Freitag, 13. Dezember 2019

Green Deal und neue Klimasteuern: So günstig wird es wirklich

Anderswo werden 2000 Tonnen CO2 gespart, Deutschland dagegen macht Umwelt teurer.
Die zuletzt von Personalabbau und Redaktionszusammenlegungen geplagte "Welt" wagte den Versuch. Und scheiterte: Weil bei der Berechnung der Kosten der Klimarettung irrtümlich nur die von der Bundesregierung beschlossene neue CO2-Steuer berücksichtigt wurde, kam die Redaktion für eine vierköpfige Musterdurchschnittsfamilie mit Musterdurchschnittsverhalten nur zu einer Mehrbelastung, die kaum den Preis von täglich ein paar Tüten Eis für alle Familienmitglieder übersteigt. Je nach Szenario einer schnelleren oder verzögerten Klimarettung würde die "CO2-Preis" genannte neue Steuer anfangs mit zwischen 100 und 500 Euro zu Buche schlagen, früher oder später aber auf 1500 Euro und mehr im Jahr steigen.

Eine Milchmädchenrechnung, die sich auf Zahlen der Industrielobby Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bezieht und keineswegs vollständig ist, wie Forscher des Klimawatch-Institutes (CLW) herausgefunden haben, das im Zuge des Braunkohleausstieg in einer aufgelassenen Grube in der Nähe des dunkeldeutschen Grimma angesiedelt worden war. In einer Studie, die im Auftrag von PPQ erstellt wurde,  haben die Klimafolgenforscher "in nie erreichter Genauigkeit" (Spiegel) und auf einzelne Familien und Lebensmodelle aufgeschlüsselt vorausgesagt, wie sich der Klimapreis sich bis ins Jahr 2100 verändern wird und welche Auswirkungen dann noch lebende Menschen zu gewärtigen haben.

Mit Hilfe eines "Großcomputer, der mehrere Räume im Institut füllt", wie Forschungsleiter Herbert Haase beschreibt, konnten für jede Minute der kommenden 81 Jahre drei Szenarien errechnet werden, wie sich das Klima, der CO2-Preis und dessen Durchschlagskraft als sogenannter "Umerziehungstrigger" verändern könnten. Haase und sein Team gehen dabei in einem Szenario davon aus, dass  der CO2-Preis ähnliche Wirkungen beim Klimaverbrauch entfacht wie die Tabaksteuer, einmal wird unterstellt, dass er die Einnahmen des Staates deutlich verbessert und im dritten Klimadrehbuch gelingt es zwar nicht, die Erderwärmung unter drei Grad zu halten, doch mit Hilfe von höheren Abgaben können Reste der früheren Mobilität, von Freizügkeit und Meinungsfreiheit zumindest für die Teile der Bevölkerung erhalten werden, die es sich leisten können.

Keine Frage ist für die Wissenschaftler, dass der kommende CO2-Preis immer zu hoch oder zu niedrig sein wird und zudem zu schnell oder zu langsam zu steigen verspricht. Weil die Bundesregierung zudem generell nur Preise für jeweils eine Tonne des flüchtigen Klimakillers CO2 nennt, bleibt im Alltag für viele Bürgerinnen und Bürger vieles abstrakt: Der Deutsche"verbraucht" (Malu Dreyer) jährlich im Durchschnitt elf Tonnen CO2, wäre also bei einem Preis von zehn Euro, wie er ab 2021gelten soll, mit 110 Euro Mehrkosten für den geplanten Ablasshandel schon durch mit seinem Beitrag zum Klimaschutz.

Das Konzept ist genial, denn diese dritte Steuerdimension ist völlig neu. Bisher mussten Bürgerinnen und Bürger zwar Geld versteuern, das sie einnahmen, und Umsatzsteuer auf nahezu jede Art von Ware entrichten, die sie vom verbliebenen Rest konsumierten. Dass es den führenden Parteien nun aber offenbar gelingen wird, zusätzlich zu einer Steuer auf den Anschaffungspreis jeder Art von Ware auch noch eine im wortwörtlichen Sinne Verbrauchssteuer einzuführen, die quasi nicht nur das Einatmen, sondern auch das Ausatmen bepreist, kann als revolutionär gelten.

