Montag, 16. März 2020

Forbes vs. Merkel: Das deutsche Fieber

Mit dem bekannten Corona-Handschlag versprachen sich Olaf Scholz und Peter Altmaier, alles zu tun.

Die Lage ist im Griff, das Land heruntergefahren auf einen kryokonservierten Zustand, der arterhaltend, aber alternativlos ist. Während US-Präsident Donald Trump wie immer alles falsch macht, was es in einer beliebigen Lage falschzumachen gibt, reagiert Deutschland angemessen, abgewogen und richtig auf die Herausforderungen der Situation. Trump greift zu den Rezepten der Vergangenheit, er schließt Grenzen und sperrt kaltlächelnd Menschen aus. Deutschland zeigt, dass es auch anders geht und schließt Grenzen, um genau das zu beweisen.


Dass us-amerikanische Medienunternehmen deshalb so gar nicht einverstanden sind mit der Politik der ruhigen Hand, mit der es Angela Merkel bisher gelungen ist, das Staatsschiff auf Kurs zu halten, ist naheliegend. Doch dass das Magazin, das die Deutsche zuletzt regelmäßig zur "Mächtigsten Frau der Welt" gekürt hatte, mit einem Text vorprescht, der Merkels ganze  Coronavirus-Infektionsvorhersage "falsch" nennt, nur weil deren Projektion einer 70-prozentigen Durchseuchung mit mehr als einer Million Todesopfern kalkuliert, ist mehr als ein Ausrutscher: Womöglich steckt dahinter ein Plan, den letzten Hort verbaler europäischer Solidarität zu schleifen.

PPQ dokumentiert den Text von Kenneth Rapoza.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte heute, dass zwei Drittel Deutschlands mit dem neuen Coronavirus COVID-19 infiziert werden könnten - und das sei noch nicht der schlimmste Fall. Gleichwohl wäre es ein apokalyptisches Szenario, das folgen würde, wenn Regierung und Einzelpersonen keinerlei Maßnahmen treffen würden. Dann, so offenbar rechnet Merkel, würde das das Virus in Deutschland länger grassieren als in China, der Heimat der Krankheit.

An der Wall Street wurde Merkels Einschätzung "unverantwortlich" genannt. Wenn zwei Drittel der 83,7 Millionen Einwohner Deutschlands mit dem Coronavirus infiziert würden, würde das bedeuten, dass 55,2 Millionen Menschen daran erkrankten.

Nimmt man die italienische Sterblichkeitsrate für die Krankheit, die derzeit bei 6,2 Prozent liegt, basierend auf den Daten der Johns-Hopkins-Universität über die gesamten bestätigten Fälle und Todesfälle, dann werden 3,4 Millionen Deutsche sterben. Das sind mehr Opfer als  deutsche Soldaten im Ersten Weltkrieg getötet wurden.

Zum Vergleich: In China starben nur 3.162 Menschen an den durch die Infektion verursachten Atemwegsproblemen.

Nur wenn China lügt


Selbst wenn man davon ausgeht, dass China um den Faktor 100 lügt, dann sind 316.200 Chinesen gestorben. Doch wenn das wahr wäre, dann hätten Ausländer, die in Peking arbeiten, inzwischen davon gehört, dass Freunde und Familie sterben und die staatlichen Medien dies vertuschen. Ohne kulturelle oder politische Verpflichtung zum Schweigen würden sie aus dem Land fliehen, aus Angst, sich als Nächste mit der Krankheit anzustecken. Daheim würden sie der Welt erzählen, dass China die Zahl der Toten massiv untertreibt.

Das ist nicht der Fall.

In der Provinz Hubei, in der all dies bereits im Dezember begann, gibt es bis heute 15.593 Todesfälle. Über 61.000 Menschen haben sich bereits von der Erkrankung erholt. Insgesamt haben sich in China etwa 81.000 Menschen mit dem mysteriösen und sich schnell ausbreitenden Coronavirus infiziert. Das sind etwa 0,005 Prozent der Bevölkerung.

