Die alte Dame SPD, seit Jahren schwindsüchtig, orientierungslos und öffentlich seit der Ausschaltung der früheren Parteivorsitzenden Andrea Nahles nahezu unsichtbar, ist immer noch für Überraschungen gut, selbst wenn sie sich dafür selbst wehtun muss: Mit der Wahl von Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken - deutsche Medien nennen in diesem Fall immer den Mann zuerst, die Quotenfrau anschließend - geht die frühere "Arbeiterpartei" (Willy Brandt) einen weiteren Schritt Richtung Abgrund.
53 Prozent von knapp 54 Prozent aller SPD-Mitglieder, die sich an der Abstimmung beteiligten, wollen Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken als neue Parteivorsitzende. Ein Votum, das das Ende der kleinsten großen Koalition aller Zeiten bedeuten kann. Und die deutsche Sozialdemokratie bei den dann vermutlich notwendigen Neuwahlen weiter in den Keller der Bedeutungslosigkeit drücken könnte.
Stehen doch an der Spitze der ältesten noch aktiven deutschen Partei nun demnächst ein Rentner und eine Hausfrau: Ersterer feierte den größten Erfolg seiner politischen Laufbahn als Wirtschaftsdezernent in Köln, wo er eine "Kulturförderabgabe" genannte Sondersteuer erfand, die später vom Bundesverwaltungsgericht für „teilweise verfassungswidrig“ erklärt wurde. Letztere schaut mit ihren - für SPD-Vorsitzkandidaten - jugendlichen Alter von frischen 58 Jahren auf ein Leben zurück, das keinerlei Spuren beruflicher Tätigkeit außerhalb der Politik aufweist.
Esken arbeitete nach nach einem abgebrochenen Studium der Gemanistik und einem Berufsabschluss, den sie schließlich mit 29 erreichte, vier Jahre als Informatiker*in, ehe sie entschied, dass das nichts für sie ist und beschloss, Hausfrau zu werden. Programmatisch steht die 57-Jährige für einen neuen Anlauf zu einem demokratischen Sozialismus, diesmal besser und bequemer. "Wer Sozialismus negativ verwendet, hat halt einfach keine Ahnung, so", hat sie Kritikern entgegnet, die versuchten, das Experiemnt schon vor seinem Start zu diskreditieren.
Walter-Borjans, dessen Vorname nicht Walter, sondern Norbert ist, wäre der älteste Mann, den die SPD seit 1890 zu ihrem Vorsitzenden gewählt hat: Der Sohn eines Schreiners und einer Schneiderin aus dem heutigen Meerbusch-Lank, schaut auf immerhin zwei Jahre Berufstätigkeit beim Chemiekonzern Henkel zurück. Mit 28 fand er eine Anstellung an einer Universität. Mit 32 gelang ihm der Sprung auf das politische Karussell, auf dem er die folgenden 33 Jahre tat, was immer nötig war, um das Leben der Menschen inklusive des eigenen zu verbessern.
Zwei altgediente Kämpen also, deren Wahl nicht nur die SPD, sondern die gesamte Republik elektrisieren wird, stehen Borjans und Esken doch für eine weitere linke Alternative zur Marktwirtschaft neben Linken und Grünen. Wie die aktuelle Generation der nachdrängenden Nomenklaturkader, die nichts wären ohne die Partei, rekrutiert die SPD auch ihr neues Führungsduo konsequent aus einem ganz eigenen Biotop: Menschen, die schon früh in die Partei eingetreten sind, seitdem treu zur Sache stehen und dafür mit Ämtern nahe der Honigtöpfe des Politbetriebes belohnt werden.
Viel Wahl aber hatten die Parteimitglieder gar nicht. Wie das neue Spitzenduo aus dem Parteiapparat kommt, dort gezeugt und gesäugt wurde, bis es nun überraschend in Ämter gelangen, von denen Borjans und Esken selbst noch vor einem Jahr nicht gedacht hätten, dass es für sich infragekommt, hätten auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz und seine Brandenburger Quotenfrau Klara Geywitz in dieses Anforderungsprofil gepasst, das allein der kommissarischen Parteiführung als erfolgversprechend gilt, ein glaubwürdiges Aufbruchsignal in die Republik zu senden.
3 Kommentare:
Kadett Biegler bei "Schwejk", zu Leutnant Dub: "Du scherzest, Kamerad."
Ehrwürdiger Blogwart, Du hast meine jeistreiche Replik entwertet. So schlümm war der die darauf gezielte Absonderung doch nicht?!
wenn sie weg ist, war sie es
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