Auf einmal geht es ganz schnell, auf einmal sind Dinge machbar, die eben noch niemand zu denken wagte. Imperien fallen, wenigstens im Nachhinein und in der traurigen Gestalt der monströsen Monumente ihrer ehemaligen Protagonisten. Das Denken verändert sich und die Sensibilität dafür, welchen Einfluss Sprache auf das Handeln von Menschen nimmt, wächst exponentiell. So schnell, wie Corona aus dem Medienalltag verschwand, so schnell tauchte der neue Topos des augenblicklich und mit aller Kraft zu führenden Kampfes gegen den Rassismus in allen seinen trickreichen Spielarten auf. Eben noch wussten viele nicht einmal, dass es Kosmetikartikel für Schwarze gibt. Nun aber ist bekannt, dass die Ladenkette Walmart in den USA zwölf Filialen betreibt, die eben diese speziellen multikulturellen Pflegeprodukte künftig nicht mehr in rassistischen Glasvitrinen, sondern in ganz normalen Regalen anbieten werden.
Ein kleiner Griff für Ladendiebe, ein großes Vorbild für deutsche Supermärkte, die Rasierende ebenso diskriminieren wie Rauchende, indem sie deren Wunschware wegschließen, wohingegen sie Käsemögende, Biertrinkwollende und Süßigkeitenessenzuwollenentschlossene durch die Präsentation der entsprechenden Artikel in offenen Aufstellern gerade zu herausfordern, zuzugreifen.
Ranküner Rassismus, versteckt hinter der treusorgenden Maske eines aus dem Ruder gelaufenen Marketings, das innere Einstellungen verrät, die aus einer tiefen und dunklen Vergangenheit stammen. Jetzt erst, wo die Medienwelt und die Politik, aber auch die Heerscharen von engagierten Aktivisten weltweit so dringend auf der Suche nach einem Thema sind, mit dem sich die coronamüde Zivilgesellschaft hinter dem Quarantäneofen hervorlocken lässt, beginnen umfassende Umbauarbeiten, die nicht an Symptomen doktern, sondern Sprache berichtigen, um richtiges Denken zu ermöglichen. Abraham Lincoln, prangert er heute an, dass "der Neger immer noch nicht frei" ist, er müsste mindestens mit einem Shitstorm rechnen. So nicht, Herr Präsident.
Das alternative Plattenlabel One Little Indian marschiert ganz vorn, dort, wo die Trompeten der hyperventilierenden Selbstreflektion des Abendlandes zum Tanz tröten. 1985, als Derek und Sue Birkett und Tim Kelly die Firma gründeten, war "Indian" noch ein Sehnsuchtsbegriff vieler Kinder. Rothäute! Majestätische Rebellen in Federschmuck und Lendenschurz. Damals sang Thommy Bayer "Heut' gibt es keine Indianer mehr", erst jetzt aber ist es wirklich soweit: One Little Indian, Home of Bjrök, Sinéad O’Connor, Skunk Anansie und Black Box Recorder, hat sich in One Little Independent umbenannt, um nicht länger mehr die Ureinwohner Amerikas durch die Verbindung ihres - durch das berühmte Kolumbussche Missverständnis von außen aufoktruierten - Falschnamens "Indians" mit irgendwelcher Hottentottenmusik in Mithaftung zu nehmen.
35 Jahre hat es gedauert, gerade rechtzeitig vor dem Eintritt bleibender Schäden kommt der Namenswechsel weg vom "Indianer", dem die Labelbetreiber jetzt endlich eine lange Geschichte von Gewalttätigkeit abzulauschen vermögen. Aber zum Glück für die Welt ist diese sprachliche Neuregelung nicht die einzige. Auch bei der Grammy-Jury ist die Botschaft angekommen, das die Verwendung von Begriffen, die für bestimmte Sachverhalte oder Gegenstände oder Zusammenhänge genutzt werden, schnell die Gewohnheit entwickeln, falsche Assoziationen hervorzurufen.
Der Begriff "Urban" etwa, über viele Jahre hinweg bis in beste Bionadekreise bedenkenlos in einem fortschrittlich gemeinten Sinn genutzt, stieß der Black Music Coalition schon länger übel auf. "Urban", von der Musikindustrie genutzt, um Rap und Hiphop marktgängig zu umschreiben, war von Stars wie Billie Eilish and Tyler, the Creator als "politisch korrekter Weg, Nigger zu sagen" kritisiert worden. Die Grammy-Organisatoren reagierten nun und beschlossen, als neuen politisch korrekten Weg dazu den Begriff "black" zu nutzen. "Urban", lange einfach als "städtisch" übersetzt, sei ein "Wort, das in 2020 keinen Platz mehr hat", hieß es dazu.
Black is beautiful, die Hinterlassenschaft früherer Generationen aber, die einen beklagenswerten Blick auf die großen Menschheitsfragen der heutigen Zeit hatten, ist es nicht. Mit gerade zerstörerischer Energie produzierten ihre Angehörigseienden Weltliteratur auf Hatespeech-Niveau, sie malten entsetzliche Comics und sie errichteten urbane Bauten, um sie nach empörenden Büchern zu benennen. Es fehlt an Vokabeln, das Grauen zu bezeichnen, denn was beim Grammy dazu führt, etwas endlich "black" zu nennen, veranlasst Google zeitgleich, den Begriff zu verbannen.
