Deutsche Aufholjagd: Eine Kurve zeigt Trumps Versagen, die andere die Erfolge der Eindämmungsbemühungen in Deutschland. |
Kein Schutzkonzept für Schulen, der zweite lockdown zu spät, die georderte Menge an Impfstoffen viel zu niedrig. Mit einer harten Abrechnung zur bisherigen Pandemie-Politik hat Bundesinnennminister Horst Seehofer Verantwortung für die Entwicklung Deutschlands zum europäischen hot spot der Corona-Verbreitung übernommen. Zwar machte der CSU-Politiker vordergründig die Ministerpäsidenten für die Corona-Toten verantwortlich. „Sie haben den Ernst der Lage bei den entscheidenden Konferenzen einfach unterschätzt“, sagte Seehofer. Doch wer zwischen den Zeilen liest, erkennt ein gerüttelt Maß an Selbstkritik: Die ergriffenen Maßnahmen seien unzureichend gewesen, im Corona-Kabinett sei der "Ernst der Lage unterschätzt" worden.
Die Mär von der Lage
Ein Tabubruch, mit dem der scheidende Innenminister den Mythos von der "guten Vorbereitung" (Jens Spahn) Deutschlands auf die Pandemie ebenso dekonstruiert wie die Mär von der Lage, die "im Griff" (Armin Laschet) sei. Wohl in Erinnerung an seinen letzten Streit mit Angela Merkel nahm Seehofer die Bundeskanzlerin ausdrücklich von seiner Kritik aus, obwohl es der Regierungschefin über neun Monate nicht gelungen war, dem Land in eine einheitliche Krisenstrategie zu verordnen. Stattdessen schaffte es Deutschland, den durch Donald Trumps "Totalversagen" in der Corona-Krise entstandenen Rückstand zu den USA durch eine Vielzahl durchweg erfolgreicher Eindämmungsmaßnahmen aufzuholen.
Dass ein Schutzkonzept für Schulen und öffentliche Verkehrsmittel auch nach einer so langen Zeit weiterhin ebenso fehle wie ein halbwegs stringentes Meldewesen der Gesundheitsämter, liegt nach Angaben des früheren bayrischen Ministerpräsidenten an geheimen Mächten, die er vorsichtig mit dem Personalpronomen "Sie" umschreibt. "Sie bekommen die Ausbreitung eines hochinfektiösen und potenziell tödlichen Virus nur mit rigorosen Gegenmaßnahmen in den Griff und nicht mit angezogener Handbremse." Und wenn "Sie" das nicht können, kann es auch die Bundesregierung nicht, das ist klar.
300 Tage Nachdenken
Immer noch gebe es deshalb „keine zufriedenstellenden Lösungen“, analysierte Horst Seehofer messerscharf. Wenigstens für den grenzüberschreitenden Reiseverkehr, der zuletzt in Sachsen zu einem weiteren Kontrollverlust geführt hatte, kündigte Seehofer nach 300 Tagen intensiven Nachdenkens bereits für die kommenden Wochen Lösungen an. Schärfere Kontrollen sollen es richten, denn die in Deutschland geltenden Schutzmaßnahmen dürften "nicht durch unvernünftige Reisen unterlaufen werden", verwies der Innenminister auf Beiträge etwa beim Kontrollverlustboard PPQ.li
Seehofer will nun nicht nur wie bisher eine zehntägige symbolische Quarantänepflicht mit Eigenkontrolle und Testungen für Reisende, die aus Risikogebieten im Ausland zurückkehren, sondern eine "konsequente Überwachung" der betroffenen Personen. Ein Corona-Neustart quasi: Für die Bundespolizei solle die Überwachung von Einreisenden in den ersten Wochen des neuen Jahres „höchste Priorität“ haben - ein Vorzugsrang in der Bundespolitik, den zuletzt unter anderem Klimapolitik, die Bekämpfung von Fluchtursachen, die Digitalisierung und die Aufrüstung der Bundeswehr genießen durften.
Das macht Hoffnung, denn Horst Seehofer sprach sich zudem dafür aus, die derzeitige Atempause im hektischen Alltagsleben über den 10. Januar hinaus zu verlängern. "Wenn der Lockdown wirkt und die Zahlen nach unten gehen, dann dürfen wir mit schnellen Lockerungen nicht alles riskieren, was wir erreicht haben", sagte der Innenminister. Sollte aber auch der sogenannte harte lockdown keine Wirkung entfalten, müssten die Maßnahmen verschärft werden, verlangte Seehofer. Eine dritte Welle müsse „unter allen Umständen“ verhindert werden, weil eine dritte Welle zweifellos einen dritten lockdown erfordern würde.
1 Kommentar:
Derweil der Horst die Handbremse zieht, werden im Nordosten die Spritzen getunet.
Acht Menschen haben in einem Pflegeheim in Mecklenburg-Vorpommern wegen eines Fehlers bei der Aufbereitung der Spritzen die fünffache Dosis des Corona-Impfstoffs bekommen.
Da der Impstoff defacto schon wieder alle ist, schaut sich der Spahn heimlich beim Russen um.
https://www.anti-spiegel.ru/2020/deutschland-und-russland-sprechen-ueber-die-gemeinsame-produktion-des-russischen-corona-impfstoffs/
Jens Spahn wiederum erklärte sich bereit, mit dem russischen Gesundheitsministerium in der Frage zusammenzuarbeiten, ob deutsche Unternehmen für die gemeinsame Herstellung russischer Impfstoffe herangezogen werden.
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