Immer das Positive sehen: nach der Pleite von Sevilla kann Jogi Löw seine alten Sprüche wieder nutzen. |
Es wäre die Lage nicht schon prekär genug, nun versagen auch noch die deutschen Fähigkeiten, sich die Lage schönzureden. 0:6 gegen Spanien, und das, obwohl Bundestrainer Joachim Löw im Vorfeld angekündigt hatte, dass die junge Mannschaft auf einem guten Weg sei und sich nun nur noch einspielen müsse. Die Enttäuschung sitzt tief, das Entsetzen ist allgemein. Die Knazlerin wird in Kürze zum Krisengipfel mit den Ministerpräsidenten der Fußballländer rufen. Im Bundestag ist bereits eine aktuelle Stunde beantragt. Und der Immunpolitiker Karl Lauterbach warnt: Das Ergebnis könne Auslöser einer dritten sogenannten Weihnachtswelle werden. Es brauche jetzt schnelle und entschlossene Maßnahmen, den Verfall der Ordnung einzudämmen.
Abschied von Sekundärtugenden
Die AfD spricht natürlich von Staatsversagen. Aber auch Kommentatoren im Gemeinsinnfunk kommen nicht umhin, einzuräumen, dass es sich um die höchste deutsche Niederlage seit 1931 handelt, 1945 allerdings nicht mitgerechnet. Vor der EM, die coronagerecht mit 378 Mannschaften in 214 Stadien in 17 europäischen Städten auf zwei Kontinenten stattfinden wird, bleiben nur noch drei bis fünf Spiele. Kaum Zeit genug, alles neu zu lernen, was bis dahin an deutschen Sekundärtugenden verschütt' gegangen ist.
Fußball und das wahre Leben, sie zeigen wieder ihre enge Verbundenheit. Nach dem Titelgewinn von Brasilien war der Bundescoach Joachim Löw zur festen Überzeugung gelangt, es sei nicht sein persönliches Glück gewesen, Trainer einer Mannschaft großartiger Könner aus einer goldenen Generation sein zu dürfen, die Deutschland zum Weltmeister machte. Sondern seine überragenden Fähigkeiten, gemeinsam mit Bundesfußballdirektor Oliver Bierhoff hervorragende Quartiere auszusuchen, in dunklen Rollis gut auszusehen und der "Mannschaft" (Bierhoff) taktisch stets die richtige Marschroute mitzugeben.
Verliebte Jogi-Journalisten
Wie in Angela Merkel, die andere prägende Figur der Ära, in der Deutschland kaum etwas falschmachen konnte, verliebten sich alle vier Minuten zwei Journalisten in den sympathischen Schwaben mit der Pagenfrisur. Frühere Kritiker in den Medien begriffen sich bald als Teil des DFB-Teams, ein großes Wir, das sich unentwegt beklatschte, ähnlich wie die Berliner Korrespondenten der deutschen Leitmedien seit als Betriebszeitung der Bundesregierung Jubel über deren kluge, richtige und alternativlose Politik verbreiten.
Die Probleme des deutschen Fußballs bahnten sich in der Fläche an. Das Löw'sche Konzept des Immer- so-weitermachen scheiterte auf dem kurzen, grausamen Russlandfeldzug. Die anschließend in zwei hektisch aufeinanderfolgenden Stufen eingeleitete Erneuerung, eine "Wende" Krenz'schen Formats, bewies ihr Scheitern nun beim 0:6 gegen die Spanier. Auf dem Platz keine Mannschaft, nur eine Versammlung von Soloselbständigen auf der Sucher nach einem höheren Marktwert. Und am Spielfeldrand ein wortloser Rudi Ratlos im Rolli, der ärmste Hund im leeren Rund.
Überschaubares Angebot
Aber woher Spieler nehmen und nicht stehlen? All der teure Zirkus, den der DFB mit seinen über Jahrzehnte hinweg gewachsenen teilkriminellen Strukturen unternommen hat, um den deutschen Nachwuchs für die Schlachtfelder der Welt zu ertüchtigen, zeitigen bis heute keinerlei Wirkung. Die Globalisierung des Fußballmarktes trocknet das Land der Dichter, Denker und Weltmeister von Jahr zu Jahr mehr aus. Inzwischen sind 57 Prozent der Spieler in der 1. Bundesliga nicht mehr für eine deutsche Nationalmannschaft spielberechtigt. Joachim Löw kann seine Mannschaft damit gerade mal noch aus etwa 250 Spieler mit deutschem Pass zusammenstellen, die in einer ersten Liga spielen, zumindest theoretisch. Die Kicker über 30 abgezogen, bleiben ihm 200 Kandidaten. Hundert weniger als seinerzeit die Nationaltrainer der DDR zur Verfügung hatten, deren Ruf als Fußballmacht von Weltgeltung am 22. Juni 1974 aufschimmerte, ehe er nach dem 23. wieder verschwand.
