Terrence Boyd traf zum vierten Mal für den HFC. Ohne ihn sähe es sehr dunkel aus in Halle. |
Mit einem gewaltigen Rucksack auflaufen, ohne eigenes Publikum im Rücken, gegen einen Gegner, der sich Großes vorgenommen hat. Spieltag zehn in der 3. Corona-Liga ist für den Halleschen FC, der wegen der Seuche schon zwei ausgefallene Begegnungen hinter der Konkurrenz liegt, wieder einer, der den Weg bestimmen soll. Gegen Ingolstadt, Saarbrücken und 1860, die drei bisherigen Gegner aus der oberen Tabellenhälfte, gab es klare, zum Teil sehr klare Niederlagen. Gegen die eher leichten Gegner Magdeburg, Meppen und Lübeck mehr oder weniger mühsame Siege.
Wohin führt der Weg der Mannschaft von Florian Schnorrenberg? Sie wissen es selbst noch nicht, die elf Mann, die der Mann an der Seitenlinie diesmal aufbietet. Die Tordifferenz des ersten Saisondrittels spricht für Abstiegskampf bis zum letzten Tag, denn sie ist schlechter als die von Jena, dem Vorjahresabsteiger, der mit 85 Gegentoren in den Regionalligakeller ging. Halle steuert nach den ersten sieben Spielen auf über 90 zu. So viele Treffer schluckten bis zum Anpfiff gegen Hansa nur zwei andere Vertretungen in der Liga.
Stark begonnen
Mit Glück und Unglück hat das vielleicht zu tun, mit allem anderen aber ganz sicher. Das wissen die Rotweißen und so beginnen sie gegen den alten Oberliga-Rivalen aus dem Norden auch. Wieder mit Titsch-Rivero und dem bis hierher schwer kritisierten Jonas Nietfeld in der Mitte, auf Außen aber mit dem Hansa-Spezialisten Lindenhahn und Sternberg für den verletzten Guttau und den auf die Bank rotierten Derstroff haben die Gastgeber die erste halbe Stunde sicher für sich. Hansa beobachtet mehr als mitzuspielen - und wäre Michael Eberwein der Stürmer, als der er geholt wurde, würde der HFC schon jetzt führen.
Doch der für den kleinen, flinken Dehl aufgelaufene 1,92-Meter-Mann vergibt zweimal, so dass es dann doch wieder Terrence Boyd machen muss. Mit großer Übersicht von Titsch-Rivero in die Gasse geschickt, schaut Boyd gar nicht zum Tor, sondern schießt einfach rein: 26. Minute, 1:0 für den HFC. So schlecht sieht das gar nicht aus. Wenigstens bis zur Halbzeit. Danach jedoch übernehmen die Blauen. Immer wieder kommen sie über die linke HFC-Seite, immer wieder fliegen Flanken von der Art vor das Tor von Sven Müller, wie sie der HFC auch an diesem Tag selbst nicht hinbekommt.
Stark nachgeklassen
Ärger kündigt sich an, und Ärger steht Boyd, Lindenhahn und Müller ins Gesicht geschrieben, als Neidhardt Sternberg auf der linken HFC-Seite verlädt und in der Mitte Vollmann findet. Der darf, unter Beachtung der Corona-Abstandsregeln von Reddemann und Vucur nur locker umstellt, hübsch ins lange Ecke köpfen. Alles sieht jetzt nach dem typischen Auseinanderbrechen des Halleschen FC von 2020 aus. Hansa spielt, Halle läuft hinterher, man wehrt sich unglücklich und kommt hinten kaum noch aus dem eigenen Drittel.
Allerdings ist eben auch Hansa auswärts keine richtige Spitzenmannschaft, so dass sich nach und nach wieder Licht am Halle-Horizont zeigt. Etwa ab der 70. Minute gehen Hansa die Kräfte aus oder aber die Lust ist weg, hier einen sicheren Punkt gegen drei mögliche zu setzen. Die beiden Mannschaften tun noch so, aber richtig wehtun wollen sie sich sichtlich nicht.
Ritt auf der Rasierklinge
Ein Ritt auf der Rasierklinge, vor allem für die Rotweißen, denn noch eine Niederlage selbst gegen eine Spitzenmannschaft ließe sich nicht mehr mit "gut gespielt, aber leider zu hoch verloren" erklären. Schnorrenberg wechselt Lindenhahn und Eberwein aus und neben Destroff den defensiven Papadopoulous ein. Ausgerechnet der Mann mit der 8 sorgt für die letzte Torchance im Spiel, aber Hansa-Keeper Kolke bekommt die Hände an den straffen Fernschuss, weil "Papa" ausgerechnet auf die Torseite gezielt hat, in der er gerade steht.
Am Ende steht ein 1:1 und obwohl der HFC zum ersten Mal in dieser Saison einen Punkt gegen einen Mitfavoriten auf den Aufstieg geholt hat, sind alle weiteren Fragen offen: Kann diese Elf mehr als phasenweise mithalten? Ist sie hinten besser als es aussieht? Reicht es vorn auf lange Sicht zu mehr als den derzeitigen 1,4 eigenen Treffern? Wo doch im vergangenen Jahr nach acht absolvierten Partien mehr als zwei zu Buche standen?
Das Nachholspiel in Duisburg am Dienstag wird eine Antwort geben. Oder auch nicht.
4 Kommentare:
Geisterspiele verbieten war immer noch die Bandenwerbung schlechthin. So, wie es Halles OB seit Frühjahr fordert.
Da ist das Fanlager völlig meiner Meinung.
man muss nur abstand halten, und das war beim ausgleich ja gewährleistet
Bring on the empty horses! Manó Kaminer ---
@ppq
Ich täte ja die Abwehr des HFC einer Kollektivstrafe unterziehen, weil sie zum Kopfballenden einen viel zu geringen Abstand hielten. M.W. sind auch in Halle 1,5 Meter angesagt. Die waren aber auf etwa knapp einen Meter herangerückt und bedrängten den Rostocker in seiner Berufsausübung.
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