Freitag, 9. Oktober 2020

Wendler-Rücktritt: Abschied für immer

Krank? Umnachtet? Auf der Suche nach Aufmerksamkeit?

Er ist bekannt, wenn meistenteils auch nicht bekannt ist, wofür eigentlich. Michael Wendler entstammt dem undurchschaubaren Milieu der Fernsehprominenten, ein Künstlerer im Umgang mit der Kamera, der die eigene Schamlosigkeit als Geschäftsmodell und den fehlenden Trieb, sich selbst vor Peinlichkeiten zu schützen, als Einnahmequelle entdeckt hat. 

Wendler, der sich "der Wendler" nennen lässt, hat mit der Vermarktung seiner Persönlichkeit eine ganze Branche verzaubert, als er sich ein blutjunges ostdeutsches und ähnlich exhibitionistisch veranlagtes Mädchen zur Gespielin nahm, explodierte das Geschäft. Bar jeden ersichtlichen Talents wurde der als "Schlagersänger" und "Stimmungsmusiker" auftretende Max Mustermann der hirntoten Humpamusik für Betriebsfeierlichkeiten zum Großverdiener und Werbeträger.

Schamlos und ironiefrei

Wendler ist ironiefrei und schamlos, zwei Voraussetzungen, die ihm ohne Zweifel auch in der Politik gute Dienste geleistet hätten. Ein Gedanke, der dem Mann aus Dinslaken, der nicht verwandt ist mit dem gleichnamigen Moralphilosophen aus dem Mittelalter, zu Kopf gestiegen sein muss. Obgleich gerade noch auf einer Erfolgswelle schwimmend, die ihm, den gerade wieder nahe der Pleite entlangschrammenden Unterhaltungsarbeiter, einen Werbedeal mit der Supermarktkette Kaufland einbracht hatte, trat Wendler vor seine eigene Handy-Kamera. Und verkündete der Welt den Rücktritt von allen Ämtern.

Wendler selbst sprach zwar nur vom Rückzug aus der sogenannten DSDS-Jury, einer Einrichtung des Senders RTL, in der seit Jahrzehnten mit großen Aufwand immer wieder wenig erfolgreiche Nachwuchssingende für die Weitervermarktung als C-Prominenz gesucht werden. Dass Wendlers Statement politische Dimensionen annahm, lag nicht an seiner Kündigung, sondern an den von ihm genannten Gründen: Die Bundesregierung und deren Corona-Regeln seien schuld, all das verstoße gegen die Verfassung und er werde aus Protest nicht mehr mitmachen.

Der bunte Hund als Corona-Kritiker

Eine Wendler-Welle des puren Entsetzens rollte anschließend doch die sozialen wie durch die sonstigen Medien. "Ist der Wendler nun unter die Verschwörungstheoretiker und Corona-Kritiker gegangen", fragten die Blätter bang, die seit Jahren eigene Abteilungen aufgebaut haben, die ausschließlich über das berichten, was "der Wendler" und "seine Laura" bei Instagram posten. Wie soll es weitergehen. Ist der womöglich talentloseste Star der deutschen Schlagergeschichte zu halten? Trotz Regierungskritik und unleugbar von allem Guten und Schönen abweichenden Ansichten zur Corona-Pandemie?

Nein, keine Chance. Binnen weniger Minuten verwandelte sich der wunderliche Stimmungssänger in einen wahnsinnigen Corona-Leugner, der die innere Sicherheit schwerstens gefährdet. Der bunte Hund, der womöglich bis heute selbst nicht weiß, wofür er eigentlich berühmt ist, entpuppt sich als Staatsfeind Nummer 1. Gespräche mit Attila Hildmann, dem zeitweise für omnipotent erklärten Koch und Anführer der Leugnungsbewegung, wurden publik. Versuche, Wendler zum Abschwören zu bewegen, scheiterten. Eine Tragödie.

