Als der "irre" Donald Trump vom "chinesischen Virus" sprach, war das eine Attacke auf das asiatische Land, in dem das neuartige Coronavirus mutmaßlich seinen Ursprung nahm. Wer "China-Virus" sagte, war ein Rassist und Nationalist, er handelte „absolut widerlich“, wie Trumps Nachfolger Joe Biden mit Blick auf Verschwörungstheorien feststellte, die auch von verantwortungslos handelnden deutschen Medien verbreitet worden waren. Nur weil das Corona-Virus zuerst in China aufgetaucht war, ist es kein chinesisches Virus, sondern eines der gesamten Menschheit, darüber waren sich alle Kommentäter einig. Das weltweite Massensterben durch Covid-19 kenne keine nationale Herkunft, egal, woher die Opfer kommen.
Die Rache der Erde für Hambi
Das war zumindest der Arbeitsstand der Argumentationsmodelle von der ersten Phase der Pandemie bis zur zweiten Welle im Herbst. Schuld an Corona waren der Klimawandel, die menschliche Gier, der Kapitalismus, die Rache der Erde für Hambi und nicht zuletzt Trump selbst, dessen episches "Versagen" (Spiegel) bei der Bekämpfung des Virus es Deutschland erst nach zehn Monaten gestattete, die Vereinigten Staaten bei der Zahl der Covid-Todesopfer je eine Million Einwohner zu überholen und hinter sich zu lassen.
Noch hält die politische und mediale Verteidigungslinie, dass Deutschland "trotzdem" (Malu Dreyer) sehr gut durch die Pandemie gekommen sei. Doch gerade mit Blick auf den langsam anlaufenden Bundestagswahlkampf müssen perspektivisch Verantwortliche herbeigeschafft werden, denen sich zuschreiben lässt, dass Deutschland mit zehn Corona-Opfern pro einer Million Einwohner in der globalen Hitparade der Corona-Todesraten auf dem zweiten Platz hinter Großbritannien (18) liegt. Weit vor den hierzulande lange als Weltuntergangsgebiete gehandelten USA (9,23) und Italien (7,93).
Tolle Bilanz, nur tödlich
Die Wahl fiel dann auf die "Mutante", ein Begriff, der im deutschen Wortschatz bis vor kurzem nicht existierte, dann aber auf Initiative des SPD-Epidemokraten Karl Lauterbach bei der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin in Auftrag gegeben wurde. Das Wort, das den bislang gebräuchlichen deutschsprachigen Begriff "Mutation" binnen weniger Tage ablöste, zeichnet sich durch eine innen anhaftende Bedrohlichkeit aus, muss aber nach den Verwendungsanweisungen aus der BWHF zwingend mit einer kräftigen Portion "Corona-Rassismus" (Der Spiegel) abgewürzt werden.
Dazu verwendet werden momentan vor allem die Zuschreibungen "südafrikanische Mutante", "brasilianische Mutante" und "britische Mutante", die allesamt auf die fremdstämmige Herkunft der Plage und die ausländische Verantwortung für die weiterhin notwendigen Härten im Kampf gegen "den Virus" (Armin Laschet) hinweisen. Nicht im Inland wurde versagt, beim Schutz der Älteren, bei der Kontrolle der Einreisen oder bei der Bestellung ausreichender Impfstoffevorräte. Sondern in fremden Ländern, die eine völlig falsche Corona-Strategie verfolgten, so dass das Virus mehr als 1.300 Mutanten produzieren konnte, die nun im Staat mit den meisten Eindämmungsverordnungen weltweit mühsam gestoppt werden müssen.
Die bösen Brasilianer
Dass sich das - günstigerweise von einem ausgewiesenen Faschisten geführte - Brasilien deshalb kritische Nachfragen gefallen lassen muss, ohne sie zu beantworten, öffnet das Tor zu einer Vielzahl scharfer Attacken auf namentlich ungenannte Schuldige weit entfernt von Deutschland. Schuld am neuerlichen Schlamassel, auch wenn es bislang nur "droht" (Angela Merkel), ist der sorglose Umgang des Brasilianers Bolsonaro mit der Seuche, die so erst Gelegenheit bekam, zu mutieren. Diese fremdstämmigen Mutanten sind es nun, auf die gezeigt werden muss. Mutanten, von denen man nicht weiß, wie viel genau ansteckender sie sind, aber sie sind es, auch tödlicher vielleicht, in jedem Fall aber fremdverantwortet und nichts mit Impfstoffmangelbestellung.
Im Gemeinsinnfunk getreulich flankiert von erschütternden Berichten, die weinende und sterbende Brasilianer zeigen, gewinnt der deutsche Mutationsnationalimus die Hoheit über die virtuellem Stammtische bei "Anne Will", "Maischberger" und "Spiegel". Die ersten Ergebnisse der Muntanten-Kampagne machen Mut: Je mehr die Menschen glauben, dass das deutsche Pandemiedesaster fremden Mächten im fernen Ausland anzulasten ist und nicht dem fortgesetzten "Versagen" (Welt) der eigenen Regierung, desto eher nahmen das Ausland als Bedrohung war und waren bereit, im Schulterschluss mit der Großen Koalition weitere Härten zu ertragen.
3 Kommentare:
Die britische (korrekt) Mutante des chinesischen (rassistisch) Virus.
Irgendwer schrob, Achse oder Klonovsky, dass Mutante durchaus benutzt wird, aber bisher außerhalb des Diskurses. 'Mutation' kann für die Veränderung des Erbgutes stehen, aber auch für den Mutanten selbst als Individuum. Auf die Verwendung des Wortes 'Mutant', eher bekannt aus Fortsetzungsromanen und B-Filmen, hat man aus Gründen der Achtsamkeit wohl lieber verzichtet und eine Alternative beauftragt.
Der längste Pfeil ist ja noch im Köcher. Das Russenvirus, angereichert und so richtig auf Fahrt gebracht mit dem Impfstoff Sputnik V aus einer Schwarzbrennerei hinter dem Ural, kommt einiges auf uns zu. Sparsam bei Vor - und Rücklauf waren die schon immer. Der Fusel aus der Taigakartoffel führt zu gelegentlichen Sehschwächen, Hustenanfällen, Durchfall und allgemeinen Unwohlsein. Ist also von Coronasymthomen kaum zu unterscheiden und wird diese ergänzend verstärken. Karl Läuterbach rät, die Notstandsmeldung zum Russenvirus erst kurz vor der Bundestagswahl rauszutröten.
Im November letzten Jahres machte bereits die Nachricht von der (im Juni beobachteten) spanischen Mutation die Runde (https://www.costanachrichten.com/spanien/coronavirus-mutation-spanien-sars-cov-2-covid-19-touristen-20a-eu1-europa-variante-emma-hodcroft-inaki-comas-forscher-studie-90096329.html). Wobei ich nicht sicher bin, ob hier nur eine peinliche Verwechslung mit dem Corona de Aragon passiert ist.
Der normale biologische Prozess der Mutation muss jetzt dafür herhalten, dass in der Politik der Virus im Quartalsmodus neu erfunden werden kann.
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