Löw dachte trotzdem, er wäre schon weiter. So wie das Klimakabinett im Juni der Meinung war, Corona sei durch die superplusgute deutsche Pandemiepolitik besiegt, so dass die Menschen das Virus nun mal ruhig wieder unkontrolliert auf fröhlichen Urlaubsreisen dorthin tragen sollten, wo es noch nicht wahr, hatten Löw und seine Fans in dem Redaktionsstuben beschlossen, dass der kleine Joshua Kimmich der neue große Anführer ist.
Es komme nun nur noch darauf an, den prinzipiell wieder sehr guten deutschen Fußball draußen im Land, wo kaum noch jemand zuschauen mochte, besser zu erklären. Und aus den vielen farblosen Gestalten mit ihren auswendig gelernten Interviewsprüchen, die in kurzen Rhythmen das schwarzweiße Leibchen anzogen, mit Hilfe liebevoller Berichterstattung kernige Charakterköpfe zu machen, die das Volk eines Tages lieben würde wie einst Rudi Völler, Klinsmann, Podolski, Kahn, Ballack oder Schweinsteiger.
15 Kicker aus 19 Ländern
Nach dem Spanien-Debakel aber sind Zweifel nicht mehr nur angebracht, sondern sie werden nun sogar in der medialen Fankurve artikuliert, normalerweise der letzte Ort auf Erden, an dem Zweifel an Bewährtem und Gutgemeintem auftauchen. Auf einmal sollen die alten Herren zurückkehren, deren sich Löw nach dem Russland-Feldzug mit einiger Mühe entledigt hatte. Auf einmal ist der Bundestrainer selbst nicht mehr unumstritten, auch wenn er mangels personeller Alternativen natürlich bleiben wird wie die Kanzlerin ja auch immer geblieben ist. Und auf einmal fällt selbst auf, was da für Personal auf dem Platz steht: 15 Kicker aus 19 Ländern, alle gut am Ball, aber still wie die Oppositionsparteien im Bundestag.
Dort braucht es jetzt parteienübergreifende Initiativen, ein Fußball-Kabinett muss einen nationalen Rettungsplan beschließen, ein Corona-Hilfspaket ist zu schnüren, das den vom Pandemie-Spielbetrieb aus der Bahn geworfen Jungkickern Überbrückungsmittel zusichert, bis wieder bessere Zeiten anbrechen und die gewohnten deutschen Siege wieder möglich werden.
6 Kommentare:
Wäre der gute Jogi nach seinem Triumph in Brasilien zurückgetreten, er gälte heute noch als größter Erfolgstrainer seit Sepp Herberger. Ob zu recht oder unrecht ist hier nicht entscheidend. Mit Werbung und als allwissender Kommentator hätte er auch sicher noch ein auskömmliches Gnadenbrot erhalten.
Aber nein, statt aufzuhören wenn es am schönsten ist, hält man sich auf einmal für unfehlbar und unersetzlich. Man klebt so lange an seinem Posten bis man seinen Nimbus gründlich zerstört hat und mit Schimpf und Schande davon gejagt wird. Schade. Schade.
Lieber ppq, sie sprechen ja an, das auch ein neuer Nationaltrainer aus einem immer kleiner werdenden Pool von deutschen Spielern wird schöpfen können. Das man diesem kleinen Häuflein noch zusätzlich von Anfang an jede Eigenständigkeit abtrainiert hat und auf ein Maß eingeschliffen hat, aus dem garantiert keiner mehr herausragt, hilft dabei sicher nicht. Ein langfristiger Niedergang ist als Schlussfolgerung daraus wohl kaum abzuwenden. Aber davon müssten doch alle europäischen Mannschaften gleichermaßen betroffen sein. Scheit aber nicht so zu sein.
Was machen denn die anderen erfolgreichen europäischen Mannschaften anders? In den Ligen in Spanien, England oder Italien spielen doch auch nicht weniger Ausländer, oder? Und viele Spieler aus ehemaligen Kolonien laufen für Spanien z.B. auch nicht auf.
Was ist also das Geheimrezept der Spanier, das die 6 Tore schießen und wir keins?
Für uns kann es nur heißen, schafft endlich diese blöden Nationen ab. Punktum.
Vorausschauend wie wir sind haben wir unser Team ja schon in die Mannschaft umbenannt.
Es muss daher gelten, wer in der Bundesliga aufläuft, spielt auch sonst für Deutschland.
Alles andere wäre nationalistisch und gehört schon längst verboten.
Was spielen die da? Näischns Lieg? Drauf geschißßen.
>> Knazlerin
Das heißt doch Gnatzlerin. Kommt von rumgnatzen. Wat gnatzte hier so rum?
Löw wird wegen Sabotage und Wehrkraftzersetzung interniert
>Für uns kann es nur heißen, schafft endlich diese blöden Nationen ab.
Bayern spielt die Bundesliga allein plus internationale Turniere und die Weltmeisterschaft. Da kann nichts mehr schiefgehen.
War schon immer meine Meinung. Wenn der gute Uli Hoeneß alle Mannschaften in der Bundesliga managen würde, wäre da wieder Spannung drin
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