Dienstag, 24. September 2019

Symbole, Codes und Begriffe: Die Datenbank der Hetze


Das Problem ist seit sieben Jahrzehnten virulent, derzeit aber ist die Gefahr einmal mehr sehr viel größer denn je. Rechte Populisten, Radikalinskis und Extreme sind bis in die Mitte Sachsens vorgedrungen, sie machen Propaganda, werben für Putin und Orban und reichern das gesamte Internet mit Hass an. Dazu nutzen sie oft subtile Formen der Beeinflussung, die Uneingeweihten kaum auffallen.

Zeit, gegenzuhalten. Im Rahmen des Bundesprojekts „Umgang mit rechtswidrigen Hassbotschaften im Internet für Meinungsvielfalt und zivile Debattenkultur in den Webpräsenzen der Medien und ein starkes Netz im digitalen Notfall“ (UmrhiIfMuzDdigiNot) haben wir über 200000 Symbole, Codes und Schlagworte der Rechten abgebildet und erklärt. Diese sind verschiedenen Kategorien zugeordnet und dort alphabetisch sortiert, eine Künstliche Intelligenz (KI/AI) schlägt bei Fragen selbsttätig je nach Suchverhalten des Nutzers neue, ernste und akute Begriffe vor.

Doch natürlich gibt auch dieses umfangreiche Kompendium symbolisierter Gewalt nur einen begrenzten Einblick in die krude und gefährliche Symbolwelt der extrem Rechten, Rechtspopulisten, Faschisten, Nazis und Rechtsradikalen. Während der vierjährigen Recherche zur bislang größten deutschen Datenbank extremistischer Rechtssymbole wurde klar, dass selbst eine Verdoppelung der jährlichen Fördermittel in Höhe von 124000 Euro und eine Verlängerung der antifaschistischen Fördermaßnahme auf zehn Jahre nicht ausreichen würde, alle verdächtigen Hinweise vollständig zu erfassen.

Längst haben kryptofaschistische Gruppen begonnen, ihre Symbolsprache zu ändern, sobald sie von zivilgesellschaftlichen Akteuren ertappt wurden. Sie lösen sich auf, benennen sich um und schaffen ständig neue Codes und Abzeichen, die manchmal nur von einer Handvoll Personen erkannt werden, denen ein Schweigegelübte auferlegt ist, so dass sie bei Strafe der Feme nicht über die damit verbreiteten subkutanen Signale sprechen dürfen.

Für die bunte und vielfältige Zivilgesellschaft ist es umso wichtiger, möglichst viele davon zu kennen und zu begreifen, nach welcher Systematik Symbole in der extrem Rechten funktionieren. In welchen Zusammenhang treten sie auf? Mit welcher Ästhetik und Körpersprache sind sie verbunden? Und wie reagieren die Personen, wenn sie sich erkannt fühlen?

Wenn eine Umfrage ergibt, dass vier von zehn Thüringern keine Asylbewerberheime in unmittelbarer Nachbarschaft haben wollen und 70 Prozent der Befragten finden, dass der Staat Asylanträge großzügiger prüfen sollte, dann ist es höchste Zeit für klare Aufklärung und deutliche Sprache, denn dort zeigt sich zuerst, weshalb es zur Erziehung der Betroffenen darum geht, Sprache so weit zu verändern, dass ihr Inhalt unkenntlich wird. Nachdem aus Großvaters "Neger" Vaters "Schwarzer" wurde, den der Sohn später vorsichtig "Farbiger" nannte, ehe die Tochter unter Inkaufnahme von Missverständnissen mit afroamerikanischen Amerikanern nur noch das Wort "Afrikaner" zu benutzen drängte, gilt heute "People of Colour" oder kurz "PoC" als state of the art  - doch Rechte, extreme und Populisten ziehen nach und benutzen unerkannt dieselben Rezepte, um ihre üblen Ziele zu tarnen.

Kategorien

Die allermeisten der meisten Symbole, Codes und Begriffe der extrem Rechten lassen sich vielen verschiedene Kategorien zuordnen. So gibt es die Rubrik Autokennzeichen, Schulterklappen und geheimer Händedruck, aber auch eine Abteilung mit Kürzeln und Bildern und eine Datenbank zu Zahlen und Versalienreihungen. Beides kann auch kombiniert vorliegen wie beim Kürzel C18 das für ein weltanschaulich eigentlich harmloses Argon/Kohlendioxid-Gemisch C18 steht, von Rechtsextremisten aber provokativ als Abkürzung für Combat 18 genutzt wird.

