Weitsichtiger Journalismus: Schon im Januar 2020, drei Monate vor dem ersten lockdown, erklärte Bento seinen wenigen Lesern, wie schön es ist, daheim zu bleiben. |
Oft verlacht, aber immer gut gemacht, das war das Spiegel-Kinderportal Bento, ein Versuch, Facebook nicht nur im gedruckten Magazin nachzumachen, sondern selbst Facebook zu werden. Unvergessen sind die abstrusen Themen, die verrückten Autorenbeiträge, das Lamentieren für Besserwissende, die sich eigene Gedankengänge nicht mehr leisten können, und die kumpelnde Ansprache, Eins zu Eins übernommen aus den Fönwellen des Privatrundfunks.
Dass der verrückte Versuch der Restleserbindung durch Niveauabsenkung bis unters Laminat im Sommer vergangenen Jahres für beendet erklärt wurde, löste Schockwellen in ganz Deutschland aus. Was sollte das für ein Land sein, das so reich ist und sich doch nicht einmal einen Platz zu leisten vermag, das drängende Fragen beantworten half die "Benutze ich Nazi-Sprache?" oder "Wie Jens Spahn künftig Ärzten und Priestern verbieten will, Homosexuelle zu heilen" lauteten, schien beinahe unvorstellbar angesichts der Umfrageergebnisse von Grünen, CDU, SPD und Linkspartei. So viel Zielgruppe! Und so wenig Lesende, die sich die Heldengeschichte von der Knackarschfrau auf dem Räumpanzer bei den G20-Aufständen in Hamburg reinzuziehen bereit waren oder wissen wollten, "wie wirkungsvoll ist Pride im Internet", jetzt, wo wegen Corona ein "Sommer ohne CSD" drohte.
Das Mikrophon der jungen Generation
Viktoria Bolmer war die letzte Chefin des womöglich letzten Versuches des früheren Nachrichtenmagazins, Facebook-Gruppen wie "Irre witzig- voll daneben" und "Schräge Vögel" links zu überholen. Als "Top-Talent im deutschen Journalismus" (Medium-Magazin) war die frühere Redakteurin bei sz.de am letzten "Bento"-Relaunch beteiligt, der das sinkende Schiff hatte retten sollen. Und danach entschlossen, "weiterhin die Themen und Stimmen der jungen Generation aufzuspüren". Wohin auch sonst mit den drängenden Informationen Marke Buzzfeed, den zusammengenagelten halbirren Inhalten mit knackigen Überschriften und der Mission Weltrettung durch Schuldbeschwörung?
Vielleicht dorthin, wo das historische Propaganda-Mission und Mangel an Kritikfähigkeit daheim sind. Ursprünglich hatte Viktoria Bolmer beim "Spiegel" bleiben sollen und wohl auch wollen, um das Gesamtmagazin huffpostiger zu machen. Doch nur ein halbes Jahr nach dem Einstellungsverfüung aus der Chefredaktion wechselt die 27-Jährige nun lieber gleich in das "Kommunikationsteam der SPD-Bundestagsfraktion", wo ein Gutteil der Nachrichten entsteht, die über die Danachrichtenagentur DPA traditionell auch beim "Spiegel" für ein buntes Leseangebot sorgen.
Bolmer sitzt nun an der Quelle.Sie wird die Republik in Zukunft aus erster Hand mit News über Olaf Scholzens erstes Hochkant-Video, die witzigstens Tweet aus der SPD-Kantine und dem ganzen fröhlichen Rest des titanischen Kampfes der deutschen Sozialdemokratie für Geschlechtergerechtigkeit und schnelle Strandzugänge versorgen. Die Tragödie einer ganzen Branche, gezeigt am Beispiel einer einzelnen Darstellerin. Für selig "Bento" wäre das ein großes Thema gewesen: "Journalismus ist tot - fünf Dinge, die du jetzt über ihn wissen musst".
5 Kommentare:
Jetzt weiss, woher der Hass von Journalist*innen auf die Marktwirtschaft kommt.
was macht die SpandexhoserInnen vom G20 heute ?
Bernd hat mal versucht die Bento-Lektüre zu lesen. Ohne Erfolg .
Bernd hat nicht verstanden was die vergeistigte , beste deutsche Jugend da zusammenschreibt .
der "deutschlandfunk" ist wie "bento" - ständig belehrend - immer hochmoralisch - aber wozu ?
warum kommt ein Mittelschichtsozi daher und moralisiert ?
warum nicht mal ein Bericht über Schmetterlinge oder das Leben des Karrabatscho ? Nein - es muss irgendwas mit Schuld und "Moral" sein .
"ich , das ÜberraschungseierkinderInnenwesen belehre meine Umwelt" - das mittelmäßige Mittelschichtleben eines dummen Strebermenschen der in Eppendorf immer eine 1 in Reli hatte .
klar - da möchte man den Knüppel nehmen und das Pack bestrafen . Der Wunsch den Pöbel zu beseitigen haben viele Bürger des Landes .
die Massen in ihren halbnassen Jacken erblickst und erschnupperst, fällt es dir wieder ein. An Silvester einzukaufen ist schlimmer als an jedem anderen Tag im Jahr.
https://www.spiegel.de/netzwelt/web/du-warst-heute-im-supermarkt-dann-fuehlst-du-diese-tweets-bestimmt-a-55412fd1-04b3-4e25-9b24-ef94a17b9b08
Bernd fühlt sich da echt angesprochen - Massenmensch Bernd , konsumorientiert , kein Mülltrenner - Gott sei Dank sorgen die Viktorias dieser Republik für eine gewisse politische Hygiene .
und wie sie das toll beobachtet : diese stinkende Massennormalbürger - widerlich .
ich hasse diese Leute auch ( bn aber Teil des Problems ) .
Viktoria konsumiert nicht - die Viktoria entscheidet sich spontan für eine kleine hübsche Sache die man halt braucht
und überhaupt : wie das Aufbackgebäck beschreibt . Kreativ-writing .
toll .
früher haben höhere Töchter eine Boutique in Harvestehude eröffnet - heute macht es was mit spd und Schriftverkehr .
die Zeiten eben
"von der Knackarschfrau auf dem Räumpanzer bei den G20"
Die hatte mich auch überzeugt. Aber sowas von!
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