Auch regierungstreue Medienleiden an Auszehrung: Die Taz aus Berlin braucht alte PPQ-Scherze auf, um ihre alternative Leserschaft zu beglücken. |
Kaum war die Kuh vom EU-Eis und mit Ursula von der Leyen erstmals eine Frau EU-Kommissionschefin, noch dazu eine Deutsche!, legte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach. Als wolle sie alle Kritiker Lügen strafen, die ihr schon vor Monaten ein nahes Ende vorhergesagt hatten und zuletzt wie Geier über kleine gesundheitliche Probleme der Kanzlerin hergefallen waren, entschloss sich die CDU-Politikerin zur großen Lösung.
War der gemeinsam mit Emmanuel Macron eingefädelte Deal um von der Leyen schon ein Geniestreich, sollte es die Ersatzbesetzung des vakanten Verteidigungsministeriums erst recht werden: Diesmal zauberte Merkel ihre Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer als Nachfolgerin für von der Leyen aus dem Hut. AKK, wie die von der kantigen Saarländerin begeisterten Medien die frühere Ministerpräsidentin getauft haben, wird damit zur Untergebenen der Frau, der sie dereinst im Kanzleramt nachfolgen soll, wobei sie zugleich als Parteichefin deren Vorgesetzte bleibt.
Es wird eng im Funktionsanzug der Großen Koalition, deren inhaltliche Auszehrung mittlerweile auch deutliche sichtbar eine personelle Entsprechung findet. Kramp-Karrenbauer, die nach Presseberichten bereits heute ihr neues Amt als Verteidigungsministerin antritt, damit Deutschland weiterhin sicher verteidigt bleibt, hatte den Eintritt ins Kabinett bis vor kurzem stets abgelehnt. Stattdessen versuchte die Kanzlerin in spe von hinten zu führen - kürzlich erst mit einem Marshallplan für Afrika, der den Nachbarkontinent im Handumdrehen aus der Armut zu reißen versprach.
Deutschland könne den Beweis antreten, „dass Innovationskraft und Veränderungsbereitschaft unsere Gesellschaft leiten und so den notwendigen Schub zur Rettung der natürlichen Lebensgrundlagen schaffen können“, so kündigte Kramp-Karrenbauer an. In Afrika werden nach neuen Zahlen der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung die Frauen bis 2050 durchschnittlich 4,4 Kinder bekommen, deren weibliche Nachkommen, so die Projektion, haben dann bei leicht sinkender Fertilitätsrate noch einmal fast so viele Kinder pro Kopf.
Ehe die Fruchtbarkeitsrate auch in Afrika bis 2100 auf 2,1 Kinder pro Frau sinkt, wird die Zahl der Menschen dort von heute knapp 1,3 Milliarden sich damit noch auf rund 4,3 Milliarden Menschen nahezu vervierfachen, ehe der Geburtendruck nachlässt. Afrika wächst um 36 Deutschlands.
Eine Entwicklung, aus der große europäische Verantwortung erwächst, der sich AKK mutig stellt. Um viermal mehr Menschen einen Lebensstandard wenigstens auf dem derzeitigen Niveau zu sichern, müsste das Wirtschaftswachstum in Afrika über die nächsten 90 Jahre stabil bei mindestens 2,5 Prozent liegen und über das Jahrhundert kumuliert annähernd 400 Prozent erreichen.
Soll ein Wohlstandswachstum für den Einzelnen spürbar werden, was die Geburtenentwicklung positiv beeinflussen könnte, bräuchte es sogar Zuwachsraten von dauerhaft über drei oder sogar vier Prozent. Zahlen, die Afrika noch nie erreicht hat.
Wenn Annegret Kramp-Karrenbauer also davon spricht, dass sie glaube, den „Auftrag politische Glaubwürdigkeit erneuern für die Bewältigung der immensen Herausforderungen, die vor uns liegen“ zu haben, von wem auch immer, dann hat sie eine Lösung gefunden, wie 82 Millionen Deutsche „Maßnahmen im Umwelt- und Klimaschutz“ (AKK) treffen können, die sich „an marktwirtschaftlichen Prinzipien orientieren“ (nicht: die marktwirtschaftlichen Prinzipien folgen!): Und trotz des bemerkenswerten Größenunterschieds (Abbildung oben) sicherstellen, dass in Deutschland mehr „konkret umweltschonende Lenkungswirkung“ entfaltet wird als gleichzeitig in Afrika durch den schieren Zuwachs an Bevölkerung konkret umweltschädlicher Schaden angerichtet wird.