Natürlich darf in Deutschland jeder denken, was er mag, er darf es auch  in eine Kamera sprechen und, wenn er will, veröffentlichen. Allerdings hat er dann auch die Konsequenzen zu tragen: Natürlich "ist diese Mär, die wütende Wutbürgerin dürfe nicht mehr all das sagen, was ihr so durch den Gehirnkasten geistert, längst widerlegt" (FR). Aber ebenso natürlich ist es, dass sich ein großes Unternehmen wie  die Supermarktkette Kaufland nicht weiter in der Lage sieht, Michael Wendler als Werbeträger zu beschäftigen.

Zu konstatieren bleibt den Blättern nur "der Totalabsturz des Michael Wendler", eine recht traurige Episode etwa auf dem Niveau des bekannten Phänomens des psychisch kranken Einzeltäters. Eine mühsam aufgebaute Karriere ohne Inhalt endet in Sekundenbruchteilen, das Leben eines Fernsehprominenten kommt abrupt zum Stillstand für immer. Die arme Laura wird im Augenblick noch bedauert, muss sich aber nun zweifellos schnell entscheiden zwischen mitgehangen, mitgefangen oder klarer Distanzierung, Abschwören und ohne den Mann weitermachen, der ihr den Weg gezeigt hatte in die bizarre Schattenwelt der Prominenten, die für ihre Prominenz bekannt sind.


12 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hut ab, ganz unironisch, wenn er seinem Gewissen folgend dieses Hurenhaus verlässt. Den Absprung schafft fast keiner, erst recht keiner, der nicht schon ausgesorgt hat.
Un en passant löst er für alle, die Augen im Kopf haben, die Cancel-Culture-Reaktion in Lehrbuchform aus.

Arminius hat gesagt…

Wahrscheinlich kommt bald noch heraus, daß er heimlich AfD gewählt hat. Dann bliebe ihm wirklich nur noch die Emigration.

Die Anmerkung hat gesagt…

Ich oute mich hier nur als Bote. Nicht das ich Schelte abbekomme.
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https://www.bild.de/unterhaltung/leute/leute/manager-von-michael-wendler-bei-bild-laura-wird-an-wendlers-seite-bleiben-73332190.bild.html

RTL distanzierte sich unterdessen nochmals deutlich vom ehemaligen Jury-Mitglied seiner Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS). „Wir lassen uns eine erfolgreiche Show, die Millionen Menschen gerne sehen, sicher nicht von einem Verschwörungstheoretiker vermiesen oder generell vorschreiben, wie und was wir senden“, erklärte RTL-Geschäftsführer Jörg Graf am Freitag.

ppq hat gesagt…

"nicht generell vorschreiben". der mann ist gut, sehr gut. ein ganz ehrlicher typ

Anonym hat gesagt…

Ich verurteile, aber bedaure zugleich, dass Herr Wendler aus der SED ausgetreten ist. Natürlich darf jeder der Partei der Arbeiterklasse den Rücken kehren, das ist schließlich ein freies Land, aber er muss dann auch Widerspruch aushalten.

Angela

Anonym hat gesagt…


Endlich mal ein Promi, der sagt, was er denkt. Er verzichtet auf viel Geld.

https://www.rnd.de/promis/wendler-200000-euro-sollte-er-von-kaufland-fur-regal-song-bekommen-X34OBW7YJCZ3FNWUPE67WOZIWE.html

Den ganzen TV - und Radiomüll kann man doch nur in die Tonne kloppen. Wer guckt eigentlich noch solchen ScheiXX. Nur völlig verblödete Wessis. Ist ja eh' die Mehrzahl. Ossis wohl weniger. Den meisten DDR-Bürgern hat sicher damals kein "Westfernsehen" gefehlt.

Anonym hat gesagt…

kein "Westfernsehen" gefehlt

Je nun. Als meine Sippe Anfang der 80er aus dem Tal der Ahnunglosen nach Buch übersiedelte, mußte ich mir jedes und alles antun. Sogar die Sesamstrasse war därförtiden noch Spitze. Grünwittchen ist von einer Hexe verwunschen, so daß sie, untypisch für Griesgrame, Liebe zur Reinlichkeit entwickelt, und bei den sieben Zwergen die Stube fegt. Fast so gut wie "Das Katzenhaus" oder "Vom Moritz, der kein Schmutzkind mehr sein wollte".
Schmähungen Ossis gegen Wessis oder umgekehrt gehen gar nicht. Eher, laut/nach Lenin: "Geduldig aufklären."

