Mittwoch, 14. Oktober 2020

Trump: Variationen über einen Kuss des US-Präsidenten

"I'll kiss everyone in that audience. I'll kiss the guys and the beautiful women, just give you a big fat kiss", hat er wörtlich gesagt, der amerikanische Präsident, als er seine Wiederauferstehung als Wahlkämpfer in Florida feierte. Einfache Sätze, auch von einem Nicht-Muttersprachler kaum misszuverstehen. Wie Mielkes "Ich liebe euch alle" oder Altmeiers "Kein Arbeitsplatz wird wegen Corona verlorengehen", ist das, was Trump sagt, so gemeint, wie es klingt. Aber es meint nicht das, was es sagt.

Trump hat nicht wirklich vorhat, von der Bühne zu steigen und seine Fans zu küssen. Die deutsche Sozialdemokratie hatte ja auch nie vor, ihren "Zehn-Punkte-Plan für Ostdeutschland" umzusetzen und die Ankündigung der Bundeskanzlerin, man werde binnen 14 Tagen eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage vereinbart haben, setzte nicht auf die eigene Umsetzung, sondern auf die Vergesslichkeit der Medienarbeiter. 

Menschen sagen so vieles, nicht nur in der Politik, und Menschen meinen es so selten. Wer erinnert sich nicht an Whitney Houston, die "I will always love you" sirente, als würde sie ihrem gerade verflossenen Robyn Crawford nachtrauern. Dabei stammte das Lied von Dolly Parton, die damit 20 Jahre zuvor tatsächlich ihrem Partner Porter Wagoner hinterhergeweint hatte.

Das Erstaunliche am Trump-Kuss, der nie stattfand, ist die bunte und äußerst vielfältige Verbreitung, die das angedrohte Massenküssen in Deutschland fand. Kaum ein Medium hierzulande beließ es bei einer schlichten wörtlichen Übersetzung als "Ich komme runter, ich werde jeden im Publikum küssen, ich werde die Jungs und die schönen Frauen küssen, ich gebe euch nur einen dicken fetten Kuss". 

Stattdessen lief die Interpretationsmaschine heiß. Von "ich könnte jeden im Publikum küssen" (Tagesschau) über "ich werde euch allen einen fetten Kuss geben" (Tagesspiegel), über "ich gebe euch einen dicken fetten Kuss" (DPA) bis zu "ich werde allen einen Kuss geben" (n-tv) reicht die Fülle der interpretativen Übersetzungen. Die besten Dichter Deutschlands, natürlich bei der "Tagesschau" zu Hause, nehmen die wörtlichen Zitate Trumps als Aufforderung, sich den Rest auszudenken. Das gelingt erstaunlich gut. Nur nur zwei der acht Worte im Text stammen von Trump, der Rest ist erfunden.

Stille Post rund um den "Kuss des Superspreaders" heißt es beim RND der SPD, bei dem erste Teil der Kussdrohung wörtlich übersetzt wird, der zweite dagegen mit einem kernigen "Kerle" statt des im Original verwendeten und zweifellos nett gemeinten "Jungs" und einem zur Betonung nachgeschobenen "jeden" eine weitere Variation zur Kussberichterstattung hinzufügt. 

Die ist mittlerweile selbst Anlass für eine Welle von Kusswarnungen: Die Süddeutsche Zeitung  macht in einem "Lexikon"-Beitrag deutlich, wie staatsgefährdend küssen derzeit ist. Und auch der staatliche Deutschlandfunk kommt seiner Aufgabe zeitnah nach, womöglich aufkommende Kussgelüste in der Bevölkerung durch die Enthüllung der ganzen Wahrheit über das Küssen im Einklang mit den geltenden Corona-Eindämmungsverordnungen abzukühlen: "Schon im gesunden Zustand wandern 80 Millionen Bakterien vom einen Mund in den anderen - ist die andere Person dann noch krank, bleibt wenig Hoffnung, dabei gesund zu bleiben."


7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Nicht schlecht, aber in den Meldungen kommt nicht recht rüber, was er für ein fremden- und frauenhassender 'Hassprediger' (F-W Steinmeier) ist. Was ist mit unseren Medienschaffenden los? Sparen sie schon das Pulver für nach der Wahl?

ppq hat gesagt…

ist mir auch aufgefallen. seit tagen schon schonen sie ihn. unerträglich

Gerry hat gesagt…

Sie wollen nicht wie letztes Mal am Tag danach wie die ganz Blöden dastehen.

Mark Pilat hat gesagt…

Ein Kuss von Donald Trump? Nein danke!
By the way, ich glaub, dass er damit sagen will, dass man keinen Sicherheitsabstand halten muss.

Anonym hat gesagt…

>By the way, ich glaub, dass er damit sagen will, dass man keinen Sicherheitsabstand halten
>muss.

Das kann sein. Richtiger Journalismus hätte also so aussehen müssen:

TRUMP DER CORONALEUGNER WILL AMERIKA MIT SEINEN VIREN ENDGÜLTIG VERNICHTEN DER IST JA SCHLIMMER ALS ADOLF WENDLER!

Anonym hat gesagt…

OT:
>> Er ist wohl tatsächlich der Meinung, dass es sich beim Koran um ein verstaubtes Geschichtenbuch wie das Alte Testament handele, das heutzutage kaum Wirkung entfalte. <<

Wenn sich der gute Stürzi bezüglich des Alten Testaments, von wegen "kaum", mal nicht irrt. Nun, Irren ist menschlich, im Irrtum zu verharren jedoch teuflisch.

Anonym hat gesagt…

Hi, Donald,

wie immer Schall und Rauch, Bts und Bytes, und null Vertrauen.

Ja, besser so, sie wäre deinem Bild eh nie gerecht geworden..

Dolly