Dass diese „Maßnahmen Rahmen des Klimaschutzgesetzes“ (AKK) dann auch noch „wirtschaftlich und innovationsanreizend“ und „sozial ausgewogen“ sein werden, sieht die Frau, deren höchstes Regierungsamt bisher der Bürgermeisterposten im Saarland war, als „große Chance für unsere Wirtschaft“. Nun endlich könne man „Wachstum wollen, das durch Innovationen Probleme lösen kann“, was dem Wortlaut zufolge bisher offenbar verboten war. „Deshalb ist es richtig, wenn Deutschland sich zu einer klimaneutralen EU bis 2050 verpflichtet“, klingt dann schon so irrwitzig wie eine Beteuerung der SPD, ein Versprechen der Bundesregierung richtig zu finden
Den Rest des Textes, mit dem die allem Anschein nach völlig ratlose CDU-Chefin tatsächlich in der „Zeit“ landete, hat ein überforderter Praktikant in einem streng abgedunkelten Raum aus einem Bingo-Stapel „Stichworte für grüne Parteitagsreden“ zusammengefühlt. „Denn nur ein zukunftsorientierter Industrie- und Technologiestandort Deutschland kann mit starken Unternehmen und Erfindergeist bei Innovationen im Umwelt- und Klimabereich an der Weltspitze bleiben“, steht da.
In der Logik der Postenbesetzung einer Regierung, die ihren intellektuellen Input von 13-Jährigen bezieht, die aus Angst vor dem Weltuntergang freitags Klimademo feiern, liegt nun aber ein Wechsel in eine Ministeramt nahe, denn schließlich ist Vorgängerin Ursula von der Leyen auch als EU-Kommissionspräsidentin nach Brüssel gewechselt, ohne zur Wahl angetreten zu sein oder irgendwann auch nur Interesse an dem Posten bekundet zu haben. "Ich habe schon letztes Jahr im Februar gesagt, ich will mich auf die Partei konzentrieren", hatte AKK versichert, "ich sehe keinen Anlass, warum ich von meiner Grundsatzentscheidung abweichen sollte.“
Ein Comicstrip, in dem die handelnden Personen nicht handeln, sondern ihre Plätze wechseln, weil sie Politik nicht mehr Mittel zum Zweck betreiben, wie der SPD-Politiker Thilo Sarrazin kritisiert, sondern als "ein Geschäft, das dem Einzelnen öffentliche Aufmerksamkeit und das Ansehen von Schauspielern" verspricht und so Dilettanten anlockt, die in der Politik eine Chance zur Selbstverwirklichung sehen. Die Hauptstadtpresse, ausgehalten von der Politik, jubelt.
Die Kreise der Beteiligten, das ist ein Phänomen, das Historiker stets in Regimes beobachten, denen es gelingt, lange an der Macht festzuhalten, werden nach hinten heraus immer kleiner. Die „ganz kleine Clique“, die Hitler nach dem 20. Juli für den Anschlag auf sein Leben verantwortlich machte, war in Wahrheit sehr viel größer als die wirklich ganz kleine Clique, der der Despot in den letzten Jahren seiner Herrschaft noch vertraute. Ähnlich verhielt es sich bei Stalin, bei Kohl und bei Honecker. Minister, Staatssekretäre und EU-Kommissare, aber auch Bundespräsidenten und was sonst noch so gebraucht wird, sie werden in abgeschotteten Kungelrunden einer halben Busbesatzung von Multifunktionären ausgeschachert, wobei die Besetzungscouch Jahr für Jahr kürzer wird, da es leicht ist, die Gnade des Königs zu verlieren, aufgrund der engen Abschottung inneren Zirkels aber fast unmöglich, von draußen kommend dessen Vertrauen zu erringen.