Die Rettung der Welt erfordert solche durchgreifenden Maßnahmen, auch wenn sie erwartbar keinerlei Effekt haben werden. Denn das Enttäuschende an der Lenkwirkung von Steuern ist, dass sie dauerhaft nur einsetzen würde, wenn die Höhe der als Steuer gedachten Steuer absurd hoch angesetzt wäre. Kleine Aufschläge dagegen, sogar wenn sie ein Produkt ernsthaft nach und nach verteuern, sorgen nicht etwa für eine Verhaltensänderung, sondern für Gewöhnung. Anders gesagt. Eine CO2-Steuer, die verhaltensändernd und CO2-vermeidend wirken soll, müsste so hoch sein, dass keine Regierung, die sie einführte, den Versuch überstehen würde. Eine CO2-Steuer aber, die homöopathische Beträge auf den vorab bereits versteuerten Verbrauch von Gütern, Waren und Ressourcen aufschlägt, ändert kein Verhalten, sondern allein den Kassenstand der Finanzminister - und den der zahlenden Bürger.

Der wird durch die neue Steuersteuer erneut zur Beute, ein Opfer von Weltveränderungsträumen, die schon bei ihrer Geburt tot sind, weil sie ausschließlich symbolisch funktionieren und deshalb nie zu etwas anderem gedacht waren als dazu, die Einnahmen eines Staates zu erhöhen, der heute schon nahezu allein von sämtlichen Fortschritten bei der Wohlstandsvermehrung profitiert.

"Durch den von der EU verkündeten "Green Deal", die neuen Klimaschutzzölle für ausländische Erzeugnisse, die nicht nach den hohen EU-Normen für CO2-freien Stahl und klimaneutrale Elektrogeräte hergestellt wurden, käme noch ein Schluck obendrauf", betont Haase, dessen Team  nicht nur die im Klimapaket vorgesehenen Preise durchgerechnet hat, sondern auch alle anderen Maßnahmen zur Lebensbepreisung berücksichtig. Je nach Modell wäre schon im kommenden Jahr ein Preis von 35 Euro pro Tonne CO2 fällig, auf den Klimazoll und die Abgaben für die Ausgaben der EU zur weiteren Planung und Steuerung Richtung 2050 noch addiert werden müssten.

"Das summiert sich bis 2030 auf 280 Euro pro Tonne CO2", sagt Haase, der aber darauf verweist, dass das bei einem stabilen Klimaverbrauch von 11 Tonnen im Jahr bei einer vierköpfigen Familie selbst im Jahr des Zwischenschritts zum 1,5-Grad-Ziel bei weitem noch nicht der Löwenanteil der Haushaltsausgaben sein wird. 280 Euro pro Person pro Tonne ergäben etwas über 12.000 Euro Zusatzbelastung, für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahres-Durchschnittseinkommen von rund 56.000 Euro wäre das kaum ein Drittel der eigentlich zur Verfügung stehenden Mittel.

Auf eine vierköpfige Familie kämen da bei einem Thailand-Urlaub rund 4800 Euro Mehrkosten zu, eine 24-köpfige Abi-Klasse müsste für die Abschiedsreise nach Mallorca etwa 5000 Euro mehr hinlegen. Durchaus bezahlbar mit Blick darauf, dass nach den Fridays-for-Future-Tarifen selbst der Tod nicht mehr umsonst ist: Zwar entstehen bei der Verbrennung einer menschlichen Leiche nur rund 180 Kilogramm CO2, so dass an neuer Klimasteuer nur 32 Euro fällig werden. Doch bis dahin muss die Gesellschaft umdenken: Bei normaler Atemfrequenz stößt ein Erwachsener 370 Kilogramm CO2 pro Jahr aus, durch Nahrungsaufnahme, Bewegung und Bekleidung kommen nach Berechnungen des renommierten Klimaschutzmagazins "Der Spiegel" durchschnittlich weitere 7000 Kilogramm pro Jahr hinzu.

Für die "CO2-Schleuder Mensch" (Spiegel) wird das künftig teuer, denn auch für jede Tonne ausgeatmetes CO2 werden 180 Euro fällig. Für den Normalatmer sind das rund 2000 Euro für die reine Atmung, hinzu kommt das CO2, das durch Essen und Ausscheidungen entsteht. Vegetarier, Frauen und bewegungsaverse Menschen, die relativ wenig Nahrung zu sich nehmen oder aber eingenommene Nahrung nicht gleich wieder in kinetische Energie umsetzen, sparen hier. Sportliche Menschen oder Freunde famoser Küche dagegen zahlen drauf. Der CO2-Gehalt der menschlichen Ausatemluft liegt zwar konstant bei vier Prozent, aber wer groß ist oder schwer, produziert ebenso mehr CO2 wie jemand, der eine gut ausgebildete Muskulatur hat, die im Verhältnis zu Fettgewebe einen wesentlich höheren Grundumsatz erzeugt, so dass muskulöse Menschen bereits in Ruhe mehr CO2 produzieren als untrainierte Couchpotatoes.