Der Zahlencode "18", wie er "rein zufällig!" auch in der ursprünglich zur Sachsen-Wahl zugelassenen Anzahl von AfD-Kandidaten vorkam, steht dabei vermeintlich für den gleichnamigen Hit von Afro Bros ft. Ghetto Flow, dient aber tatsächlich der Propaganda für Adolf Hitler (AH = 18!).

Um den Zusammenhang zu verschleiern, legen besonders gewiefte Rechtsradikale das Bild eines Drachens über die zuvor ausradierte Zahlenreihe »C18«, so dass sie nicht mehr erkennbar ist. Ein klarer Fall für die PPQ-Datenbankkategorie "Gruppen, Organisationen und Netzwerke".

Wir haben einige Symbole, Codes und Begriffe in mehreren Kategorien aufgeführt, bei vielen jedoch der Übersichtlichkeit wegen darauf verzichtet.

Exklusivität und Eindeutigkeit

Wir machen deutlich, ob ein Symbol, Begriff oder Code von extrem Rechten exklusiv genutzt wird und die Nutzer_innen eindeutig als extrem Rechte identifizierbar macht. Doch dies ist oft nicht der Fall, manchmal sind es auch Angehörige ferner Völker, die sich irrtümlich nazistischer Symbolik bedienen (Foto oben: Von Nazis in Asien missbrauchtes Symbol).

Hier heißt es, künftig noch mehr Aufklärung zu betreiben und nicht an den Grenzen des Schengenraumes Halt zu  machen, in dem es ebenfalls noch Reserven der Gleichbehandlung von Symbolik Marke Nazi gibt.

Die Mauer im Bild nebenan etwa zeigt ein Hakenkreuz, das eindeutig strafbar ist, weshalb wir es aus dem Foto ausgeschnitten haben. Dazu gibt es den Spruch स्वस्तिक zu lesen, der im ersten Moment harmlos zu sein scheint, weil er auf heidnische Rituale alter, fremder Völker zu verweisen vorgibt. Beides aber trat hier in Sachsen auf, das muss die Alarmglocken schrillen lassen: Das seit Jahren durch offenen Nationalismus und rechte Umtriebe auffällige Bundesland im Osten gilt Experten als Demokratie-Entwicklungsland, in dem starke rechte Unterströmungen herrschen . Hier ist also Sensibilität angebracht, was wie ein faschistisches Symbol aussehen könnte, ist mit höchster Wahrscheinlichkeit auch eins.

Anders sieht es dort aus, wo die Demokratie bereits länger zu Hause ist. Das Zahnrad ist kein eindeutig rechtes Symbol und wird vereinzelt sogar in alternativen Kreisen getragen, während Bionade und Tannenzäpfle getrunken werden. Es gilt als altes, unpolitisches Symbol für Technik, Fortschritt und Moderne, von dem sich sogar Bauhäusler verführen ließen.

Doch es war auch Teil der Symbolik der NS-Organisation Deutsche Arbeitsfront (DAF) und ist bei Neonazis beliebt, weil es zu den wenigen Symbolen zählt, die heute ähnlich wie der rote Stern oder Hammer und Sichel straffrei verwendet werden dürfen. Hier ist Vorsicht geboten. Das Zahnrad ist beileibe nicht harmlos, aber auf dem Weg, eine schleichende Normalisierung zu erleben. Mittlerweile ist es sogar schon normaler Bestandteil vieler Computer- und Smartphoneanwendungen - das müssen die Alarmglocken der Zivilgesellschaft eigentlich klingeln.

Ähnlich verhält es sich mit dem Versuch von Nazis und Rechtspopulisten, ausländisches Recht zu nutzen, um hierzulande verbotene Nazipropaganda hoffähig zu machen. Weil das EU-Partnerland Schweden es seinen Bürgern gestattet, Wunschkennzeichen wie NPD Werbung für die gleichnamige und beinahe verbotene Nazi-Partei zu machen, dürfen Anhänger dieser verfassungsfeindlichen Formation mit dem entsprechenden Code an ihren Pkw ungestört durch Deutschland fahren, um neue Anhänger zu gewinnen. Dabei fällt auf: Die Buchstabenreihung wird durch Zahlen ergänzt, hinter denen nur Eingeweihte die geheime Botschaft entdecken. "299" bedeutet hier übersetzt ins Umgangssprachliche vermeintlich "BJJ", meint aber- nach einer szenetypischen Lautverschiebung - "AII", das laumalerisch für das Englische "all" stehen soll.

Allein schon diese aufwendige Verschlüsselung verrät die Absicht: Vordergündig harmlose EU-Partner kombinieren Buchstaben und Zahlen zu einer Botschaft, die eindeutiger nicht sein könnte, auch wenn sie im normalen Straßenverkehr von vielen Menschen nicht entschlüsselt werden kann.