Erich Honecker trennte sich während seiner fast 20 Jahre währenden Herrschaftszeit nur von Konrad Naumann, neu in seinen von Vorgänger Ulbricht übernommenen Führungskreis dagegen nahm er in all den Jahren nur Schabowski und Krenz auf. Stalin wechselte seine zwei, höchstens drei Dutzend unmittelbaren Handlanger dreimal. Als erstes war da die Leninsche Garde, die er schnell abschaffte. Dann kamen Nachrücker wie Jeschow und Jegorow. Und schließlich ließ er auch die töten und umgab sich noch einmal mit einer neuen Generation von Genossen wie Schdanow und Berija. Nur Molotow und Woroschilow überlebten alle drei Phasen und am Ende sogar ihren Herren.
Wer das schaffen will, wer im immerzu nur schrumpfenden inneren Kreis zu bestehen versucht, der muss neben dem ungesunden Selbstbewusstsein, sich zuzutrauen, alles, aber auch wirklich alles zu können, auch eine Multittalentiertheit mitbringen, die ihm abseits von Kenntnissen, Wissen und Fähigkeiten erlaubt, sich selbst nicht zu fühlen wie ein Teil des letzten Aufgebotes. Denn eine Aufgabe allein reicht oft nicht: Weil die Führungsgruppe aus Gründen des Machterhaltes nach der Phase der Beseitigung aller innerparteilichen Gegner abgeschottet wird und von diesem Punkt an beständig schrumpft, müssen die vorhandenen Kräfte immer weitere Aufgaben schultern. Ein Ministerpräsident macht nebenher den Parteivorsitzenden, eine Parteivorsitzende wuppt ein Ministeramt, man ist trotz Fulltimejob noch Stellvertreter, hat sieben Kinder und schreibt seine Doktorarbeit nebenher, lebt in Berlin und kümmert sich rührend um das Töchterlein in der Eifel, 700 Kilometer entfernt.
Aber nur so geht es denn, nur denen, die bewiesen haben, dass sie Machtteilhabe wollen, nicht aber wirkliche Macht, kann der oder die Anführerin, der oder die in der Mitte steht und die Linie vorgibt, wirklich vertrauen. Bei Merkel war der Punkt erreicht, als Merz und Koch abgeschossen, Seehofer befriedet und Wulff verbeamtet worden war. Seitdem marschiert die eiserne Kanzlerin in einen Trichter aus abnehmenden Verschiebemöglichkeiten: Von der Multifunktionalität des innersten Kreises zeugen vielfältige Rochaden. Der Innenminister wurde Finanzminister und dann Parlamentspräsident. Die Arbeitsministerin machte erst Familie, dann Verteidigung und nun Europa. Der Kanzleramtsmann kann auch Innen, macht aber nun Wirtschaft. Und der Gesundheitsminister wäre eigentlich erste Wahl für Verteidigung gewesen, hätte nicht die Parteivorsitzende wegen ihrer desaströsen Beliebtheitswerte zeitnah mit einem Ministeramt ausgestattet werden müssen.
Die Kraft ist weg, die Sorge vor dem Machtverlust durch Teilung der Macht hat zur Auszehrung der Macht geführt. Regieren besteht im Dämmerlicht der letzten, meist dunklen Jahre einer Regierung, die die Zeitläufte über ihr eigentliches Ablaufdatum hinaus im Amt gehalten haben, aus Personalpolitik, wie Wolkogonow in seiner Annäherung an Stalin ausführt. Wer die Kader stellt, bestimmt die Richtung, wer die Karrieren gründet und fördert, wird in Loyalität bezahlt.
Der russische Revolutionär Georgi Walentinowitsch Plechanow, der die bolschewistische Revolution aus nächster Nähe erlebte, bemerkte schon bald nach der Übernahme der Macht, wohin der Hase lief. „Das ZK kassiert alle Elemente, die mit ihm unzufrieden sind, setzt überall seine Kreaturen ein, und nachdem es alle Komitees mit seinen Kreaturen aufgefüllt hat, sichert es sich eine untergebene Mehrheit auf den Parteitagen“, schrieb er.