Auch in Hubei, einer Provinz mit 58,5 Millionen Einwohnern, wurden offiziell nur etwa 70.000 Menschen infiziert, das sind 0,12 Prozent der Bevölkerung. Selbst wenn diese Zahlen um den Faktor 100 abwichen, sich also sieben Millionen Menschen infiziert hätte und nicht wie offiziell mitgeteilt 70.000, würde sich die Infektionsrate der Provinz nur auf 11,9 Prozent erhöhen.

"Angela Merkel wandte die statische Worst-Case-Logik an, was bedeutet, dass niemand sein Verhalten ändert und es nicht verschwindet", sagt Brian McCarthy, Leiter von Macrolens, einer Investment-Research-Firma in Stamford, Connecticut. "Wenn niemand etwas tun würde, um für sich selbst zu sorgen, und wenn Deutschland nichts tut, dann würde schließlich ein sehr großer Teil es bekommen, aber es ist unrealistisch. Wir wissen, dass Verhaltensänderungen die Kurve in dieser Frage abflachen werden, und das geschieht in China. Es wird teuer sein, und wir sehen, wie teuer es auf den Märkten ist", sagt er.

"Sie muss diese Zahlen von jemandem irgendwo her bekommen haben", sagt Philipp Carlsson-Szlezak, Chefökonom der Boston Consulting Group in New York. "Die ganze Sache ist ein Vertrauensschock."

Natürlich könnte Merkel Recht haben, wenn man davon ausgeht, dass sich niemand selbst in Quarantäne gebracht hat und niemand gesundheitliche Vorkehrungen zum Schutz seiner selbst getroffen hat, wie es das Zentrum für Seuchenkontrolle und -prävention empfiehlt.

Angst vor Ansteckung


Auch könnten die von ihr genannten Zahlen erst über einen längeren Zeitraum erreicht werden. Aber selbst wenn es zwölf Monaten dauern würde, wäre es verheerend, wenn die medizinische Gemeinschaft nicht in der Lage wäre, den Menschen die Angst vor einer Ansteckung zu nehmen.

Kurz gesagt: Würden sich tatsächlich 66 Prozent der Deutschen mit dem Coronavirus infizieren, wäre das ein gigantischer Fehlschlag für die deutsche Regierung.

Denn COVID-19 ist schlimmer als die Grippe, weil es sich schneller ausbreitet und es keinen Impfstoff dagegen gibt. Da der Erreger hochansteckend ist, kann er leicht auf Menschen mit bereits geschwächtem Immunsystem und auf ältere Menschen, die am anfälligsten sind, übertragen werden.

Die Sterblichkeitsrate von COVID-19 ist etwa fünfmal so hoch wie die der Grippe, obwohl einige Länder geringere Raten aufweisen können. Südkoreas Sterblichkeitsrate etwa liegt unter einem Prozent, basierend auf Daten der Johns Hopkins Universität.

Nach Angaben des Center for Disease Control and Prevention haben sich in dieser Saison bis zu 49 Millionen Amerikaner mit der Grippe angesteckt, das sind etwa 15 Prozent der Bevölkerung.

Die Infektionsrate des Coronavirus müsste unbehandelt etwa viermal so hoch sein, um hier in den USA eine Infektionsrate von zwei Dritteln zu erreichen. Ohne einen Impfstoff wäre das eine globale Pandemie, die zu einer weltweiten Wirtschaftskrise und buchstäblich Millionen von Toten führen würde.

Der Fall Merkel


Das wäre der Fall Merkel - wenn die deutsche Kanzlerin Recht hätte, bedeutete das, dass Corona so etwas wie die Spanische Grippe wird, an der Dutzende von Millionen Menschen starben.

Bis zum Mittwoch haben sich 1.622 Menschen in Deutschland mit dem Virus angesteckt, von denen drei gestorben und 25 genesen sind. Das sind, wie zuvor bereits in China, 0,01 Prozent der 83 Millionen Einwohner Deutschlands.