Der größte Feind des Klimas und der beste Einzahler in die neue Klimasteuerkasse sind so Dauerläufer und Radfahrer. Aus den ungefähr vier Litern Luft pro Minute, die beim gewöhnlichen jugendlichen Klimademonstranten die Lunge passieren, werden bei ihnen bis zu 50 Litern pro Minute. Über das Jahr steigt der CO2-Ausstoß von fleißigen Hobbysportlern oder regelmäßigen Fahrradpendlern so allein durch die Atmung auf mehr als zwei Tonnen, für die künftig 360 Euro Klimasteuer zu entrichten wären. Darüber liegen nur Profisportler, die etwa in der Fußballbundesliga oder bei Olympischen Spielen starten. Deren Kohlendioxidwerte können durch dauerndes Training und abnormes Lungenvolumen das Zehn- bis Fünfzigfache erreichen, so dass für sie Klima-Ablasszahlungen von bis zu 10000 Euro fällig werden.





Manchen schient das recht teuer zu sein, doch Herbert Haase ist sicher, dass das Ende der Fahnenstange damit nicht erreicht wäre. Mit niedrigen Einstiegssätzen gelinge es Regierungen in der Regel stets, Steuerzahler an neue Abgaben zu gewöhnen, so dass denen spätere Preissteigerungen kaum mehr auffielen. Anfangs müsse der Fahrer eines Passat mit Diesel-Motor für seine Fahrten  lediglich 22 Euro mehr einplanen, ein Vier-Personen-Haushalt, der auf 120 Quadratmetern lebt und jährlich 2000 Liter Öl verheizt, kämen mit 63 Euro mehr für Heizkosten davon. "Das sindkeine Beträge, die eine Gelbwestenrevolution auslösen", ist Haase sicher.

Selbst geplante Klimaaufschläge etwa auf Amazon-Pakete, Lebensmittel, die quer durchs Land gefahren werden, oder Modeartikel betragen jeweils nur wenige Cent und summierten sich "eher unmerklich", so der studierte Moralphysiker.  Die Preise stiegen deutlich, aber langsam genug, um breite Akzeptanz zu finden.

"Im Jahr 2025 soll laut dem Klimaplan der Bundesregierung ein Preis von 35 Euro pro Tonne CO2 gelten, die EU wird dann mit Klimazöllen und eigenen CO2-Abgaben bei 30 Euro pro Tonne sein", so die Studie von Klimawatch, "das führt für die gleiche Familie bereits zu einer jährlichen Mehrbelastung von 697 Euro, ab 2026  wären es dann 909 Euro mehr und 2030 etwa 2300 Euro." Der durchschnittliche deutsche Klimaverbrauch von 11,6 Tonnen CO2 mindere sich Projektionen zufolge jedoch erst ab einer Schwelle von 13.000 Euro Zusatzbelastung, wie sie mit einem Tonnenpreis von 280 Euro für eine vierköpfige Familie etwa im Jahr 2030 erreicht sein werde.

Er rechne damit, dass etwa zu dieser Zeit ein Steuerungeffekt einsetze, weil Arme und von Armut bedrohte Familien sich klimafeindliches Verhalten dann "einfach nicht mehr leisten können". Ein neues Klimaprekariat werde entstehen, das ortsfest und konsumabsent seinen Beitrag zur Planetenrettung leiste. "Wir schaffen das", glaubt Haase.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo, wir habe das auch mal durchgerechnet. Der Äquivalent-Preis von einer Tüte Eis ist korrekt und ändert sich nicht!!! Die Tendenz bewegt sich ab 2030 in Richtung eine Tüte Eis pro Minute, was sich ab dem Jahr 2117 positiv auf das Klima auswirken wird. Bei 99% Prozent aller von uns bezahlten Forscher herrscht da Konsens.
Und was haben Sie gegen Eis? Mögen Sie etwa kein Eis, Sie Monster?

Ihr Vorstand
-wählt SPD-