Eifrig, aber unglücklich: Rückkehrer Braydon Manu war in seinem ersten HFC-Spiel nach zwei Jahren kein Faktor. |
Es ist die 85. Minute, als Antonius Papadopoulos seinen ganze Frust herausschreit. Die Szene ist gerade passend, denn der neuerdings als zentraler Akteur im Mittelfeld des Halleschen FC gesetzte Grieche hat gerade einen Ball erobert, mit dem Kopf, und ihn einem Mitspieler passend in den Lauf gelegt. Dort aber verhungert der Ball, es dauert drei Sekunden und wieder hat ihn einer der schwarz gekleideten Spieler der Bayern-Reserve. Eigentlich nun auch egal, denn schon seit der 72. Minute steht das Spiel 0:4 gegen Papadopoulos' Elf. Aber der Ärger des Mannes, der in der ersten Halbzeit den Ausgleichstreffer zum 1:1 erzielt hatte, ehe das Tor wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung aberkannt worden war, ist verständlich.
Denn der Hallesche FC, nach einem schrecklichen Saisonstart in den vergangenen Wochen langsam erstarkt, hatte sich im ersten Heimspiel von dreien in einer Woche viel ausgerechnet. Nicht nur, dass die Schmach vom 1:6-Auswärtsspiel in München im Frühjahr des vergangenen Jahres vergessen gemacht werden sollte. Nein, mit drei Siegen in der anstehenden englischen Woche wäre der Blick nach oben in der Tabelle erlaubt gewesen. Eigens wegen dieser Chance hatte der Verein in der Woche noch einmal nachgelegt und den bis 2019 in Halle tätigen Braydon Manu aus Darmstadt zurückgeholt.
In der magischen Sportblase
Manu steht auch gleich in der Startelf, die, den absurden Regelungen der magischen Sportblase folgend, vor den Gästespielern in den leeren Erdgas-Sportpark marschiert kommen, ehe sich alle 22 in engsten Körperkontakt begeben. HFC-Trainer Florian Schnorrenberg setzt auf die Schnelligkeit des kleinen Rückkehrers, die der in den ersten Minuten zumindest aufblitzen lässt. Zweimal läuft er fast durch. Beide Male aber bleibt es beim fast.
Die Bayern, in der Liga zuletzt Meister, in dieser Saison aber schwer in die Gänge gekommen, machen es nach neun Minuten besser. Kaum versieht sich der HFC, steht es 0:1, nachdem es mehreren HFC-Spielern nicht gelungen ist, den Ball aus dem Fünfmeterraum zu befördern. Er kommt wieder und noch mal wieder. Und dann stochert ihn Jastremski aus Nahdistanz an Sven Müller vorbei über die Linie.
Früh zurück
Schnorrenbergs Taktik, hoch zu stehen und die Teenagertruppe früh unter Druck zu setzen, um im Mittelfeld Bälle zu erobern, ist damit eigentlich hinfällig. Der HFC-Coach aber bleibt dabei, zur großen Freude der Gäste. Die haben die Partie nun im Griff, Halle gelingt es nur gelegentlich, sich vom Druck zu befreien und in Richtung des Tors von FCB-Torhüter Hoffmann aufzubrechen. Dort wartet das Pech: Erst wird Terrence Boyd im Strafraum umgesäbelt, Schiedsrichter Jonas Weikenmeier überlegt aber nicht einmal, ob das ein Strafstoß war. Dann erzielt Papadopoulos sein Tor, aus einem ähnlichen Gewusel wie es Jastremski zum 0:1 ausnutzte. Doch obwohl der Ball von einem Bayern-Spieler zu ihm springt, wird Abseits gegeben und nicht das 1:1.
Es ist aber trotz solch unglücklicher Entscheidungen insgesamt ein klarer Rückschritt zu den letzten Wochen, den die Rotweißen auf den Platz bringen. Immer wieder werden Bälle verloren, fehlt bei eigenen Angriffsversuchen die Präzision schon beim vorletzten Pass. Bezeichnend ist eine Situation in der 39. Minute, als Toni Lindenhahn Boyd mit einem langen Ball direkt zum Tor schickt. Statt aber wie zuletzt kalt und trocken abzuschließen, versucht der HFC-Sturmführer einen Querpass zum mitgelaufenen Julian Derstroff, den seit Wochen so torgefährlichen Außenspieler. Ein Bayern-Abwehrmann bekommt den Fuß dazwischen. Und fast im Gegenzug klingelt es bei Müller: Robust geht Torschütze Jastremski auf Linksaußen durch, Kern tunnelt Müller und Zaiser lenkt den Ball aus zehn Zentimetern ins Netz.
Nichts zu gewinnen
Dass hier heute nichts mehr zu gewinnen ist, wissen die HFC-Spieler, als sie aus der Halbzeit kommen. Aber versuchen wollen sie es dennoch, zumindest anfangs. Dieses anfangs dauert genau sechs kurze Minuten, dann ist Zaiser wieder an der Reihe. Diesmal zieht er von der Strafraumgrenze ab, HFC-Kapitän Jonas Nietfeld lenkt den Ball weg von der Tormitte. Und Sven Müller kann nur noch hinter sich greifen, zum nun schon dritten Mal.
Schnorrenberg wechselt, doch das Spiel der Gastgeber ist nun im Begriff, auseinanderzufallen. Die Bälle verspringen, die Pässe kommen nicht an, vielversprechende Offensivaktionen gibt es eigentlich gar nicht mehr und der emsige und fleißige Rückkehrer Braydon Manu geht mit unter. Fast sieht das alles wieder aus wie beim 1:6, das Schnorrenbergs Vorgänger Torsten Ziegner das Amt kostete. Die Bayern spielen, Halle hechelt hinterher, ohne ein Mittel zu finden, den Gegner oder wenigstens den Ball mal länger als über drei Stationen zu kontrollieren.
So wird das Endergebnis natürlich auch noch schlimmer. In der 72. Minute macht es Jastremski wie Boyd an guten Tagen. Lang aus der eigenen Hälfte angespielt, nachdem der unglückliche Jonas Nietfeld den Ball nicht behaupten konnte, schnell Richtung Tor,. Abschluss, Treffer. Der HFC hat jetzt in einer Begegnung viermal so viele Tore geschluckt wie in den letzten beiden. Die Baby-Bayern dagegen, die in den 17 Spielen bis hierher auf einen mageren Trefferschnitt von 1,29 pro Spiel kamen, zwei Törchen mehr als der Tabellenletzte Duisburg, überholen den bis dahin offensivstärkeren HFC in einem einzigen Anlauf.
Der schöne Traum vom Blick nach oben ist damit endgültig geplatzt und das ist es wohl, was Antonios Papadopoulos so wütend schreien lässt. Mittwoch kommt Mannheim, da kann die Weihe nochmal umgestellt werden. Das Kann aber wird nach nur vier Punkten aus den letzten fünf Spielen allmählich ein Muss: Derzeit ist der HFC Vorletzter in der Formtabelle.
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