Bhutans lustiger König Jigme Khesar Namgyel Wangchuck hat die Armut in seinem Land mit Hilfe des Bruttosozialglücks entfunden. |
Es ist ein kleines Land, das in Deutschland nicht einmal Schlagzeilen macht, wenn es sich mal trotzig gegen die ganz große Linie der EU stellt. Nur einmal im Jahr, in der Regel, wenn Platz für ein exotisches Thema wie das "Bruttosozialglück" ist, das Bhutans König Jigme Khesar Namgyel Wangchuck seinen Untertanen zum Trost für den niederschmetternden 30. Rang in der Schamliste der ärmsten Länder der Welt als Grund für anhaltende Freude verordnet hat, kommt das abgelegene Armenhaus Asiens überhaupt vor. Wenn nicht gerade ein dreiköpfiges "Spiegel"-Team auf den Spuren des Großreporters Relotius auszieht, Belege dafür zu finden, dass Weniger Mehr ist und Armut irgendwie auch sexy.
Geschieht das, wird der Staat zwischen China und Indien, dessen knapp 750.000 Einwohner zuletzt Bruttoinlandsprodukt erwirtschafteten, das genauso hoch war die das, das hunderttausend Staatsbürger der Karibik-Insel Aruba erarbeiteten, Die Bhutanesen aber stört ihre bittere Armut kein bisschen, haben die Spiegel-Reporter Frank Dohmen, Simon Hage und Alexander Jung jetzt herausgefunden, denn dem "kleinen, buddhistischen Königreich am Rande des Himalaja" ist "bereits gelungen ist, was den Rest der Welt noch Jahrzehnte beschäftigen wird: die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen" (Spiegel).
Heizen mit Holz, Husten vor Glück
Bhutan ist das "einzige klimaneutrale Land der Erde" (Spiegel) und ein Beispiel für die Welt. Hier wird mit Holz geheizt, das im Moment noch nachwächst, zumindest bis 2023, dann werden die Bestände an Rhododendron aeruginosum verheizt sein. Mit etwa 1,17 Tonnen Holz, die jeder Bhutanese pro Jahr zum Kochen und Heizen benötigt, hat Bhutan eine der höchsten Pro-Kopf-Verbrauchsraten für Brennholz. Im glücklichen Zusammenspiel mit den primitiven Öfen und den fehlenden Schornsteinen sorgt die nachhaltige Holzbefeuerung dafür, dass 17,2 Prozent der befragten Glücksbürger bei einer Umfrage angaben, an Atemproblemen zu leiden, 26,4 Prozent nannten Nasenprobleme und 56,4 Prozent hatten entzündete Augen durch von der durch qualmende Herde verursachten Luftverschmutzung in Innenräumen.
Das bringt das wachstumskritische "Spiegel"-Team zum schwärmen. Noch sei "der größte Teil seines Territoriums ist von Wald bedeckt, so garantiert es die Verfassung", die Bäume schluckten dreimal so viel CO2, wie in Bhutan ausgestoßen wird, das Strom wird aus Wasserkraft erzeuge und kaum Industrie habe. Dafür Ackerbau auf Selbstversorgungsbasis, mit geringen Erträgen, die gerade so reichen, um über die Runden zu kommen, bis es keine Altersrente gibt. Immerhin hat das Leiden ein frühes Ende, denn Bhutan liegt auf Platz 42 der Länder mit der niedrigsten Lebenserwartung weltweit.
Einfach mal bescheiden sein
Wäre das nicht auch was für Deutschland?, fragt der "Spiegel" nach einer Audienz beim König. Wirtschaftswachstum sei doch nachrangig, denn "Zufriedenheit" laute die oberste Maxime im "Kingdom of Happiness", wie sich Bhutan selbst nenne. Warum lange leben, warum nicht jeden Tag zwei Stunden durch den Wald krauchen, um Feuerholz für die Reissuppe zu suchen, warum nicht nichts produzieren, was nicht am nächsten Tag aufgegessen und ausgetrunken ist?
