Montag, 5. August 2019

Greta Thunberg: Ein Schiff wird frommen


Im Jahre 1919 benötigte ein modernes Schiff sieben Tage von Großbritannien über den Atlantik bis nach New York. Damals war das die schnellste Art, um aus der alten in die neue Welt zu gelangen. Hundert Jahre später dauert es etwas länger, zumindest in Fällen, in denen auf Außenwirkung geachtet werden muss wie bei Greta Thunberg, die zu einer der unzähligen Klimakonferenzen nach New York reisen muss. Dabei aber aus naheliegenden Gründen kein Flugzeug benutzen darf.

Die Wahl der jungen Schwedin fiel auf eine monegassische Segeljacht, die zwei Wochen zur Querung des Atlantik benötigen wird. Beispielhaft, wenn auch nicht für gewöhnliche Sterbliche, deren Jahresurlaubszeit nach Ankunft in Amerika bei dieser Reiseart nur noch einen kurzen Abstecher an Land erlauben würde, ehe es schon wieder an die Rückreise gehen müsste. Doch hier geht es um Symbolik, und das aus Kohlefaserstoff hergestellte Schiff, das neben den beiden Skippern noch Thunbergs Vater und – für die spätere mediale Auswertung der Reise unumgänglich – einen Kameramann an Bord haben wird, liefert die wie gewünscht.


Allerdings nur auf den ersten Blick. Kohlefasern klingt nach High Tech, sauber und schnittig. Thunberg vermittelt hier das Bild der ökologisch Reisenden, kein Kerosin, kein schmutziger Schiffsdiesel, kein Benzin, nur Wind und Segel und Natur pur. Der Dieselmotor, den die "Malizia II" durchaus an Bord hat, wird vor dem Auslaufen versiegelt. Es soll niemand der Ikone des Klimastreiks etwas nachsagen können.

Doch der Werkstoff, aus dem die besteht, tut das dann doch. Kohlefaser besteht aus 95 Prozent aus reinem Kohlenstoff, wie er in der Natur in Form von Graphit oder Diamant vorkommt. Zur Gewinnung in der Praxis benutzt werden aber nicht Diamanten, sondern meist einfach Steinkohlenteer oder Petroleumpech. Der so produzierte reine Kohlenstoff ist nun aber ein Material, das unlöslich und unschmelzbar ist und deshalb als Grundlage für den Schiffsbau ausfällt.

Um nutzbar zu werden, müssen nicht schmelzbare Kohlenstoff-Polymerfäden erst durch eine Pyrolyse genannte Verkokung mit einer durchgehenden Kohlenstoffkette versehen werden. Die Voroxidation findet dabei in sauerstoffhaltiger Atmosphäre bei 200 - 300 Grad statt, die eigentliche Carbonisierung erfolgt bei 800 - 1500 Grad und anschließend ist auch noch eine Hochtemperaturbehandlung bei 2000 - 3000 Grad nötig.

Das klingt schon chemisch und energieintensiv, ist aber bei näherer Betrachtung sogar noch mehr als das. Die Herstellung von Kohlefaserverbundstoffen verbraucht fast doppelt so viel Energie wie das Schmelzen von Stahl und es ist zehnmal energieintensiver als die Herstellung von Glasfasern. Der Energiebedarf allein für die Epoxidharzproduktion zum Beispiel ist vergleichbar mit dem von Aluminium.

Das Problem dabei: Lassen sich Stahl oder Aluminium nach abgelaufener Nutzungsdauer eines Autos, einer Brücke oder eines Schiffs einfach einschmelzen und neu verwenden, ist ein Recycling von Kohlefaserstoffen aufwendig und teuer. Hier müssen die Fasern freigelegt werden, ohne sie zu schädigen. Und dennoch wird alte Kohlenfaser nicht neu, auch nicht die drei Tonnen, die in der Malizia II stecken. Denn während bei der Erstproduktion eine Endloskohlenstofffaser wie ein Weidezaun rechtwinklig verwoben wird, liegen die kürzeren Fasern im Recyclingvlies wirr in alle Richtungen verstreut.


Ökologisch ist Greta Thunbergs Reise also vor allem auf der symbolischen Ebene, ökologischer aber wäre sie gewesen, hätte die junge Schwedin als Küchenjunge auf einem Containerschiff angeheuert, das ohnehin nach New York fährt. Große Güterschiffe sind, was den Energieeinsatz pro beförderter Lasteinheit betrifft, schließlich immer noch das ökologischste Transportmittel.



15 Kommentare:

Frommsverhüterli hat gesagt…

... und wieder mal viel klug klingen sollendes Ausgeschmücke einer Botschaft, die man kurz auch so formulieren könnte:

"Gretas Reise nur eine Propagandalüge, denn auch Segelboote wachsen nicht auf Bäumen."

Die anspruchsvolle Leserschaft hier braucht aber wohl eine wortreiche verfahrenstechnische Erklärung, um zu kapieren, worum es geht.

Dieses Thema wurde in anderen Blogs übrigens schon vor vielen Tagen ausschöpfend behandelt.