Was kann der Sinn einer solchen Selbstinszenierung sein? Neonazis stellen sich in eine ausgedachte Identitätslinie des nordischen / arischen Kämpfers, die von den Germanen über den Nationalsozialismus zur eigenen Person reicht. Dies drücken sie in ihrer Symbolsprache aus, darauf spielt die Autozulassung in Schweden an.

Vor diesem Hintergrund erfährt die scheinbare Widersprüchlichkeit in der Symbolnutzung ihre (rechte) Logik. Und die Kombination uneindeutiger Symbole stellt dann eben doch Eindeutigkeit her.

Manchmal ein Rätselraten


Wie aber enttarnt man diese geheimen Botschaften? Nun, Aufmerksamkeit und Wachsamkeit müssen miteinander zu einem Automatismus finden, der Verdachtsfälle sortiert und kategorisiert. Wenn etwa unauffällig wirkende Arbeiter eines Handwerkbetriebs aus Sachsen Material vom Firmen-LKW abladen, heißt es ihren Style und ihre Ästhetik zuerst von fern zu checken. Wie gehen sie, wie stehen sie, welche Kleidung tragen sie, was sagen sie?

Was die Beobachteten sehr schnell verdächtig machen wird, sind ihre Gesten und Körpersprache, wenn sie bemerken, dass sie nicht mehr im luftleeren Raum agieren können, sondern unter den Augen einer kritischen Öffentlichkeit. Die Arbeiter, sämtlichst als maskulinistische Männer zu erkennen, verhalten sich nun lauernd, misstrauisch, feindselig. Warum? Auf den ersten Blick wird in ihren zahlreichen Tätowierungen nichts eindeutig Rechtes zu erkennen sein - gerade der Sachse hält sich für schlau, er verstellt sich und verbirgt seine demokratiefeindlichen Absichten hinter vermeintlichem Fleiß und freundlich verbrämter Bodenständigkeit.

Auf dem Kennzeichen ihres Wagens aber steht dann "HC" und nach dem Ortskürzel „AB 2169“. Anfangs werden viele auch Gutwillige beim Versuch scheitern, diese Kombination in einer verfassungsfeindliche Botschaft zu übersetzen. Doch wer die richtigen Fragen stellt, erkennt die Wahrheit: Mit "HC" ist Hatecore gemeint, eine musikalische Einstiegsdroge in rechte Gewalt und Hass, "AB" hingegen bezieht sich auf Arno Breitmeyer, Hitlers sogenannten "Reichssportführer".

Kurze Recherche im Internet nach dem Geburtstag des Nazi-Funktionärs - und siehe da, Breitmeyer hat am 19. April Geburtstag. Da die Zahlen 1904 auf dem Nummernschild nicht auftauchen, ist der Trick offenbar noch weitaus perfider und die Codierung strenger. Und siehe da: Breitmeyers größter sportlicher Erfolg war der Gewinn der deutschen Rudermeisterschaft im Jahr 1926 - Zahlen, die sich leicht umgestellt nun auch im Nummernteil des damit gültig als rechtsextrem überführten Kennzeichens auftauchen.

An einen Zufall darf der aufmerksame Beobachter in solchen Augenblicken nun wirklich nicht glauben.



6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Kennzeichen "HH" für Harzburg Hinterhude soll demnächst verboten werden wg . der Doppeldeutigkeit (H=8 , 2 mal H ergibt aber 16 (AF für american forza ) , Abk. einer imperialistischen Rockergruppe die in Hinterhude ein Tuntenbordell betreibt und möglicherweise die Freimaurer unterwandert .

Greter Thunberg ist auch nicht unproblematisch wg GT ( gran tourismo ) - hier macht die Autolobby Werbung für große Autos für Touristen .

Die Anmerkung hat gesagt…

https://www.michael-klonovsky.de/acta-diurna/item/1211-23-september-2019

Die Lufthansa teilt mit, dass die Sitzreihe 13 wieder eingeführt wird. Dafür gibt es künftig keine Reihe 18 mehr.

Jodel hat gesagt…

Vielen Dank für diese Recherche. Da tun sich ja Abgründe auf.

Ich glaube diese bösen Rechten haben noch gar nicht kapiert, welche Macht sie inzwischen haben. Alles was bis in alle Ewigkeit Tabu und für die Guten verboten sein soll, muss nur einmal von mehreren rechten Populisten gekauft und bei einem Treffen oder einer Demo öffentlichkeitswirksam präsentiert werden. Und Puff ist das plötzlich Nazikram und haram.

