Seit Timo Furuholm hat niemand so zuverlässig für den HFC getroffen wie Terrence Boyd. |
Einmal noch ist alles drin, den fürchterlichen letzten Wochen zum Trotz, die eine Woche zuvor im Debakel gegen eine Mannschaft aus Würzburg gipfelten, die nach Halle gekommen war, um nicht zu verlieren. Und mit einem Sieg nach Hause fuhr, nach dem die Männer von HFC-Trainer Torsten Ziegner alle Aufstiegsambitionen begraben konnten. Nicht allerdings der Tabellenkonstellation nach. Die zeigt auch am ersten Rückrundenspieltag eine Woche nach dem Ende der Hinrunde, das noch alles drin ist. Ein Sieg gegen Uerdingen, und der HFC wäre wieder Tabellendritter mit bestem Blick nach oben.
Was aber geht noch mit einer Elf, die nur noch ein Schatten der Truppe ist, die durch Sommer und Herbst stürmte, dass die Liga zitterte? Gelingt es endlich, den Knacks aus dem 3:3 gegen Meppen zu kleben, zu kitten, zu überspielen?
Vorgenommen haben es sich die Männer in Rot, das ist an diesem Sonntag im Erdgas-Sportpark deutlich zu spüren. Wiedereinmal deutlich umformiert, weil Mittelfeldantreiber Bentley Baxter Bahn und der zuletzt standardmäßig auf der Sechs gesetzte Papadopulous gelbgesperrt fehlen und Abwehrchef Sebastian Mai nach seiner Gelbsperre zurückgekehrt ist, zeigen Ziegners Spieler von Anfang an mehr Engagement als gegen Würzburg. Wobei: Weniger wäre praktisch auch gar nicht möglich. Bis zur ersten Ecke des KFC dauert es zwei Minuten, zu der Zeit hatten die Kickers aus Würzburg schon zwei. Nach Torchancen steht es 0:3, als die erste Strafraumaktion der Gastgeber folgt: Guttau setzt sich linksaußen durch, Sohm kann den Ball aber nicht kontrollieren und stolpert ihn ins Aus.
Es wird dann ausgeglichener, aber nicht rasant. Uerdingen kombiniert, der HFC versucht es über die Außen. Bei beiden ist jeweils in Torraumnähe Schluss. Der HFC erarbeitet sich in dieser Phase zwar Chancen auf Chancen, aber mehr auch nicht. Ex-HFC-Keeper Königshofer im KFC-Tor muss nach einer Viertelstunde zum ersten Mal zugreifen, als der neben dem zurückgekehrten HFC-Kapitän Jan Washausen und Jonas Nietfeld im Mittelfeld aufgelaufene Felix Drinkuth aus 25 Metern abzieht. Ein dankbarer Ball, immerhin aber der erste Schuss der Roten aufs Tor.
Die 7500 Zuschauer im Stadion - erstaunlicherweise tausend mehr als zuletzt - springen in der 21. Minute auf, als Sohm den Bann bricht. Vom langen Pfosten aus netzt die Neun die HFC ein. Jubel, Trubel, Erleichterung. Bis die ersten Spieler und Zuschauer merken, dass der Linienrichter die Fahne oben hat, weil Sohm angeblich im Abseits stand.
Immerhin ist der KFC nun gewarnt. Die Gäste ziehen sich weiter zurück und lauern auf Konter, der HFC macht das Spiel, ohne wirklich in jene rauschhaften Kombinationswirbel zu finden, die er in seinen besten Saisonspielen zelebriert hatte. Wenigstens aber droht Kai Eisele im HFC-Tor keinerlei Gefahr, Uerdingen scheint im Grunde zufrieden damit, hier nicht als Verlierer vom Platz zu gehen.
Der HFC dagegen will siegen, und er muss es auch, wenn da noch was nach oben gehen soll. Drei Punkte reichen zu Platz 3, vier betrüge dann der Rückstand auf einen direkten Aufstiegsplatz. Eine Niederlage hingegen ließe den eigenen Vorsprung auf Mittelfeld-Platz 11 auf schmale drei Punkte schmelzen. Angesichts des angegriffenen Nervenkostüms der Hallenser und dem ersten Rückrundengegner Hansa Rostock, der exakt jenen Platz 11 besetzt, eine Konstellation, die auf dem Feld nicht präsent sein mag, in den Köpfen der Männer auf der HFC-Bank aber zweifellos gegenwärtig ist.