War der gemeinsam mit Emmanuel Macron eingefädelte Deal um von der Leyen schon ein Geniestreich, sollte es die Ersatzbesetzung des vakanten Verteidigungsministeriums erst recht werden: Diesmal zauberte Merkel ihre Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer als Nachfolgerin für von der Leyen aus dem Hut. AKK, wie die von der kantigen Saarländerin begeisterten Medien die frühere Ministerpräsidentin getauft haben, wird damit zur Untergebenen der Frau, der sie dereinst im Kanzleramt nachfolgen soll, wobei sie zugleich als Parteichefin deren Vorgesetzte bleibt.
Es wird eng im Funktionsanzug der Großen Koalition, deren inhaltliche Auszehrung mittlerweile auch deutliche sichtbar eine personelle Entsprechung findet. Kramp-Karrenbauer, die nach Presseberichten bereits heute ihr neues Amt als Verteidigungsministerin antritt, damit Deutschland weiterhin sicher verteidigt bleibt, hatte den Eintritt ins Kabinett bis vor kurzem stets abgelehnt. Stattdessen versuchte die Kanzlerin in spe von hinten zu führen - kürzlich erst mit einem Marshallplan für Afrika, der den Nachbarkontinent im Handumdrehen aus der Armut zu reißen versprach.
Deutschland könne den Beweis antreten, „dass Innovationskraft und Veränderungsbereitschaft unsere Gesellschaft leiten und so den notwendigen Schub zur Rettung der natürlichen Lebensgrundlagen schaffen können“, so kündigte Kramp-Karrenbauer an. In Afrika werden nach neuen Zahlen der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung die Frauen bis 2050 durchschnittlich 4,4 Kinder bekommen, deren weibliche Nachkommen, so die Projektion, haben dann bei leicht sinkender Fertilitätsrate noch einmal fast so viele Kinder pro Kopf.
Afrika wächst um 36 Deutschlands
Ehe die Fruchtbarkeitsrate auch in Afrika bis 2100 auf 2,1 Kinder pro Frau sinkt, wird die Zahl der Menschen dort von heute knapp 1,3 Milliarden sich damit noch auf rund 4,3 Milliarden Menschen nahezu vervierfachen, ehe der Geburtendruck nachlässt. Afrika wächst um 36 Deutschlands.
Eine Entwicklung, aus der große europäische Verantwortung erwächst, der sich AKK mutig stellt. Um viermal mehr Menschen einen Lebensstandard wenigstens auf dem derzeitigen Niveau zu sichern, müsste das Wirtschaftswachstum in Afrika über die nächsten 90 Jahre stabil bei mindestens 2,5 Prozent liegen und über das Jahrhundert kumuliert annähernd 400 Prozent erreichen.
Soll ein Wohlstandswachstum für den Einzelnen spürbar werden, was die Geburtenentwicklung positiv beeinflussen könnte, bräuchte es sogar Zuwachsraten von dauerhaft über drei oder sogar vier Prozent. Zahlen, die Afrika noch nie erreicht hat.
Wenn Annegret Kramp-Karrenbauer also davon spricht, dass sie glaube, den „Auftrag politische Glaubwürdigkeit erneuern für die Bewältigung der immensen Herausforderungen, die vor uns liegen“ zu haben, von wem auch immer, dann hat sie eine Lösung gefunden, wie 82 Millionen Deutsche „Maßnahmen im Umwelt- und Klimaschutz“ (AKK) treffen können, die sich „an marktwirtschaftlichen Prinzipien orientieren“ (nicht: die marktwirtschaftlichen Prinzipien folgen!): Und trotz des bemerkenswerten Größenunterschieds (Abbildung oben) sicherstellen, dass in Deutschland mehr „konkret umweltschonende Lenkungswirkung“ entfaltet wird als gleichzeitig in Afrika durch den schieren Zuwachs an Bevölkerung konkret umweltschädlicher Schaden angerichtet wird.