Man muss sich nur mal vorstellen Gauland ruft bei H & M an und droht damit, beim nächsten Parteitag mit einem Pulli mit deren Logo rumzulaufen. Der SuperGAU. Was für ein Erpressungspotential tut sich da auf. Die haben uns alle in der Hand.
Hoffentlich ließt die AfD hier nicht mit.

Jodel hat gesagt…

Liebe Anmerkung, das wird wohl nicht reichen. Wie wir dem Artikel von ppq entnehmen können, sind ja alle Buchstaben und Zahlen irgendwie kontaminiert. Leider kann sich offenbar jeder halbwegs gebildete Nazi aus allem eine zersetzende Kombination zusammenbasteln und ahnungslose Vielflieger zum vierten Reich verführen.
Ich schlage daher vor, die Sitzreihen ab Sofort mit verschiedenen Smilies zu kennzeichnen.
Das gibt uns wenigstens ein paar Wochen Vorsprung, bevor die Rechten auch die Emoticons kapern. Wehret den Anfängen, keine Sitzreihe den Rechten.

Kotknacki hat gesagt…

Während unsere moralapostolischen Maulkorbsektengurus im mülltikültürell fachkräftig bereicherten Börlün in den Nummernschildbuchstaben AH die satanischen Initialen erschnüffelt zu haben glauben und die darum zum Wohle der sozialistisch gesäuberten Buntesrepublik auf den Index stellen, kann der grenzenlos weltoffene Hanseat problemlos seine HH-Propaganda durch Willkommensschland kutschieren.

Im politisch korrekten Mathematikbereich sind also die teuflischen 18 tabu, während 88 sich legaler Toleranz bzw. sogar Beliebtheit erfreuen darf.

Wie soll denn mein Kampf gegen Rächss erfolgreich sein, wenn staatliche Behörden den wie in "Das Boot" mit Grölemeier in passender Naziuniform torpedieren? Dann kann ich gleich auf den totalen Endsieg verzichten, AfD wählen und mich auch ohne eine Armlänge Abstand sicher dabei fühlen.

Besonders schlimm jedoch ist, das ausgerechnet die militantesten Vielfaltsfanatiker auch die Swastika attackieren, weil sie dieses bis zu 10000 Jahre alte Glückssymbol in ihrem rotgrün dummen Putzfimmelwahn nicht vom phösen Hitler-Hakenkreuz unterscheiden können.

Naja, wer hysterisch alle SUVs verbieten will, weil es in jüngster Vergangenheit zwei tragische Unfälle durch Fahrerfehler gegeben hat, der scheint Ursache und Wirkung komplett durcheinander zu bringen. Mir sagte übrigens mal ein TÜV-Techniker, er würde bei einem Crash lieber in seinem Benzboliden als in einem Smart sitzen. Ich stimme ihm zu. Sollen diese Umweltspinner sich zermatschen lassen, falls sie nicht gerade im Flugzeug sitzen, um beflissen ihre selbst erfundenen weltweiten Klimaschutzmissionen zu erfüllen. Scheinheiliges Pharisäerpack: Salzwasser predigen, Honigsekt saufen. Widerliches Lügenboldgesindel, sonst nix. Aber der bessermenschliche Doofmichel wählt die begeistert immer wieder. Rennt in seiner vielfältigen Einfalt nun mal jedem Heil versprechenden Scharlatan nach.

"Es gibt kein gutmütigeres, aber auch kein leichtgläubigeres Volk als das deutsche. Zwiespalt brauchte ich unter ihnen nie zu säen. Ich brauchte nur meine Netze auszuspannen, dann liefen sie wie ein scheues Wild hinein. Untereinander haben sie sich gewürgt, und sie meinten ihre Pflicht zu tun. Törichter ist kein anderes Volk auf Erden. Keine Lüge kann grob genug ersonnen werden: die Deutschen glauben sie. Um eine Parole, die man ihnen gab, verfolgten sie ihre Landsleute mit größerer Erbitterung als ihre wirklichen Feinde." (Zitat von wem auch immer)

Viel Spaß also noch im Freigehege der durch isolierte Inzucht längst degenerierten Doidschmischöll. Wer die zu Freunden oder Nachbarn hat, der braucht wahrlich keine Feinde. Deren hinterfotzige Gehässigkeit beginnt beim Dorftratsch und endet bei den regimtreuen Mediensyndikaten.

Schöne neue Welt 500 Jahre vor der Huxleys.

Die Anmerkung hat gesagt…

Noch so eine Datenbank der Hetze in Zeiten politisch korrekten SUV-Bashings.
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