Mit Beginn der zweiten Halbzeit wird der HFC denn auch noch ein wenig energischer im Vorwärtsgang. Nietfeld versucht es aus der Distanz, Guttau auf Außen, Göbel aus Nahdistanz. Aber Königshofers Tor ist nicht mal vernagelt, es kommt nie wirklich in Gefahr, weil der letzt Pass keinen Abnehmer oder der Torschuss kein Ziel findet.
Unterhaltsam ist es, wenigstens, und das schon mehr als in den zurückliegenden 40 Jahren meist geboten wurde im früheren Kurt-Wabbel-Stadion. Ziegners Mannschaft stemmt sich gegen den Negativtrend, sie will auch wieder, was während der ersten Hälfte gegen Würzburg keineswegs der Fall war. Doch es geht nicht, es klappt, es will nicht. Boyd etwa gewinnt alle seine Kopfbälle, verliert aber anschließend jedes Mal den Ball. Lindenhahn, eingewechselt für Guttau, für den Drinkuth auf die Außenbahn geht, gibt in seinen ersten beiden Aktionen alles. Und erreicht nichts. Torchancen sind immer noch Mangelware.
Die Fans auf den Tribünen würden, wenn sie nur könnten, gerade sicher gern ein paar Weihnachtsgeschenke gegen ein Tor, einen einzigen erlösenden Treffer eintauschen. Aber als er dann fällt, ist es zwar ein HFC-Spieler, der einnetzt, sogar der bis dato beste auf dem Platz. Aber er trifft ins falsche Tor: Sebastian Mai spitzelt eine eigentlich harmlos heransegelnde Eingabe aus dem Halbfeld, wie sie seine eigenen Offensivkräfte an diesen Tag schon im Dutzend geschlagen haben, unhaltbar für Eisele ins lange Eck des HFC-Tores.
Geht denn das immer so weiter? Hört das denn nie auf? Es ist der gefühlt 69. Rückstand der Saison und das 212zigtse Mal, dass vor dem Sieg die Aufgabe steht, ein Spiel zu drehen. Ziegner reagiert, er nimmt Sohm und Landgraf raus, bringt aber nicht etwa Mathias Fetsch, den Torgaranten der Vorsaison. Sondern Abwehrchef Mai als neuen Sturmtank. Hinten ersetzt Vollert den Abwehrchef, Lindenhahn geht für Kastenhofer auf die rechte Abwehrseite, Kastenhofer übernimmt dafür Landgrafs linke.
Eine Verzweiflungsaktion, die ganz nebenbei wie eine Kündigung auf Fetsch wirken muss. Wann, wenn nicht jetzt, soll er überhaupt noch spielen? Wen denn, wenn nicht Sohm ersetzen?
Der HFC drückt jetzt noch mehr, hat aber weiter kaum Chancen. Der ruhig und mit großer Übersicht leitende Schiedsrichter Badstübner versagt den Gastgebern zur Empörung der Fankurve gleich drei mögliche Elfmeter, allerdings alle in derselben Szene. Dann aber schafft es Göbel doch, seinen Gegenspieler einmal im 1:1 stehenzulassen. Flanke kommt, Flanke kullert von rechts nach links durch den Fünfmeterraum, vor bei an allen,inklusive Königshofer. Am Ende der Nahrungskette wartet Terrence Boyd, der aus Nahdistanz das 1:1 erzielt.
Mehr geht nicht, obwohl sie es noch zehn Minuten lang versuchen. Dann ist es vorbei, das Sommernachtsmärchen vom schnellen Aufstieg beendet. Der HFC feiert Weihnachten im Wintergarten der geplatzten Träume. Mit einem Blick auf die Tabelle, in der der Club jetzt Platz 6 mit sieben Punkten Rückstand zum Tabellenführer und zwölf Punkten Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz belegt, vielleicht nicht der schlechteste Ort, um sich darüber klarzuwerden, wohin die Reise im nächsten Jahr gehen soll.
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