Ohh, so schön ist Panama Bhutan, dass dem "Spiegel"-Trio dafür nur der Begriff "grüne Glückseligkeit" einfällt. Von solcher sei Deutschland momentan leider noch weit entfernt: Mehr als zehnmal so dicht bevölkert und dennoch nur knapp 30 Prozent Waldanteil, mit hochgezüchteter Agrarwirtschaft und einem ausgeprägten Industriesektor, mit einem Energieverbrauch, der zu 41 Prozent aus fossilen Quellen gedeckt wird, während Bhutan unter Einberechnung des Feuerholzes auf 75 Prozent kommt.
Deutschland muss weg, das zeigt der aufrüttelnde Text im - auf Holz gedruckten - Hamburger Magazin deutlich, weg vom Bruttoinlandsprodukt als Gradmesser für Erfolg und Glück. Dass eine starke Wirtschaft "Wohlstand für alle" garantiere, wie die drei Zufriedenheitsreporter Bundeskanzlerin Angela Merkel zitieren, ist ein Irrweg. Wäre Deutschland bettelarm wie Bhutan, beheizt mit einem Energiemix aus 87 Prozent Holz, acht Prozent Elektrizität und drei Prozent Gas wie das "Land des Donnerdrachens", dann wäre für die BürgerInnen, aber auch für die Welt viel gewonnen.
6 Kommentare:
Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten. Früher musste man noch zu deutlich obskureren Blättern greifen, wenn man sich z.B. über die sozialen Fortschritte in Kambodscha informieren wollte.
Ich warte jetzt eigentlich nur noch darauf, dass die Spiegel-RedakteurX das für die Zellstoffproduktion notwendige Holz ebenfalls anteilig aufklauben. Das hätte den Kollateralnutzen, dass sie weniger Zeit für die Abfassung fragwürdiger Artikel hätte.
Geht es um den?
https://www.spiegel.de/wirtschaft/klimaschutz-wie-deutschland-klimaneutral-werden-kann-a-00000000-0002-0001-0000-000173622018
Das Hamburger Presseprekariat erzählt also wieder Märchen, und auch formal kann einem der Artikel die Fußnägel hochrollen. Welchen Stil kann man von gleich drei Spitzenkräften -sicher allesamt mit Edelabschlüssen geschmückt- erwarten?
...Beim Klimaschutz haben Industrie und Politik wertvolle Zeit verloren. Jetzt helfen nur bessere Gesetze...
Das wird man in Berlin gerne hören, und in Hamburg weiß man das, sogar sehr gut. In Berlin in Ungnade zu fallen, kann man sich ja finanziell nicht mehr leisten. Was, ihr wollt Gesetze? Mehr Gesetze, bessere Gesetze, Klimagesetze? Da können wir was machen, aber hallo!
Und dann geht das Elend los, als Einstieg wird eine Assoziationskette mit verblassten Erinnerungen aus dem Chemieunterricht vom Ländernamen zum Klima geklöppelt.
Bhutan, das klingt wie Methan, nach einem dieser Gase, von denen die Menschheit viel zu viel produziert.
Für dieses einfältige Geschmiere müssen die drei Mann hoch anrücken, und keine Redaktion hat was zu beanstanden, sagt den dreien, das man so einen Dreck auch von drogenabhängigen Fünftklässlern schreiben lassen könnte; keine Zeit, kein Geld, in Druck damit, wen juckt das heute noch, nicht unsere Leser.
Waren die drei real in Bhutan oder haben sie wie ihr geistiger Vater Relozius nur eine Astralreise gemacht? Eigentlich auch längst scheiBegal.
das war genau mein empfinden, ich konnte es nur nicht so direkt ausdrücken
Die Raffinerie auf Aruba haben wir mal beschossen. Jeder Sepp weiß das. Und er weiß auch mit Rilke, daß Armut ein großer Glanz von innen ist. Wenngleich nur für den, der das von außen her und mit genügend Abstand betrachtet.
Lieber reich und gesund, als arm und krank.
Sehr frei nach Seneca - der war ein Drecksack vom Feinsten.
Halbgott in Weiß
Wiederlich - nach der heutigen' Rechtschreibung' - aber Ramelow wird wegen dieses Mittelfingers gewiß nicht auf dem Ettersberg produktive Arbeit leisten müssen. Was gilt's? Hiob 1.11.
Halbgott in Weiß
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