Dienstag, 20. August 2019

Betreutes Leben: Ende der Vertragsfreiheit

Eben war sie noch Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, doch in ihr neues Amt als Bundesjustizministerin startet Christine Lambrecht mit Verve: Mit dem geplanten neuen Gesetz zum Schutz der Verbraucher vor Kostenfallen geht die Sozialdemokratin die große Aufgabe engagiert an, die Vertragsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger zu beschneiden. Dieses Vorhaben gilt als wichtiger Schritt auf dem Weg zum rundum betreuten Leben, wie es die deutsche Sozialdemokratie bereits vor Jahren als Ziel ihres politischen Handelns ausformuliert hatte.

Im Menschenbild der SPD handelt es sich bei Wählerinnen und Wählern um nur beschränkt geschäftsfähige Personen, die intellektuell meist gar nicht in der Lage sind, die ihnen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit durch Art. 2 Abs. 1 GG zugestandene Möglichkeit zu nutzen, Verträge nach eigenen Vorstellungen zu schließen.

Lambrecht sagte bei der Vorstellung ihrer Pläne in Berlin, betrügerische Geschäftsmodelle, undurchsichtige Vertragsstrukturen und kalkulierte Kostenfallen etwa bei der automatischen Verlängerung von Mobilfunkverträgen um zwölf Monate seien noch immer an der Tagesordnung, weil die durch das Grundgesetz bislang geschützte Vertragsfreiheit als Ausprägung des Grundsatzes der Privatautonomie im deutschen Zivilrecht es leider jedermann gestatte, Verträge abzuschließen, die sowohl hinsichtlich des Vertragspartners als auch des Vertragsgegenstandes frei bestimmt werden können.

Dagegen will die Justizministerin entschieden vorgehen: Ihr Gesetzentwurf sieht ein Verbot von Verträgen vor, deren Vertragsdauer sich auf mehr als ein beläuft. Verbraucher wären danach nur noch in der Lage, höchstens einjährige Mobilfunkverträge zu schließen. Hier hätte der Staat künftig das Primat, ordnungspolitisch wäre eine Höchstdauer vorgegeben, die Bürgerinnen und Bürger durch eigenen Willen nicht außer Kraft setzen könnten. Zum Schutz der zu betreuenden Personen wäre die Gestaltungsfreiheit, den Inhalt der vertraglichen Regelungen mit dem Vertragspartner frei zu bestimmen, dahingehend aufgehoben, dass den zu betreuenden Personen die Möglichkeit gegeben wird, Knebelverträge, betrügerische Abzockvereinbarungen und überteuerte Mobilfunkverträge jährlich neu abschließen können.

Von einer generellen Abzockbremse, die sich an der Mietpreisbremse orientiert, hatte die Ministerin ausdrücklich abgesehen, weil das neue "Tolle-Verträge-Gesetz" vor allem auf generelles Ende der Abschlussfreiheit der Bürger zielt, die ihre Freiheit, sich nach Gutdünken zu entscheiden, ob, wo, wann, wie und mit wem sie einen Vertrag schließen wollen, häufig missbraucht hatten. Der Entwurf zur neuen Betreuungregelung gehe jetzt in die Ressortabstimmung, erklärte die SPD-Politikerin. Danach stehe der Kabinettsbeschluss an und die Abstimmung im Parlament sei dann nur noch Formsache.



15 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Stiftung Haßtest hat die Qualität der Haßkommentare und deren Preis getestet und verglichen.

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Godot hat gesagt…

Das freie Vertragsrecht bleibt unberührt. Der Autor vergisst schlicht, dass wir in einer Demokratie leben. Rechtssubjekt ist das Volk. Sein Wille zählt. Private Vorlieben, also bloße Teile des entscheidenden Rechtssubjektes, müssen im Interesse des Allgemeinnutzens - den der Volkswille definiert - selbstredend zurückstehen, sind rechtlich irrelevant. Die gso ganz grundlegend antidemokratische Attitüde des obenstehenden Beitrages ist also fraglos ein Fall für den deutschen demokratischen Staatsschutz!

Anonym hat gesagt…

Und gilt das auch für Mietverträge, dass sie nur auf maximal 1 Jahr abgeschlossen werden dürfen?

Anonym hat gesagt…

Im Mobilfunkbereich bin ich ein Insider. Dort beschäftigen die Unternehmen ganze Hundertschaften, die sich den ganzen Tag mit nichts anderes beschäftigen, als sich neue Tarife/Optionen/Regeln/AGB auszudenken, mit denen sie den Kunden rechtlich sauber über den Tisch ziehen können. Diese "Marketing"-Abteilungen sind teilweise schon größer als die Technik-Abteilungen. Daher gibt es für den Kunden hier einfach keine Waffengleichheit. Niemand kann sich tagelang mit allen Fallstricken eines Mobilfunkvertrages beschäftigen. Wenn man dann im Zweifel schneller raus kommt, wirkt das evtl. disziplinierend.

