Früher wurde noch outdoor gefeiert, inzwischen ist der 1. Mai eine Wohnzimmerveranstaltung geworden. |
Die Sehnsucht der Werktätigen Massen nach einem eigenen arbeitsfreien Tag, sie erfüllte sich nicht im ersten Anlauf und nicht erst, als Corona ganze Monate arbeitsfrei stellte. Zwar beschloss die Weimarer Nationalversammlung schon am 15. April 1919 kurzfristig, den 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag zu machen. Doch wie bei der Frauenquote hundert Jahre später ging das Gesetz einem Teil der Parlamentarier nicht weit genug, einem anderen aber viel zu weit.
Ein starker Mann musste entscheiden und Einigkeit von oben herstellen. Adolf Hitler, heute vor allem als Dauergast im Gemeinsinnfunk bekannt, ließ sich nicht lange bitten. Nur wenige Monate nach seinem Amtsantritt erließ er das Reichsgesetz vom 10. April 1933, mit dem der 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag erklärt wurde. Einmalig erhielt er den offiziellen Namen "Feiertag der nationalen Arbeit". Am Tag darauf wurden die Gewerkschaften verboten und ein Jahr später änderte sich der Name dann zu „Nationaler Feiertag des deutschen Volkes“.
Seitdem hat der 1. Mai eine Erfolgsgeschichte geschrieben, indem er über alle Ideologien, religiösen Vorlieben und weltanschaulichen Differenzen obsiegte. Wer auch immer kam, um Deutschland zu regieren, an Hitlers Gute-Laune-Geschenk an die Massen, an Biergartenbetreiber und Brückentagsurlauber wagte niemand zu rütteln.
Der Alliierte Kontrollrat bestätigte den freien Tag, die SED machte ihn zum „Internationalen Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus“, die 16 Bundesländer im Westen - gesetzlich 16-fach zuständig - erklärten ihn wie von Zauberhand allesamt zum gesetzlichen Feiertag, als gelte es nicht, mit Hilfe möglichst vieler möglichst detailreich abweichender unterschiedlicher Regelungen zu beweisen, dass der Förderalismus lebt, der schon seit Jahrzehnten einen stillen, unbeachteten Tod stirbt..
Immerhin: Die amtliche Bezeichnung des von Führers Feiertages gehorcht strengen, föderalen Vorgaben. Nordrhein-Westfalen etwa nennt den 1. Mai offiziell „Tag des Bekenntnisses zu Freiheit und Frieden, sozialer Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde“. In Sachsen-Anhalt heißt er fantasievoll "1.Mai", in Sachsen dagegen "Tag der Arbeit" und in Berlin, wo inzwischen mit 42,6 Prozent nur noch eine Minderheit der arbeitsfähigen Bevölkerung einer regelmäßigen Arbeit nachgeht, wird Hitlers "Feiertag der nationalen Arbeit" als "Revolutionärer 1. Mai" gefeiert. Manche Dinge ändern sich nie, nicht einmal in "Corona-Zeiten" (DPA). Berlin wird wie üblich vollvermummt und von tausenden Polizisten beschützt zusammenkommen, um den Höhepunkt im proletarischen Kalender zünftig zu begehen.
1 Kommentar:
„Tag des Bekenntnisses zu Freiheit und Frieden, sozialer Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde“
'Tag der Arbeit' funktioniert ja seit langem nicht mehr so gut, da die Mehrheit der Wähler der 'Altparteien' (C. Roth) nicht arbeitet.
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