Neue deutsche Normalität: Wenn alle daheim bleiben, idealerweise im Bett,hilft das auch dem Klima. |
Um bis zu sechs Prozent sei der Ausstoß an Klimagasen infolge der weltweiten Produktionseinstellungen gesunken, Experten rechnen insgesamt mit bis zu 100 Millionen Tonnen weniger Kohlendioxidausstoß durch Corona. "Die Luft ist sauberer, wir verbrauchen weniger Energie", jubiliert es in den Medien. Politiker sind hoffnungsfroh, im Gemeinsinnfunk wird über Möglichkeiten nachgedacht, die Entwicklung nachhaltig zu gestalten.
Das Virus, das rettet
Warum nicht gleich so? Weshalb musste erst ein häufig tödliches Virus kommen, nach Angaben von Papst Franziskus wie ein Zeichen Gottes, damit der Mensch sich in Demut verneigt und endlich einsieht: Ja, ein dauerhaftes Umdenken ist notwendig, es kann kein Zuürck geben in die Zeiten, als Wohlstand wucherte wie ein Baumpilz, der drohte, nach und nach alle Weltregionen, Länder und Menschen zu befallen.
Für Menschen, die seit Jahren und oft sogar Jahrzehnten in der unbestimmten Angst leben, noch zu ihren Lebzeiten werde und müsse es aus dem einen oder anderen Grund zum Untergang der Menschheit kommen, bringt Corona Entsetzen und Aufatmen zugleich. Niemals zuvor seit dem Anfang des II. Weltkrieges stand die Welt so nahe vor der Erfüllung der großen Dystopien der Literatur. Demokratische Grundrechte wurden binnen weniger Tage aufgehoben, Millionen fanden sich eingesperrt wieder aufgrund bloßer "Verordnungen", dem Hausaufgabenhefteintrag der Weltpolitik. Gleichzeitig aber ging das Leben weiter, nun nur mit Klimaverbrechen auf Halbflamme.
Es zeigte sich, zumindest für die, die genau hinschauten, dass ein Leben ohne Wirtschaft, ohne Verkehr und Büroarbeit möglich ist. Die Bundesregierung kann entsprechende Hilfen beschließen, so dass sich Wertschöpfung weitgehend erübrigt. Die Läden sind dennoch voll, niemand muss hungern, keiner leidet Durst oder hat nichts Anzuziehen. Jedoch profitiert Mutter Erde spürbar von der nahezu vollständigen Einstellung des Flugbetriebes, dem Lockdown der Industrie, der Schließung der Schulen, Fitnessstudios, Kneipen und Kinos. Immer ist der Himmel nun blau, die Sonne stahlt zufrieden herab auf eine Menschheit, die dank Corona nun doch gerade noch so die Kurve zu bekommen scheint.
Sechs Prozent reichen nicht
Sechs Prozent weniger Treibhausgase sind aber nur ein Anfang, ein Einstieg in den Ausstieg. Das Klimagift CO2 hat, im Vergleich zu den meisten anderen klimarelevanten Stoffen, eine lange Verweilzeit in der Atmosphäre: Etwa die Hälfte aller CO2-Emissionen wird von der Biosphäre und den Ozeanen aufgenommen, die andere Hälfte reichert sich über viele, viele hundert Jahre in der Atmosphäre an. Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, wie es sich die Weltgemeinschaft zuletzt im Pariser Klimavertrag zum Ziel gesetzt hat, um das Maß der Erderwärmung bis zum Jahr 2100 auf dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung einzufrieren, erfordert bedeutend größere Anstrengungen bei der Stilllegung der Wirtschaft und der Begrenzung des öffentlichen Lebens auf das Notwendigste.
Fast 50 Prozent der Firmen plant inzwischen, demnächst Kurzarbeit zu fahren. Einen Stellenabbau planten in der Industrie und bei den Dienstleistern jeweils 20 Prozent, im Handel 15 Prozent und nur zwei Prozent auf dem Bau. Doch ist das genug? Reicht das wirklich aus?
Zwar würde Deutschland sein Klimaziel für Ende 2020 dank der konsequenten Coronisierung der Wirtschaftstätigkeit wohl erreichen - eine Premiere, denn alle bisherigen Klimaziele hatte das Klimakernland Europas verfehlt. Doch um wie geplant einen Anstieg der globalen Temperaturen um ein weiteres Grad Celsius zu vermeiden, müssten die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2050 nicht um sechs und nicht um 16, sondern um mindestens 50 Prozent sinken. Wobei die Industrieländer den geltenden Abmachungen zufolge insgesamt etwa 80 bis 95 Prozent der Minderung beizusteuern hätten.
Da sich alle Zahlen auf das Ausgangsjahr 1990 beziehen, müsste Deutschland auf die in den 30 Jahren bis Ende 2020 erreichte Verminderung von 40 Prozent in den 30 Jahren bis 2050 noch einmal dieselbe Menge an CO2-Vermeidung draufsetzen. Plus einen Schnaps extra und ungeachtet der Tatsache, dass der Aufwand zur Erreichung des Endziels je höher wird, je näher es rückt.
Sechs Prozent "CO2-Verbrauch" (Malu Dreyer) hat der teilweise Zusammenbruch der Weltwirtschaft durch Corona eingespart, das scheint viel und es scheint vielversprechend. Doch deutlich mehr als das Sechsfache dieser Menge fehlt noch zum Ziel der Pariser Verträge, das zu Erreichen sich die Staatenlenker vor fünf Jahren in die Hand versprochen haben. Bis kurz vor Corona hatten nur ganze 16 von 195 Unterzeichnerstaaten ihre Klimaziele erreicht, und zwar Algerien, Äthiopien, Costa Rica, Guatemala, Indonesien, Japan, Kanada, Mazedonien, Malaysia, Montenegro, Norwegen, Papua-Neuguinea, Peru, Samoa, Singapur und Tonga. Ein EU-Mitgliedsstaat war nicht dabei, weshalb die Wertegemeinschaft zumindest symbolisch reagierte und ihre Ziele ein weiteres Mal verschärfte.
1 Kommentar:
Warum haben die beiden jungen Menschen auf dem Werbefoto eine Feinstaubschleuder im Setting zugelassen? Das hätte ihnen, vor allem aber dem unverantwortlichen Producer der Werbung, dem Fotografen, der Stylistin und dem Grafiker, der die Fotos herstellt, weil der Fotograf nur fotografiert, warum ist also dieser tödliche Ausfluß menschlichen Erfindergeistes da mit drin?
It's the holzofen, stupid. Schreibt Kachelmann immer an dieser Stelle, wenn es die Dieselautos und ihre Fahrer zu marginalisieren und aus der Gesellschaft vernunftbegabter Demokratenwesen auszugrenzen gilt. Dabei sind nur die wenigsten davon den Juden.
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