Samstag, 3. August 2019

HFC: Mit dem Heilsbringer auf der Euphoriewelle

Vorgabenlieferant Bentley Baxter Bahn jubelt mit Jonas Nietfeld, Pascal Sohm und Niklas Landgraf über das 1:0.
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Im ersten Spiel gegen Rostock wusste noch niemand, was von der leicht runderneuerten HFC-Elf der Saison 2019/2020 zu erwarten ist. Es gelang ein knapper Sieg, es folgte das 2:0 bei Viktoria Köln und mit der Verpflichtung des Deutsch-Amerikaners Terrence Boyd eine Kampfansage an den Rest der Liga: Dieses Mal geht der Hallesche FC mit einem klaren Ziel in die Spielzeit. Alles andere als der Aufstieg in Liga 2 wäre für Vereinsleitung, Trainer, Spieler und Anhang eine Enttäuschung.

Und auf einmal steht es 1:1.
Große Kuchen, die da gebacken werden, sollen, vorerst. Gegen Chemnitz, vor zwei Jahren zum letzten Mal an der Saale zu Gast, ist Aufsteiger, Tabellen 18. und gerade in Insolvenz, Daniel Frahn, der beim rot-weißen Anhang verhasste frühere RB-Spieler ist nicht dabei und abgesehen von Trainer David Berger, vor zehn Jahren noch selbst in Rot und Weiß, und Tobias Müller ist auch sonst niemand bei den Himmelblauen zu sehen, an dessen Namen sich noch jemand unter den 7500 halleschen Zuschauern noch erinnert. Nicht einmal die Fans, die der frühere FC Karl-Marx-Stadt in der Vergangenheit immer mitgebracht hat, sind da: Ein Häuflein von 250 Versprengten nur hat die Reise zur absehbaren Auswärtsniederlage angetreten.

Spielertraube nach dem 2:1.
Der HFC, diesmal ohne Lindenhahn, dafür aber wieder mit Landgraf, macht von Anfang an klar, dass die Punkte sieben, acht und neun aus der englischen Woche fest eingeplant sind. Chemnitz ist kaum am Ball, Halle kaum vom Ball zu trennen. Fünf Minuten spielt nur eine Elf, dann passiert es: Bentley Baxter Bahn setzt sich links außen durch und passt nach innen, wo Neuzugang Jonas Nietfeld überhaupt keine Mühe hat, aus nächster Distanz zum 1:0 einzulenken.

Ein Hauch von Jetztgehehetslos schwappt durchs alte Wabbel-Stadion, denn was da unten zu sehen ist, sieht nach einem Drei-, Vier- oder Fünfnull aus. Sebastian Mai, nach der Verpflichtung von Boyd nun wohl doch wieder Abwehrchef, dirigiert Landgraf und Tobias Schilk sicher, Björn Jopek und Bahn haben die Mitte im griff und außen rucken Dennis Mast und Patrick Göbel mehrfach so gefährlich an, dass die Namen Ajani und Manu vermutlich in ein paar Wochen vergessen sein werden.

Allein, das alte Leiden, vorn geht nichts rein. Niklas Landgraf knallt das Leder aus 25 Metern an die Latte. Bahn schießt CFC-Torwart Jakubov an. Und Julian Guttau, der Nachwuchsmann, der flankiert von Nietfeld und Sohm als Mittelstürmer agiert, wird erst folgenlos am Strafraum gelegt. Schießt im zweiten Anlauf einen Chemnitzer aus kürzester Distanz an. Und haut den Ball im dritten aus fünf Metern frei über den Kasten.

Das ist nur zu bekannt in Halle, wo Neuzugang Terrence Boyd genau aus diesem Grunde schon vor seiner ersten Ballberührung wie ein Heilsbringer gefeiert wird. Eingewechselt wird allerdings nicht der Riese mit dem dunklen Bart, sondern Nachwuchs-Verteidiger Niklas Kastenhofer, der für Tobias Schilk kommen muss,d er sich bei einem Zweikampf verletzt hat. Dann ist Halbzeit und klar: Gewonnen ist noch nichts.

Aber verlieren kann Torsten Ziegner Elf hier noch alles, das wird in der 50. Minute deutlich, als Chemnitz die erste vernünftige Ecke des Tages spielt. Wo der HFC sich für eine eine Variante überlegt hat, die eine kurze Ablage so lange zur supercleveren Kombination ausbaut, bis alle eigenen Mitspieler komplett verwirrt sind, zieht Chemnitz den Ball schlicht und altbacken vors Tor. Eisele fliegt abenteuerlich vorbei, der Riese Mai staunt hinterher. 1:1.

Guter Rat ist teuer, was Ziegner nun von der Bank bringt, auch. Felix Drinkuth und Terrence Boyd kommen für Mast und Guttau - und das Wunder geschieht. Wo der HFC eben noch wirkte, als könnte ihm der Ausgleich wirklich den Stecker gezogen haben, geht nun ein Ruck durch die Roten. Begleitet vom unaufhörlichen Gesang der Fankurve, rappelt sich der Favorit binnen weniger Minuten wieder auf. Und wie! Drinkuth behauptet den Ball auf links, Boyd bekommt ihn mit dem Rücken zum Tor und legt ab auf Bahn. Der aus ähnlicher Position wie Jopek in der Vorwoche abzieht und zum 2:1 trifft.

Großes Gefühlskino, denn obwohl Chemnitz nicht aufsteckt, kommt mit Boyd, nun vorn in der Mitte, eine andere Präsenz ins HFC-Spiel. Der Ex-Nationalspieler gewinnt seine Kopfbälle, er legt klug ab, er versucht, seine Mitspieler ins Spiel zu bringen. Chemnitz ist nun  eigentlich schon geschlagen, den Strich drunter aber macht Patrick Göbel erst in der 88. Minute. Kurz angespielt, dreht der frühere Zwickauer sich ein Stück und schießt trocken ins lange Eck.

3:1, dritter Sieg im vierten Spiel, dritter Platz und beste Ostmannschaft der 3. Liga. Während sich die Spieler in Rot in den Armen liegen, schwappt ein Hauch von Euphorie über die Ränge des Erdgas-Sportparkes. Ohoho, wie ist das schön! Als nächstes kommt Wolfsburg zum Pokalspiel. Zeit wird es, der unschönen und fast stets ernüchternden HFC-Pokalgeschichte einen anderen Tupfer  hinzuzufügen.

Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht diese Mannschaft?





2 Kommentare:

Carl Gustaf hat gesagt…

Der Vollständigkeit halber sollte ergänzt werden, dass am Samstag Daniel Frahn seine Fussballer-Karriere in Halle beendet hat.

Anonym hat gesagt…

Daniel Frahn --- vielleicht findet er im gewesenen Ostblock noch etwas.