Sensationell, dass auch ihr das nun als "phänomen" und nicht als nur "endemisch auftretend" einstuft.

ppq hat gesagt…

hass ist unser lohn. danke!

Anonym hat gesagt…

Herstellung und Betrieb eines Hochleistungsseglers ist nicht kohlenstoffneutral .

die Rennjolle des hamburger Schnösels besteht aus Kohlefaserverbundwerkstoffen , Stahl , Alu und Titan, Glasfaser .

dazu kommt reichlich Elektronik und vermutlich auch eine Salzwasseraufbereitungsanlage für die ein paar Solarzellen kaum ausreichen dürften .

lesandi hat gesagt…

Bestimmt kann man die Aussage verkürzen und bestimmt stand das auch anderswo, aber als Diskussionsgrundlage ist die Langversion besser und ich zum Beispiel habe keine Ressourcen, mich durch X Foren und Blogs zu lesen.
An dieser Stelle also ein Dankeschön an die Autoren des Blogs.

Der lachende Mann hat gesagt…

Ich stimme @lesandi zu. Und den wortreich kluge Ratschläge Erteilenden sei empfohlen, einen eigenen Blog aufzumachen und nach einiger Zeit die Zähne zusammenzubeißen und die Zugriffzahlen mit denen von PPQ zu vergleichen.

void hat gesagt…

Mit einer hochgradig Behinderten 20 Tage auf engstem Raum, dabei die auch auf der Nordhalbkugel z.T. auftretenden Roaring Forties, Furious Fifties und Screaming Sixties - und August / September ist der Atlantik Hurrikan-Gebiet - wird so ein Törn wahrlich kein Zuckerschlecken. Aber immerhin blästs schön von hinten, ein Vorwindkurs bei >8Bft... da kommt Freude auf.

Vom Rückweg per Carbonsegler ist übrigens gar nicht die Rede, denn der dauert wie auch ein Rückflug deutlich länger. Da blästs von vorne, nasser, aber sichererer Kurs. Nur muss sie dann auch noch kreuzen (>30°), gute Knüppelarbeit, und ohne elektrische Helferlein aus der Sonnen- und Windenergie mit 3 "Mann" nicht zu schaffen. Mit auch nicht, es sei denn, sie hat Akkus in der Größe / eines Gewichts eines halben Käfers an Bord. Aber dann geht Hydrofoil nimmer.

Meine Prognose, die kotzt sich schon auf der (M)/(N)ordsee das schwarze Seelchen aus dem Leib, die US-Hafenbehörden verweigern ihr die Einreise und stellt sie erstmal 40 Tage unter Quarantäne.

Anonym hat gesagt…

@ void: Sehr guter Beitrag, es wird vielleicht noch sehr lustig, hoffen wir es.
Ein wenig Klugschieten erlaube ich mir: Der Rückflug ist kürzer, weil daheroben der Strahlstrom mit ~ 200 km/h nach Osten pustet. Hatte neulich die Ehre, meinem verehrten Chef den Unterschied zwischen neudeutsch ground speed und true air speed zu verkloren, als er sich wunderte, vermeintlich mit Überschallgeschwindigkeit von Jew York zurückgeflogen zu sein.

Frommsverhüterli hat gesagt…

@ Der lachende Mann

sollte so langsam mal eine Grinspause einlegen, und tief Luft holen, denn er scheint unter Sauerstoffmangel zu halluzinieren, dass Masse automatisch Klasse und Quantität automatisch Qualität ist.

Ein Blick in Fratzenbuchklicks reicht, um das ad absurdum zu führen. 100 Mio Dummköpfe werden nämlich nicht einen einzigen Nobelpreis bekommen können, weil sie trotz ihrer gewaltigen Masse nur Dummköpfe sind.

"Zugriffszahlen" ... was für ein martialisches Wort aus einem dauergrinsenden Kichererbsengesicht.

ppq hat gesagt…

neid ist unser lohn. danke

Anonym hat gesagt…

@ Frommsverhüterli:

Siehe, ich bin zu gering, was soll ich antworten? Ich will meine Hand auf meinen Mund legen.
Hiob 40.4

Anonym hat gesagt…

@ Frommsverhüterli:

Was Deines Amtes nicht ist, da laß Deinen Fürwitz.
Sirach 3.24

Anonym hat gesagt…

Hiob 1.11: Was gilt's? --- Den kriege ich noch zur Rumpelstilzchen - Reaktion.

ppq hat gesagt…

keine gewalt!

Anonym hat gesagt…

Und als sie so den Teig mengte, da hatte sie über ihre Hände nicht Gewalt, und ein großer Schnüdel hing ihr aus der Nase ...
Soviel zu Gewalt.

Aaah, Frommsie holt noch Luft - aber bald wird er uns wieder belustigen ... (wenn auch bis insoweit und maßvoll).

Unknown hat gesagt…

Vielleicht hat sie ja nur ein one-way Ticket. Dann wären wir diese unsägliche Göre endlich los.