Arminius hat gesagt…

In Sowjetzeiten wurden Dissidenten als Geisteskranke weggesperrt. In Merkelzeiten kann man auf das Wegsperren verzichten.

ppq hat gesagt…

@anmerkung: beruhigenderweise gibt es neuigkeiten, die uns glauben lassen dürfen, dass der zersetzung der gesellschaft durch das schräge paar wirksam und schnell einhalt geboten wird. "Auch Laura verliert eine Show. Nach EXPRESS-Informationen war eine begleitende TVNOW-Sendung zur 18. DSDS Staffel geplant. Arbeitstitel: „Lauras Tagebuch“. Darin sollte die 20-Jährige, die ihrem Schatz während der Dreharbeiten eh nicht von der Seite wich, hinter die Kulissen der Show blicken. Undenkbar, dass diese jetzt noch gesendet wird."

ich verlinke die meldung nicht, denn dort gibt es handgezählte 109 tracker

Die Anmerkung hat gesagt…

@ppq

Auf der 190-Tracker-Seite steht unter dem Titel

Sender zieht gegen Wendler alle Register – auch Laura verliert Show

ganz am Ende.
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"Gleichzeitig kündigte der Sender-Chef an, dass das Thema Verschwörungstheorien in nächster Zeit stärker in den Fokus rücken werde. „Der aktuelle Fall zeigt erneut, dass die Unterhaltungsindustrie besonders anfällig zu sein scheint. Gerade weil wir mit unseren Angeboten sehr viele Menschen erreichen, tragen wir eine besondere Verantwortung und wollen mit Fakten zur Aufklärung beitragen.“"
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Die Unterhaltungsindustrie von Verschwörungstheorikern unterwandert? Der private Proletenfunk kurz vor der Abschaltung? Ich dachte bisher immer, das sei deren Geschäftsgrundlage, Blödsinn im Nebel der Verschwörung zu versenden. Auf einmal ist alles ganz anders? Seit Merkel das Kriegsrecht verhängt hat?

Jodel hat gesagt…

Am Fall Wendler kann man sehr schön sehen, wie sie die Zeiten und der tonangebende Geist doch wandeln.
Vor zwei Generationen hätte der Wendler seine Kariere auf Grund seiner öffentlich gemachten Jung-Mädchen Gespielin in den Sand gesetzt. Wenn man so was machen wollte, dann aber nur unter der Hand. Sein abschwenken von der Regierungslinie hätte man aber wohl Großteils toleriert, zumindest in den intellektuellen Kreisen.

Vor einer Generation wäre wahrscheinlich sogar beides ohne Karriereverlust durchgegangen.

Heute stürzt er über einen eher wirren Kommentar zum aktuellen Zeitgeisttabu. Sein Schatzi wurde bisher dagegen ohne Gesichtsverlust maximal medial ausgeschlachtet.
Und zugleich führt man auch noch die zuletzt vor drei Generationen übliche Sippenhaft wieder mit ein und lässt seine Freundin gleich mit über die Klinge springen. Hoffentlich vergisst man auch nicht noch seiner Tochter zu kündigen, so sie denn einen Job hat. Wenigstens auf diesem Feld herrscht noch deutsche Gründlichkeit.

Fällt den ganzen Wendersippe-Verhinderern, die sich jetzt alle siegestrunken auf die Schulter klopfen, das eigentlich nicht auf. Offensichtlich nicht, denn wir leben ja im besten aller möglichen Deutschländer. Mal in sich gehen und fünf Minuten nachdenken was man
da eigentlich tut ist da schon reaktionär.

Anonym hat gesagt…

Wendler hat den Mut bewiesen, den wir alle nicht haben. Wir tragen weiter die “Maske der Freiheit“ (Söder heute), also Sklaverei ist Freiheit und bald glauben wir auch, Krieg ist Frieden und Unwissenheit bedeutet Stärke!