Montag, 9. November 2020

"Spiegel"-Mann für von der Leyen: Bekenntnis zur PR

Klares Bekenntnis zum Seitenwechsel: Endlich tun, was man schon immer getan hat.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass zwischen Politiker und Berichterstatter in der Berliner Republik kaum ein Blatt Papier passt.  Man hilft sich und nützt sich, man telefoniert, wenn man Wünsche hat, und man kann sich kurzerhand zur besten Sendezeit selbst ins Fernsehen einladen, obwohl das kein Staatsfernsehen ist. Die Membran, die politisches Handeln und Berichterstattung über politisches Handeln voneinander trennt, ist durchlässig geworden, seit Journalisten sich mehr und mehr als Aktivisten verstehen und sich diesen Titel sogar selbstbewusst nach außen anheften.  

Statt kritischer Begleitung regiert das Bemühen, Regierungspolitik nur immer noch besser zu erklären, und die Feinde unserer Ordnung im In- und Ausland zu bekämpfen. Journalismus von oben nach unten, ein allzeitbereites Stichworthaschen im politischen Raum, das nie einen Zweifel daran lässt, welche Sichtweise auf Ereignisse, Geschehnisse oder Personen haben muss, wer ein anständiger Mensch und guter Demokrat sein möchte. "Es haben nun alle verstanden, welchen Kandidaten Sie bevorzugen", beklagte ein Gemeinsinnsenderempfänger angesichts der ganz in Blau gehaltenen Berichterstattung der ARD, ergänzt um die Aufforderung: "Ab jetzt bitte wieder neutrale Moderation“.

Spiegel-Mann macht sich ehrlich

Wieder. Warum eigentlich? Ist es nicht viel ehrlicher, wenn etwa der Chef des "Spiegel"-Büros in Brüssel direkt als Kommunikationsberater und Redenschreiber für die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen arbeitet, statt vom früheren Nachrichtenmagazin für diese zumeist doch eher unangenehme Tätigkeit bezahlt zu werden? 

Transparenz wird hergestellt, so dass sich künftig niemand mehr fragen muss, weshalb die härteste Nachfrage des größten deutschen Nachrichtenmagazin zur Vertuschungsaffäre um millionenteure gelöschte Nachrichten von der Leyens Diensthandy die ist, ob die gerade noch rechtzeitig aus dem Amt der Verteidigungsministerin nach Brüssel geflüchtete Politikerin sich von der Affäre eigentlich belastet fühle? 

Die Kuschelnähe zwischen Machtausübenden und den Mächtigen der 4. Gewalt macht sich im Falle Müller ehrlich. Ja, wo andere Millionen Deutsche mit Journalismussimulationen versorgen, sorgsam verkleidet in ein Kostüm als "Korrespondent",  zieht Peter Müller die Konsequenzen aus dem Niedergang einer Branche, deren ganze Überlebenshoffnung auf Spenden des Internetkonzerns Google und staatlichen Hilfszahlungen liegt. Warum dann nicht gleich beim Staat anfangen?  Blättern wie die "Frankfurter Rundschau" haben den Journalismus ohnehin zugunsten der PR-Arbeit für höhere Ziele wie den Klimawandel, die Gerechtigkeit oder den Kampf gegen rechts aufgegeben. Zuletzt machten auch Taz und Stern kein Hehl mehr daraus, dass ihre Art Berichterstattung eigentlich ein NGO-Aktivismus im Dienst der Lesererziehung ist.

Den Glauben glaubhaft verbreiten

In Zeiten, in denen selbst wohlmeinende und kritische Berichterstatter in Brüssel  in kein Vorzimmer keines Hinterzimmers mehr eingelassen werden, in denen die Kommission weitgehend abgetaucht und das Parlament vielleicht noch für Jahrzehnte damit beschäftigt ist, das gigagroße Corona-Hilfspaket mit seinen 750 Trilliarden Euro Sofortgeld nach eigenen Vorstellungen um- und auszubauen, wechselt Müller damit auf die sichere Seite. 

Nie mehr kritisch nachfragen,  weil nun nicht einmal mehr jemand nachfragen wird, warum wieder nicht kritisch nachgefragt wurde. Redenschreiben, die aus endlos aneinandergereihten Plattitüden von Fortschritt, Wohlstand und Nachhaltigkeit bestehen. Den Glauben verbreiten, dass alles gut werden wird. Und sicher wissen, dass auf der anderen Seite niemand mehr ist, der die Wolke aus Worthülsen, Verbalqualm und fanatstischen Versprechen auch nur lang genug anschaut, um Leyen-Sätze wie den über die  anstehende „Replikation" von "Hyperscalern, um in einigen kritischen Technologiebereichen eine technologische Vorreiterstellung zu erreichen“ oder den vom  kommenden „fairen Wandel für alle“ auf ihren Sinngehalt abzuklopfen.

Da ist keiner. Da kommt auch keiner mehr rein. Aber es gibt EU-Gehalt dafür. Man zahlt nur EU-Steuern. Und freut sich auf eine EU-Rente.


3 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

>> EU-Rente

Ist das diese Erberbsunfähigkeitsrente, auf die sich der Textinfluencende jetzt freuen kann?

Der lachende Mann hat gesagt…

@PPQ Sehr guter Artikel!

Anonym hat gesagt…

Der polit-mediale Komplex ist eine Verschwörungstheorie. Wenn es nur eine Wahrheit gibt, dann können Politik und Medien eben nichts Unterschiedliches verlautbaren.

Ich hätte mir aber gewünscht, dass der Sepp den Job bekommt.