Ägypten ist mit nur 150.000 Infektionen und knapp 9.000 Toten kaum von Corona betroffen. |
Räder mussten rollen für den Sieg, aber das ist lange her. Heute sind es Bälle, die rollen müssen, selbst in der "größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg" (Angela Merkel). Die ist nur durch einen totalen Krieg gegen zwischenmenschliche Kontakte einzuhegen. Doch wenn niemand mehr mit niemandem Kontakt haben darf, insoweit ist die Wissenschaft sich ausnahmsweise vollkommen einig, dreht der Bürger*in durch. Nicht jeder da draußen, drinnen eingesperrt durch Eindämmungsverordnung Nummer 99, kann lesen. Nicht jeder hat ein Buch oder ein Instrument daheim. Und viele haben Netflix und Amazon Prime, die wahren Gemeinsinnsender der Seuchenzeit, im elften Monat der Pandemie bereits einmal komplett durchgeschaut.
Gesellschaftliche Verantwortung am Ball
Es war deshalb von Anbeginn an nicht nur im politischen Berlin klar, dass den professionellen Gladiatorenspielen der großen Fernsehsportarten eine Sonderrolle im Kampf gegen "den Virus" (Armin Laschet) zukommen muss. Natürlich wäre es der Bundesregierung, die mit einer winzigen Handbewegung Millionen von Gaststätten, Restaurants, kleinen Läden und großen Handelsketten, Hotels und und Veranstaltungsbetriebe zu retten vermag, ein Leichtes gewesen, das bisschen Fußball-Bundesliga, den Basketball, das Eishockey und den wegen seiner rassistisch konotierten Grundausrichtung ohnehin in der Kritik stehenden Wintersport mit November-, Dezember- und 2021-Hilfen am Leben zu halten.
Aber dazu kam es nicht. Stattdessen folgte auf eine kurze Zwangspause im Frühjahr die Erfindung der Systemrelevanz des Profisportes. Gekleidet in die Illusion einer angeblichen "Blase", in das Virus keinesfalls eindringen könne, zieht der Seuchenzirkus des Spitzensports seitdem unverdrossen durch Land, Kontinent und Welt, ein letzter Rest Normalität, der gebraucht wird, die Fernsehabende des Volkes zu füllen und Nachrichten zu produzieren, um die Corona-Trump-Tagesschau versöhnlich abzurunden. Es wird Skigesprungen wie in der alten Normalität, es wird beim Biathlon geschossen und beinahe jeden Abend natürlich Fußball gespielt.
Zu Gast in der Halbdiktatur
Und nun eben auch Handball. In Ägypten, einer Halbdiktatur, die Homosexualität verbietet und Regierungsfeinde foltert und einsperrt, seit ein Militärputsch eine rechtmäßig gewählte Islamisten-Regierung gestürzt hat, findet mitten in der "größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg" (Angela Merkel) die größte Handball-WM aller Zeiten statt. 32 Mannschaften, zwei davon wegen zahlreicher Corona-Fälle nur kurz vor Anpfiff noch gegen willige Nachrücker ausgetauscht, werfen um die Wette um einen Titel, geborgen in der Sportlerblase inmitten eines Landes, dem es auf geheimnisvolle Weise gelungen ist, sogar noch deutlich besser durch die Corona-Pandemie zu kommen als das von der ganzen Welt bewunderte Deutschland.
Das Turnier ist eine Farce, nicht nur wegen der Nachrücker, der Absagen einzelner Spieler aus Angst vor dem Virus und den fehlenden Zuschauern, sondern auch wegen der absurden Aufblähung des Teilnehmerfeldes, professionell trainierende Sportler auf Volkssportvertretungen voller übergewichtiger Freizeitwerfer treffen lässt. Die ersten Ergebnisse des "Weltturnieres" sehen aus wie ein Witz. 43:14, 51:29 und 38:19 stehen da, von Fachleuten kommentiert als wären sie richtig ernstgemeint. Wirklich ernst aber ist nur das Beispiel, das das gespenstische Sporttheater der Coronaleugner dem Fernsehvolk daheim vermittelt. Während die am esten gar nicht mehr aus dem Haus gehen sollen, bejubeln die Kommentatoren im Gemeinsinnfunk die tolldreisten Kempa-Tricks im Kampf gegen die Seuche.
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