Eigentlich ganz einfach: Dank der Corona-Regeln war der Bundestag plötzlich nur noch halb so groß. |
Es geht doch! Seit Jahren beteuerten alle Parteien, den Bundestag verkleinern zu wollen, um damit endlich wieder zu einem verfassungsmäßigen Wahlrecht zu kommen. Das Bundesverfassungsgericht hatte vor nunmehr acht Jahren genau das gefordert, zweimal wurde seitdem nach Regeln gewählt, die den Bundestag zwar immer größer machten, ihn aber verfassungsrechtlich auf wackligen Füßen stehen lassen. Viel wurde versprochen. Viele Bundestagspräsidenten waren optimistisch. 14 Monate vor der nächsten Bundestagswahl aber schien eine Einigung kaum mehr möglich, denn nun endlich wird die Zeit knapp und eine Wahlrechtsreform könnte mit diesem Argument ein weiteres Mal verschoben werden.
Allerdings geschah dann dieses Corona-Wunder, kaum beachtet, obwohl im Parlamentsfernsehen live ausgestrahlt. Der Bundestag, nach der chinesischen Volkskammer weltweit zweitgrößten Parlaments und zugleich größte demokratische Volksvertretung globusweit, tagte pflichtgemäß. Aber in verringerter Stärke. Obwohl dem 19. Deutschen Bundestag 709 Abgeordnete angehören - fast 80 mehr als dem letzten und 111 mehr eigentlich vorgesehen - nahmen an den letzten Sitzungen nur knapp halb so viele Parlamentarier teil.
Jeder zweite Sitz blieb frei - doch die Einigung auf eine Wahlrechtsänderung, die eine weitere Vergrößerung des Bundestags verhindern soll, scheint nunmehr verzichtbar: Statt das Wahlrecht mit seinen undurchschaubaren Ausgleichsmechanismen von Überhang- und Ausgleichsmandaten aufwendig zu ändern, um einen weiteren Anstieg der Zahl der Abgeordneten auf bis zu 850 zu verhindern, ließe sich der nächste Bundestag deutlich verkleinern, wenn sich die Parteien auf grundsätzliche Corona-Regeln einigen.
Jeder zweite gewählte Volksvertreter bleibt zu Hause und wird adäquat zu den Regeln für den einstweiligen Ruhestand im öffentlichen Dienst bezahlt. Der Staat sparte dadurch zwar nicht die vollen Diäten von von rund 120.000 Euro im Jahr, aber immerhin die Aufwendungen für Büroausstattung, teure Bahnfahrkarten, Flüge, Mieten für Abgeordnetenbüros und Mitarbeiter.
Da in Fernseh-Talkshows ohnehin stets nur eine Auswahl von etwa 37 Abgeordnetseienden auftritt, könnte diese Lösung den gordischen Knoten durchschlagen, der die Parteien seit nahezu einem Jahrzehnt daran hindert, sich auf eine Verkleinerung des Parlament zu einigen. Bisher war das an der Angst aller Beteiligten gescheitert, durch die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Neuregelung selbst Mandate zu verlieren. Deshalb hatte die SPD zuletzt Garantiezahl von 690 Abgeordneten als gesetzliche Festlegung gefordert. Parteien wie die CDU, die noch direkt gewählte Abgeordnete in ihren Reihen haben, hätten danach verfassungswidrig auf Direktmandate verzichten sollen. Die SPD hoffte einerseits, mit einer solchen Lösung bis zu einer erneuten Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht in etwa sieben Jahren auf der sicheren Seite zu sein. Andererseits ist der Parteiführung klar, dass CDU und CSU einer solchen Reform nie zustimmen werden.
In der sich daraus ergebenden gegenseitigen Blockierung haben sich SPD und Union seit vielen Jahren bequem eingerichtet. Auch die drei Oppositionsparteien können mit dieser Blockade so gut leben, dass sie mit einem Vorschlag zur Verringerung der Zahl der Wahlkreise von 299 auf nur noch 250 direkt auf die Menge der Direktmandate zielten, die CDU, CSU und SPD treffen würde, kaum aber Grüne, AfD, FDP und Linke. Eine „offenkundige Obstruktion“, wie die FDP zugegeben hat, und zwar aller Parteien gegen alle zum Nutzen aller. Bis nach der Sommerpause muss diese Strategie noch halten, danach wird die Zeit zu gering sein, um noch eine Wahlrechtsänderung ins Werk zu setzen und auch der nächste Bundestag kann nach nicht grundgesetzkonformen Regeln gewählt werden.
3 Kommentare:
Die Gesamtsumme der Diäten und AUfwandsentschädigungen einfrieren bis es zu einer Lösung gekommen ist. Kommt diese nicht, so wird diese fixe Summe eben auf mehr Abgeordnete verteilt. Könnte beschleunigend wirken.
Wenn wir das Könnte-Spiel spielen: Weg mit den Listen, die intrigante Stiefellecker bevorzugen, und 100% direkte Kandidatenwahl wie zB bei den Brexit-Nazis.
Europa mit Null Kraft.
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https://twitter.com/FantaAlexx/status/1277502808695111686
Alexander Fanta @FantaAlexx
On this day 11 years ago, the European Commission promised a unified charger for all smartphones. This never happened. Here is the reason why.
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