Wie sprechen, was sagen? Die Verwirrung ist groß, weil das Erkennen der Notwendigkeit, alles auf den Prüfstand zu stellen und Worte auf blacklists zu stellen, die nun allerdings blocklists heißen, während andere auf whitelists landen, die als allowlists ohne die Assoziation zu einer Farbe auskommen müssen, verlangt, dass beständig nachreguliert und nachgeschärft wird. Korrektes Sprechen verursacht gutes Denken, die Existenz falscher Worte dagegen bedroht die gerechte Sache. Und immer, wenn ein Ziel erreicht und ein Begriff durch einen neuen ersetzt worden ist, entsteht durch dessen missbräuchliche Verwendung zur Bezeichnung derselben Sache bald wieder ein moralischer Verschleiß, der die Notwendigkeit mit sich bringt, ihn erneut gegen einen neuen, frischen und unverbrauchten auszutauschen.
Der Indianer musste sterben, damit der Indigene Lebensraum bekam, ehe er seinerseits als allzu plumpe Übersetzung des kolonialen Begriff "Ureinwohner" des Saales verwiesen wurde. Die, die das waren, bezeichnen sich heute selbst als Native Americans oder Natives – übersetzt Ureinwohner oder auch Einheimische.
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7 Kommentare:
"ard Presseclub" : wissenschaftlich gesehen gibt es keine unterschiedlichen Ethnien ( "Rasse" wollen wir ja nicht mehr sagen (Betonung auf "wir" ) .
nun ja - aber es gibt viele verschiedene Neger , NegerInnen und Neger*s , außerdem gibt es problematische Schokoschlecknegerkinder die immer wieder das Schokoprodukt im HO öffnen .
Ein völlig hoffnungsloses Unterfangen. Das Wort "Männer" beispielsweise ist beim Leser noch gar nicht in der Sehrinde angekommen, da hat es sich schon verwandelt in "Ausländer".
Jetzt bringt das Kindermagazin schon diese Geschichten. Das erinnert an Abdulalh, der schon fünfmal auf der Polizei war, um die Geldbörsen abzugeben, die er im Bus fand.
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Proteste in London
Schwarzer Aktivist rettet rechten Gegendemonstranten
Hat das Bundesdenkmalamt Wochenende? Die Liste für die matternden Mitbürger, welche Denkmäler geschleift werden müssen, sollte doch längst fertig sein. In Berlin haben sie schon mal angefangen.
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117rbbtextSo 14.06.2018:53:29
rbb24 Politik/Gesellschaft
Denkmal für Homosexuelle beschädigt
Das Denkmal für die im Nationalsozia-
lismus verfolgten Homosexuellen in Ber-
lin-Mitte ist beschädigt worden.
Wie die Stiftung Denkmal für die ermor-
deten Juden Europas mitteilte, wurde
die Glasscheibe, durch die man einen
Film mit einer gleichgeschlechtlichen
Liebesszene sehen kann, zerstört. Nach
ersten Erkenntnissen hat ein Fahrrad-
fahrer zwei Flaschen gegen das Denkmal
geworfen, wie ein Polizeisprecher sag-
te. Der Verdächtige sei geflüchtet.
Der polizeiliche Staatsschutz ermit-
telt. Es werden auch Aufnahmen einer
Überwachungskamera ausgewertet.
Der Verdächtige sei geflüchtet.
Ein Geflüchteter. 1. Ich war es nicht und 2. Mögen sie ihn nimmer erwischen.
Die PPQ-Spione beim Bundesdenkmalamt im Tiefschlaf? In Deutschland werden auch matternde Denkmäler marodiert. Ein bißchen Judensau geht immer, sagt die Denkmalbehörde.
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https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/judensau-streit-in-calbe-behoerde-zwingt-kirche-relief-wieder-aufzuhaengen-71264438.bild.html
„JUDENSAU“-STREIT IN CALBE
Denkmalbehörde zwingt Kirche, Relief wieder aufzuhängen
Die Denkmalschutz-Behörde besteht gegen den Willen der betroffenen evangelischen Gemeinde darauf, dass an einem Pfeiler der St. Stephani-Kirche in Calbe (Sachsen-Anhalt, 15. Jahrhundert) eine antisemitische „Judensau“-Figur angebracht bleibt. Das Relief aus dem Hochmittelalter stellt einen Juden dar, der einer Sau das Hinterteil küsst. Trotz des beleidigenden Charakters steht die Figur unter Denkmalschutz.
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Nix da mit Schleifen.
Was ist den mit den Rechten der kleinen Independents? Denkt an die gar niemand? Hier wäre Umbenennung in Label ohne Namen deutlich besser gewesen. Auch "Ethnie ohne irgendeinen Namen" böte sich hier für die ehemaligen Farbigen an. "Ethnie mit gar keinem Namen" wären dann die ehemaligen Indianer. "Ethnie ohne weitere Bedeutung" könnten dann die Eskimos übernehmen.
Falls das gewünscht wird, wäre ich noch zusätzlich bereit "Etnie" durch "die" zu ersetzen.
Dann sollte es aber doch für alle ok sein. So könnten wir vielleicht wenigstens einmal ein paar Jahre ohne weitere Neuettiketierung auskommen.
Ich bin mal gespannt wie weit der Kotau von Wirtschaft und Politik vor diesen außer Rand und Band geratenen Anti-Rassismus-Fanatikern noch geht. Immer wenn man denkt, jetzt ist aber der Boden erreicht, findet sich jemand der sich noch viel tiefer in den Schlamm werfen kann als das bis jetzt für möglich gehalten wurde.
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