Nicht zwei Fliegen, sondern 20 mit einer Klappe
Dass diese „Maßnahmen Rahmen des Klimaschutzgesetzes“ (AKK) dann auch noch „wirtschaftlich und innovationsanreizend“ und „sozial ausgewogen“ sein werden, sieht die Frau, deren höchstes Regierungsamt bisher der Bürgermeisterposten im Saarland war, als „große Chance für unsere Wirtschaft“. Nun endlich könne man „Wachstum wollen, das durch Innovationen Probleme lösen kann“, was dem Wortlaut zufolge bisher offenbar verboten war. „Deshalb ist es richtig, wenn Deutschland sich zu einer klimaneutralen EU bis 2050 verpflichtet“, klingt dann schon so irrwitzig wie eine Beteuerung der SPD, ein Versprechen der Bundesregierung richtig zu finden
Den Rest des Textes, mit dem die allem Anschein nach völlig ratlose CDU-Chefin tatsächlich in der „Zeit“ landete, hat ein überforderter Praktikant in einem streng abgedunkelten Raum aus einem Bingo-Stapel „Stichworte für grüne Parteitagsreden“ zusammengefühlt. „Denn nur ein zukunftsorientierter Industrie- und Technologiestandort Deutschland kann mit starken Unternehmen und Erfindergeist bei Innovationen im Umwelt- und Klimabereich an der Weltspitze bleiben“, steht da.
In der Logik der Postenbesetzung einer Regierung, die ihren intellektuellen Input von 13-Jährigen bezieht, die aus Angst vor dem Weltuntergang freitags Klimademo feiern, liegt nun aber ein Wechsel in eine Ministeramt nahe, denn schließlich ist Vorgängerin Ursula von der Leyen auch als EU-Kommissionspräsidentin nach Brüssel gewechselt, ohne zur Wahl angetreten zu sein oder irgendwann auch nur Interesse an dem Posten bekundet zu haben. "Ich habe schon letztes Jahr im Februar gesagt, ich will mich auf die Partei konzentrieren", hatte AKK versichert, "ich sehe keinen Anlass, warum ich von meiner Grundsatzentscheidung abweichen sollte.“
Ein Comicstrip, in dem die handelnden Personen nicht handeln, sondern ihre Plätze wechseln, weil sie Politik nicht mehr Mittel zum Zweck betreiben, wie der SPD-Politiker Thilo Sarrazin kritisiert, sondern als "ein Geschäft, das dem Einzelnen öffentliche Aufmerksamkeit und das Ansehen von Schauspielern" verspricht und so Dilettanten anlockt, die in der Politik eine Chance zur Selbstverwirklichung sehen. Die Hauptstadtpresse, ausgehalten von der Politik, jubelt.
Die Kreise der Beteiligten, das ist ein Phänomen, das Historiker stets in Regimes beobachten, denen es gelingt, lange an der Macht festzuhalten, werden nach hinten heraus immer kleiner. Die „ganz kleine Clique“, die Hitler nach dem 20. Juli für den Anschlag auf sein Leben verantwortlich machte, war in Wahrheit sehr viel größer als die wirklich ganz kleine Clique, der der Despot in den letzten Jahren seiner Herrschaft noch vertraute. Ähnlich verhielt es sich bei Stalin, bei Kohl und bei Honecker. Minister, Staatssekretäre und EU-Kommissare, aber auch Bundespräsidenten und was sonst noch so gebraucht wird, sie werden in abgeschotteten Kungelrunden einer halben Busbesatzung von Multifunktionären ausgeschachert, wobei die Besetzungscouch Jahr für Jahr kürzer wird, da es leicht ist, die Gnade des Königs zu verlieren, aufgrund der engen Abschottung inneren Zirkels aber fast unmöglich, von draußen kommend dessen Vertrauen zu erringen.
Erich Honecker trennte sich während seiner fast 20 Jahre währenden Herrschaftszeit nur von Konrad Naumann, neu in seinen von Vorgänger Ulbricht übernommenen Führungskreis dagegen nahm er in all den Jahren nur Schabowski und Krenz auf. Stalin wechselte seine zwei, höchstens drei Dutzend unmittelbaren Handlanger dreimal. Als erstes war da die Leninsche Garde, die er schnell abschaffte. Dann kamen Nachrücker wie Jeschow und Jegorow. Und schließlich ließ er auch die töten und umgab sich noch einmal mit einer neuen Generation von Genossen wie Schdanow und Berija. Nur Molotow und Woroschilow überlebten alle drei Phasen und am Ende sogar ihren Herren.