Wenn Deutschland in die Fußstapfen Italiens tritt, könnten es bis zum Ende des Monats leicht bis zu 10.000 Fälle sein. Folgt es China, so werden es im April 80.000 sein, da China etwa drei Monate brauchte, um dorthin zu gelangen. Dann wäre etwa ein Prozent der deutschen Bevölkerung infiziert, gleichzeitig würde aber zweifellos eine schwere politische Krise ausbrechen - parallel zu einem Notfall im Bereich der öffentlichen Gesundheit, der zu einer weltweiten Rezession führen würde, wenn Europas industrielles Kraftzentrum der Krankheit erliegt.

Die gute Nachricht ist, dass selbst bei einem Ausbruch wie in China die Infektionszahlen von Merkel um etwa 55 Millionen Menschen zurückgehen würden.

Niemand will, dass Merkel Recht hat.

Das letzte große China-Virus, das den Markt im Sturm eroberte, war SARS. Das dauerte 8 Monate. Wenn das so lange dauert, werden sich alle bis August damit beschäftigen.

Das Risiko eines zweiten Ausbruchs in China ist so groß, dass es möglicherweise Flüge aus den betroffenen Ländern, darunter Spanien, Frankreich, Deutschland und Großbritannien, verbieten muss.

Ohne Eindämmung


Diese Woche forderte die Weltgesundheitsorganisation einen "gesamtgesellschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen" Ansatz zur Eindämmung. Es gebe viele Länder, die zeigen, dass diese Maßnahmen funktionieren, sagte der WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus am 9. März und zitierte China, Italien, Japan, Südkorea und die USA.

Sicherlich wird Merkels Deutschland das Gleiche tun. Doch ihre Kommentare zu einer Durchseuchung von 70 Prozent der Bevölkerung haben den optimistischeren Ton von Ghebreyesus ausgelöscht.

Zumal Brian Monahan, der behandelnde Arzt des Kongresses und des Obersten US-Gerichtshofs, sagte, dass auch er erwartet, dass sich 70 bis 150 Millionen Menschen in den USA irgendwann mit COVID-19 infizieren werden. Wenn er Recht hat, wären das über 1,5 Millionen Tote, wenn die Todesrate nur ein Prozent beträgt. Die Sterblichkeitsrate in der Provinz Hubei liegt aber bei vier Prozent. 150 Millionen kranke Amerikaner mit COVID-19 bei einer Sterblichkeitsrate wie in China bedeutet sechs Millionen Tote; eine ungemilderte Katastrophe. Buchstäblich eine Leichenzahl wie im Krieg.

Warum die USA und Europa mehr Infizierte haben als China, ist ein Rätsel. Die Zahl der Fälle in China müsste um tausend Prozent steigen,  um an diese Zahlen heranzukommen.

6 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

VON KLAUS-RÜDIGER MAI

Die öffentlich-rechtlichen Medien verspielen in der Corona-Krise ihre Existenzberechtigung, denn gerade jetzt ist Information wichtig und kann Leben retten. Gefährlich allerdings wird es, wenn Regierung und Medien das Vertrauen der Bürger verspielen. Sie sind auf dem schlechten Wege dahin.
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Was stimmt hier nicht? Also bei dem Klaus-Rüdiger?

Anonym hat gesagt…

"Sie muss diese Zahlen von jemandem irgendwo her bekommen haben", sagt Philipp Carlsson-Szlezak, Chefökonom der Boston Consulting Group in New York.

Dass sich noch Leute Gedanken darüber machen, wo das Zeug herstammt, das Merkel aus dem Hals quillt, ist amüsant.

Der lachende Mann hat gesagt…

Amüsant würde ich es nicht nennen, wenn sich möglicherweise Ansätze ergäben, von wem Merkel ihre Befehle bekommt.

Anonym hat gesagt…

Es gibt einen Katastrophenschutzbericht aus 2012, wo eine SARS-Corona Pandemie durchgespielt wurde.

Drucksache 17/12051 <- Tante google hilft weiter, Interessant ab Seite 55

ppq hat gesagt…

danke, war hier am 27.2. thema: https://www.politplatschquatsch.com/2020/02/corona-virus-vom-schutzgut-mensch-in.html

Anonym hat gesagt…

@ Amerkung: Was nicht stimmt? Das Vertrauen usw. usw. - wer solches noch hat, seit, sagen wir 2016, benötigt den Gnadenhieb.