Dienstag, 11. August 2020

Mission Untergang: Jetzt gehts Scholz

Parolenwechsel in der deutschen Sozialdemokratie: Mit minimalem Aufwand in eine neue Ära.

In einem Moment stürzte die SPD-Spitze die Republik noch mit der Ankündigung in Verzweiflung, demnächst mit der früheren SED koalieren zu wollen, die der originären Arbeiterpartei schon einmal das Fell über die Ohren gezogen hatte. Und dann dann: Wie einen Phönix aus der Asche zogen Walter Borjans und seine Co-Vorsitzende Saskia Esken Olaf Scholz, der neuen Kanzlerkandidaten der SPD, eine Frühgeburt, die allen Konkurrenten für einen magischen Augenblick die Show stahl.

Sie können es noch im Willy-Brandt-Haus, wo sie dem Finanzminister bei der Kür zum Parteivorsitzenden noch den Stuhl vor die Tür gestellt hatten. Doch wer hätte es machen sollen? Die beiden Parteichefs gelten eher als Denker im Hintergrund, sie sind Theoretiker der Macht, aber keine Macher. Hubertus Heil, Franziska Giffey, Rudolf Mützenich und Lars Klingbeil gelten als junge Wilde, die eines Tages Großes bewegen werden. Aber nicht jetzt. Und Kevin Kühnert, der Hoffnungsträger der gesamten deutschen Linken, muss erst mal in den Bundestag, ehe er sich an die Spitze einer erneuerten und erstarkten Arbeiterbewegung stellen wird.

Die SPD wusste immer wie


Die SPD aber war schon immer eine Partei, die nicht wusste, worum sie kämpft, aber immer, wie. Zur Bundestagswahl 2005 etwa fuhr sie noch traumhafte 34,2 Prozent der Wählerstimmen ein und ergatterte damit 222 Bundestagsmandate. Sie nutze diese Kraft, um erst einmal vorzusorgen: Als der Stimmenanteil der Partei 2017 nach der herausragenden Wahlkampagne des Ausnahmekandidaten Martin Schulz auf nur noch 20,5 Prozent gefallen war, hatte die SPD zwar nur noch 59 Prozent der Stimmen erreicht, aber dank des weitsichtig geschnittenen deutschen Wahlrechtes immer noch ein Anrecht auf 153 Sitze, die 68 Prozent der Mandate von 2005 entsprechen.

So sorgt man im politischen Abnutzungskampf für sich selbst, für seine Funktionäre und damit für das ganze Land. Olaf Scholz als Spitzenkandidat einer Schwundpartei, die vielerorts schon für die Chuzpe verlacht wird, überhaupt einen "Kanzlerkandidaten" aufzustellen, ist so gesehen der richtige Mann am richtigen Ort. Nachdem die deutsche Sozialdemokratie nach dem Rauswurf von Gerhard Schröder ein halbes Dutzend Vorsitzende verschlissen hat, die Jahr für Jahr eine neue Ära der Erneuerung ausriefen, ehe sie ihr Täschchen packten, soll es nun der letzte noch aktive Spitzenmann der Schröder-Zeit richten: Scholz` Aufgabe ist dabei natürlich nicht die Eroberung des Kanzleramtes, sondern die Abwendung einer erneuten erneuten historischen Niederlage, die letztlich drohte, die SPD als Ganzes als überlebtes Parteiprojekt aus einem vergangenen Jahrhundert zu enttarnen.

Wozu noch Sozialdemokratie


Wenn alle links sind, und die meisten moderat links, wozu dann noch eine sozialdemokratische Partei? Wenn die CDU die Politik macht, die die SPD machen würde, gäbe es die CDU nicht schon, mit welchen Angeboten soll die älteste deutsche Partei dann die Jüngeren locken? Denen die Grünen doch im Zweifel das bessere Gefühl geben, zurecht gestraft zu werden? Scholzens Glück sind die schlechten Umfragewerte seiner Partei, die das neue Führungsduo Esken/Borjans noch einmal Sympathien gekostet hat. Dank der Billionen, die der 62-jährige Hamburger dank Corona als Finanzminister im Lande verteilen darf, gilt Scholz als so beliebt, dass es zuweilen scheint, er hole die Unsummen für den "Wumms" aus seinem privaten Sparstrumpf.

