blogwart bereit, und wie ich befürchte, nicht nur aus allerdings verständlichen, taktischen Gründen.

Volker hat gesagt…

"Wissenschaft im Trend" selbst bescheinigt: Führende Frauen: Laut einer Studie haben von Frauen regierte Länder COVID-19 besser bewältigt.

so isses

Die Anmerkung hat gesagt…

https://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1848/manifest/1-bourprol.htm

Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuß, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse verwaltet.
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Merkel hat nichts zu melden. Sie ist nur Sachwalter anderer Interessen.

Natürlich hat Helmut Herzfeld recht. Millionen stehen hinter ihr bzw. klingeln mit ihren Geldbeuteln.

Anonym hat gesagt…

kann ich als gelernter Proletarier auf Bourgeois umschulen ? oder ist das verboten ? kann ich da ne Förderung beim Amt beantragen ? Kleinbernd wäre gerne herrschender Klassebourgeois mit Richtlinienkompetenz und knirschender Kiesauffahrt

Die Anmerkung hat gesagt…

@Sepp

Mußt du fragen Don Alphonso, ob du bei ihm als Silberputze mit ins Geschäft einsteigen darfst. Der Don legt Wert auf Manieren und daß du zum Frühstück bunte Pfannekuchen ist (Krapfen, Berliner usw.).

Anonym hat gesagt…

den Don lese ich nur ab und zu - kriege da immer Minderwertigkeitskomplexe