Spaß macht es schon lange nicht mehr, das ganze Fußballzeug. Fernseher statt Stadion, Mitspielerkommandos und Schmerzensschreie statt Fangesang. Und dann noch beim Halleschen FC, im verlängerten Saison-Frühling noch eben so von der Abstiegsschippe gesprungen, kurz nach dem verheißungsvollen Start der nächste Spielzeit im Ausnahmezustand nun aber schon wieder dort, wo Trainer Florian Schnorrenberg seine Mannschaft in diesem funkelnagelneuen zweiten Anlauf im Ausnahmezustand der Geisterspiele, Corona-Tests, dauernden Spielverschiebungen und Überlebensanstrengungen keinesfalls hatte sehen wollen.
Der Trend ist kein friend
Positiv gesehen, ist nach dem Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern alles wie zuvor. Seit dem blamablen 1:6 bei 1860 München hat der HFC nicht mehr verloren, auch nicht gegen den ehemaligen Deutschen Meister aus der Pfalz, der die Corona-Sonderregeln im Frühjahr nutzte, die schon lange schwebend unwirksame Insolvenz bequem durchzuziehen. Negativ gesehen hat der HFC seit dem blamablen 1:6 allerdings auch nicht gewonnen: Die letzten drei Spiele gingen durchweg Remis aus, einem 1:1 gegen Hansa Rostock folgte ein 0:0 im Nachholspiel in Duisburg. Und am Ende der 90 Minuten gegen das mit frischen Millionen aufgerüstete Kaiserslautern steht wieder ein 1:1 auf der Anzeigetafel im früheren Kurt-Wabbel-Stadion.
Gerechterweise, denn die Begegnung der beiden Traditionsvereine verläuft ziemlich genau so, wie es das Ergebnis am Ende ausdrückt. Vor leeren Rängen, wie immer mit dem Verzweiflungsspruchband "Geisterspiele abschaffen" geschmückt, hat der HFC die bessere Anfangsphase. Doch wie schon beim MSV, der zeitweise an die Wand gespielt wurde, ohne dass der bis vor München durchaus treffsichere HFC-Sturm in Person von Terrence Boyd den Ball einmal über die Linie bekam, springt nichts Zählbares heraus.
Wieder ein früher Rückstand
Kaum haben die schwarzgekleideten Gäste die Anfangsoffensive der Hausherren überstanden, klingelt es dann bei HFC-Torwart Sven Müller: Langen Ball von rechts nach links, der für Lukas Boeder neu auf die rechte Verteidigerseite beorderte Kastenhofer läuft nach innen, um die Mitte abzusichern, Toni Lindenhahn aber, der den zur Torlinie ziehenden Ciftci blocken müsste, kommt nicht hinterher. Flanke. Prince Redondo lässt Kastenhofer stehen und trifft zum 0:1 aus hallescher Sicht.
Geht das schon wieder los. Im leeren Stadion ist der Frust mit Händen zu greifen. Wenn nicht gegen Duisburg und Kaiserslautern, zwei der wenigen Vereine, die in der Tabelle noch hinter dem HFC liegen, gegen wen sonst sollen denn die Punkte gegen den Abstieg geholt werden?
Das Bemühen ist ja auch da. Auch weil der FCK sich jetzt etwas zurückzieht und auf Konter wartet, haben die Gastgeber mehr vom Spiel. Auch mehr Chancen: Julian Derstroff bereitet die größte vor, als er nach 25. Minuten zum ersten Mal von der Torlinie zum Flanken kommt und tatsächlich den Kopf von Jonas Nietfeld findet. Der frühere Stürmer, inzwischen zum Sechser umfunktioniert, findet aber nicht das Tor. Ebenso wenig gelingt das in der Folge Terrence Boyd, dem Unglücksraben von Duisburg. Und auch Julian Guttau hat mit einem schönen Fernschuss in der 28. Minute kein Glück.
Der hohe Preis der Sicherheit
Unverkennbar auch nach dem Wiederanpfiff, dass die durchaus sichtbaren Verbesserungen im Abwehrverhalten - nach den ersten acht Spieltagen lag der HFC hier mit 17 Gegentoren auf klaren Abstiegskurs - auf Kosten der Offensivkraft gingen. Jetzt ist Terrence Boyd bei nahezu jedem Angriff des FCK mit hinten. Geht es dann andersherum, ist meist niemand vorn. Kein Wunder also: Schoss der HFC in seinen ersten sieben Spielen neun Tore, waren es in den letzten drei Begegnungen nur noch zwei. Der Schnitt halbierte sich damit von 1,28 auf nur noch 0,66 erzielte Treffer pro Spiel.
Gegen Kaiserslautern droht der Trend sich fortzusetzen, auch, weil es im Spiel der Hallenser weiter knirscht und knarzt und in den entscheidenden Momenten das Glück fehlt, das zwischen Weiterso und Wirkönnensdoch steht. Der FCK, der sich ein Stück weit zurückgezogen hat, bleibt immer gefährlich. Und den Rotweißen schwant, dass der nächste Gegentreffer vermutlich gleichbedeutend mit der nächsten Niederlage sein würde.
Die verhindert schließlich Janek Sternberg mit seiner ersten Ecke, nachdem alle bis dahin von Toni Lindenhahn geschossenen im Strafraum verpufft waren. Sternberg schießt, der für den verletzten Titsch-Rivero aufgebotene Antonios Papadopoulos steht in Tormitte vor Lautern-Keeper Spahic. Der Ball titscht kurz auf. Und "Papa" schmettert ihn in die Maschen.
Der folgende Jubelausbruch des 21-Jährigen ist der emotionale Höhepunkt eines Spieles, das, wäre es ein Musikstück, vermutlich klingen würde wie eine Atemübung von Lily Szajnberg. Harte Fußballarbeit statt Begeisterung, Buddeln in der Furche statt hochfliegender Gefühle. Der erfolgreichste Sport der Welt entpuppt sich unter Seuchenschutzbedingungen als schnödes Schachspiel mit Herumrennen, ein Existenzkampf, der weder Schönheitspreise gewinnt noch in einem solch aseptischen Biotop auf Dauer überleben können wird.
Pechvogel Boyd hat danach noch eine Chance, der eingewechselte Sherbakowsky hat sogar zwei. Aber Lautern beißt sich bis in die 93. Minute durch, dann ist Schluss und weder die eine Seite jubelt noch die andere.
Das Gute für den HFC daran ist: Die Waage neigt sich nicht. Das Schlechte aber: Sie neigt sich nicht.
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