So einer ist natürlich erste Wahl für eine Partei, die niemanden sonst vorzuweisen hat, der außerhalb der kleinen Twitterkreise des politischen Berlin überhaupt irgendeine Art von Bekanntheit vorweisen kann. Scholz selbst scheint sich über seine Mission nicht ganz klar zu sein, in ersten Interviews sprach von Wahlergebnissen, die mal gut und mal schlecht ausfallen würden, was er ändern wolle. Auch ließ er den magischen Begriff der "neuen Ära" fallen, den jeder SPD-Spitzenvertreter im Schlaf abrufen können muss, er verzichtete jedoch darauf, wie der mittlerweile abgetauchte Martin Schulz Begeisterung bei irgendwem auszulösen.

Euphorie überflüssig


Scholz' Mission macht Euphorie von Anfang an überflüssig. Es geht ums Durchhalten bis zum Wahltag, bestenfalls um ein Ergebnis, das der SPD Optionen auf eine weitere Beteiligung an der Macht lässt. Oder vielleicht auch, Esken und Borjans mögen weiter denken als ihre Aussagen vermuten lassen, um einen Abschied von der Macht, für den dann jemand verantwortlich sein muss. Scholz mag das wissen, er hat immerhin mehr als 20 Jahre in der politischen Bundesliga hinter sich.

Dass er sich von seinen beiden bundesweit nach wie vor weitgehend unbekannten und in der breiten Öffentlichkeit unbeliebten linken Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans missbraucht fühlt, sagte der ehemalige Juso, der als junger Mann „die Überwindung der kapitalistischen Ökonomie" anstrebte, nicht.

Für ihn, den letzten Schrödianer in einer Partei, die mittlerweile problemlos mit der Linken zu einer neuen PDS fusionieren könnte, ist der Weg das Ziel. Scholz will nicht die Basis der SPD begeistern, nicht Euphorie bei den Medien auslösen wie Vorgänger Schulz oder tatsächlich irgendwen glauben machen, dass er davon überzeugt sei, auf seine trockene, langweilige Art in 13 Monaten doppelt so viel Wählerinnen und Wähler wie zuletzt überzeugen zu können, ein Kreuzchen bei einer Partei zu machen, die ihnen fortwährend ans Geld will.

Nein, Scholz möchte am Ende einer langen politischen Karriere einfach nur sein, was er jetzt ist: Der Kanzlerkandidat eines Parteivorstandes, der keinen anderen gefunden hat und deshalb auf typisch sozialdemokratische Art im Hinterzimmer beschlossen hat, dann eben den zu nehmen, der sich durch den bizarren Titel noch geehrt fühlen wird

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

-SPD Wahlprogramm Entwurf-
Mehr Kampf gegen Rechts als die anderen!
Mehr Antirassismus als die anderen!
Mehr Klimaschutz als die anderen!
Mehr Billionenschulden als die anderen!

Olaf

Anonym hat gesagt…

Guter Mann dieser Schulz. Scholz. Endlich mal ein frisches Gesicht. Das vielversprechendste Polittalent seit Uwe Barschel.

Hase, du bleibst hier... hat gesagt…

Offensichtlich von der Qualitätspresse vergessen, mitzuteilen...

https://www.epochtimes.de/meinung/gastkommentar/das-ende-des-derzeitigen-finanz-und-wirtschaftssystems-us-praesident-trump-setzt-lohnsteuer-aus-a3310816.html?utm_source=Meistgelesen&utm_medium=InternalLink&utm_campaign=ETD

Ein Knaller, wie ich finde.