Godot hat gesagt…

@Anonym Nr. 2: Nur in einem Kindergarten diskutieren die Kinder darüber, ob die Erzieherin eine gute Entscheidung für sie getroffen hat oder nicht. Erwachsene treffen Entscheidungen selber - und sei es die, vor allem auf eine kurze Vertragslaufzeit zu achten.

fugger hat gesagt…

Ich weiß wirklich nicht was daran schlimm sein soll, dass Mobilfunkverträge nur noch maximal ein Jahr laufen dürfen und sich vor allem nicht automatisch verlängern. Das ist sehr praktisch wie jeder weiß, der schon mal Kündigungsfristen "verpennt" hat. Jedes Unternehmen sollte außerdem per Gesetz verpflichtet werden, jeweils 4 und 2 Wochen vor Ablauf darauf hinzuweisen, dass man sich um eine Verlängerung kümmern muss, andernfalls läuft der Vertrag automatisch aus. Viel besser als anders herum.

fugger hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
fugger hat gesagt…

An Godot. Wir leben eben nicht in einer Demokratie. Um das zu verstehen, muss man aber mehr als zwei Gehirnzellen haben.

Anonym hat gesagt…

@Godot: (Informierte) Entscheidungen treffen kostet Zeit und erfordert gewisse intellektuelle Fähigkeiten. Da kann der Staat ruhig Leitplanken einziehen, um das Leben einfacher zu machen und damit man sich mit angenehmeren Sachen beschäftigen kann. Außerdem geht es auch um einen gerechteren Wettbewerb: Derjenige mit der besseren Leistung und nicht derjenige, der die Kunden besser über den Tisch zieht, sollte gewinnen. Es gibt von der Kostenrechnung keinen Grund, im Mobilfunk andere Tarife anzubieten, als bei Wasser oder Strom: Grundgebühr+Nutzungsgebühr. Alles andere dient nur der Intransparenz.

Frolleinwunder hat gesagt…

Es ist hoffnungslos. Das Prinzip der Freiheit bringt man den Leuten wohl nicht mehr bei...

Anonym hat gesagt…

Die schnelllebige Zeit wird "Gesetz" …

Für mich hätte ich gerne nachhaltige Tarife.

Anonym hat gesagt…

Das Prinzip der Freiheit hat eben Grenzen: Die meisten Menschen möchten nicht in einem Land leben, in dem es die Freiheit gibt, andere zu betrügen oder zu töten. Die Migrationssröme verlaufen von Somalia nach Deutschland und nicht umgekehrt. Frolleinwunder hat wahrscheinlich auch noch nicht darüber nachgedacht, wegen der größeren Freiheit nach Somalia auszuwandern.

IBIF hat gesagt…

Coole Idee. Wird dann die "Schulanwesenheitspflicht" auch auf ein Jahr beschränkt?

ppq hat gesagt…

@anonym und warum buchst du dann nicht einfach so einen tarif? nur für dich noch ein geheimer tipp: es gibt sogar flatrates! grundgebühr und nutzungsgebühr in einem!!!!

Frolleinwunder hat gesagt…

Frolleinwunder hat in der Tat noch nicht darüber nachgedacht, nach Somalia auszuwandern. Weder wegen besserer Mobilfunktarife dort oder dem Recht, da nach Belieben rumtöten zu dürfen. Ist sich aber auch nicht sicher, ob es beides dort gibt. Jedenfalls begeht Frolleinwunder nicht den Fehler oder das absichtlichen rhetorische Foul, die Unlust mancher Leute, sich mit ihrem Mobilfunktarif zu beschäftigen, mit dem Unrecht des willkürlichen Tötens anderer gleichzusetzen.
Gern und kostenfrei regt Frolleinwunder aber an, sich zum Thema Freiheit - und ihren Grenzen - mal die Anfangskapitel von Schachtschneiders "Die Souveränität Deutschlands" reinzuziehen. Gibts beim Kopp und lohnt sich sehr. Bonustipp: sehr gute Erläuterung der Philosophie Kants, ohne in elysische Höhen abzuflattern. Weiter gehts mit Herrschaft, Recht und Verfassung(sgesetz).
Super-Bonus-Tipp: Mobilfunkverträge und Tarifberatung kommen nicht vor.
Super-Sonder-Bonus-Tipp: Beratung zu Mobilfunkverträgen gibts bei der Verbraucherzentrale Thüringen, ist extra Kohle für in den Landeshaushalt eingestellt. Malus: nur für "Flüchtlinge" (oder solche, die sich dafür ausgeben)