Wer das schaffen will, wer im immerzu nur schrumpfenden inneren Kreis zu bestehen versucht, der muss neben dem ungesunden Selbstbewusstsein, sich zuzutrauen, alles, aber auch wirklich alles zu können, auch eine Multittalentiertheit mitbringen, die ihm abseits von Kenntnissen, Wissen und Fähigkeiten erlaubt, sich selbst nicht zu fühlen wie ein Teil des letzten Aufgebotes. Denn eine Aufgabe allein reicht oft nicht: Weil die Führungsgruppe aus Gründen des Machterhaltes nach der Phase der Beseitigung aller innerparteilichen Gegner abgeschottet wird und von diesem Punkt an beständig schrumpft, müssen die vorhandenen Kräfte immer weitere Aufgaben schultern. Ein Ministerpräsident macht nebenher den Parteivorsitzenden, eine Parteivorsitzende wuppt ein Ministeramt, man ist trotz Fulltimejob noch Stellvertreter, hat sieben Kinder und schreibt seine Doktorarbeit nebenher, lebt in Berlin und kümmert sich rührend um das Töchterlein in der Eifel, 700 Kilometer entfernt.
Aber nur so geht es denn, nur denen, die bewiesen haben, dass sie Machtteilhabe wollen, nicht aber wirkliche Macht, kann der oder die Anführerin, der oder die in der Mitte steht und die Linie vorgibt, wirklich vertrauen. Bei Merkel war der Punkt erreicht, als Merz und Koch abgeschossen, Seehofer befriedet und Wulff verbeamtet worden war. Seitdem marschiert die eiserne Kanzlerin in einen Trichter aus abnehmenden Verschiebemöglichkeiten: Von der Multifunktionalität des innersten Kreises zeugen vielfältige Rochaden. Der Innenminister wurde Finanzminister und dann Parlamentspräsident. Die Arbeitsministerin machte erst Familie, dann Verteidigung und nun Europa. Der Kanzleramtsmann kann auch Innen, macht aber nun Wirtschaft. Und der Gesundheitsminister wäre eigentlich erste Wahl für Verteidigung gewesen, hätte nicht die Parteivorsitzende wegen ihrer desaströsen Beliebtheitswerte zeitnah mit einem Ministeramt ausgestattet werden müssen.
Die Kraft ist weg, die Sorge vor dem Machtverlust durch Teilung der Macht hat zur Auszehrung der Macht geführt. Regieren besteht im Dämmerlicht der letzten, meist dunklen Jahre einer Regierung, die die Zeitläufte über ihr eigentliches Ablaufdatum hinaus im Amt gehalten haben, aus Personalpolitik, wie Wolkogonow in seiner Annäherung an Stalin ausführt. Wer die Kader stellt, bestimmt die Richtung, wer die Karrieren gründet und fördert, wird in Loyalität bezahlt.
Der russische Revolutionär Georgi Walentinowitsch Plechanow, der die bolschewistische Revolution aus nächster Nähe erlebte, bemerkte schon bald nach der Übernahme der Macht, wohin der Hase lief. „Das ZK kassiert alle Elemente, die mit ihm unzufrieden sind, setzt überall seine Kreaturen ein, und nachdem es alle Komitees mit seinen Kreaturen aufgefüllt hat, sichert es sich eine untergebene Mehrheit auf den Parteitagen“, schrieb er.
7 Kommentare:
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Wieder mal ein Bäumchen-wechsle-dich-Kindergartenspiel auf höchster politisch korrekter Merkelandistanebene.
Wir haben an der Spitze unseres schwarmintelligenten Michellandes nun mal viele Universalgenies, die problemlos ein Ressort nach dem anderen leiten können.
Nicht nur im bejubelten Flüchtlingsstrom wimmelt es von Fachkräften, die kein Fach beherrschen. Darum passt das Willkommensritual bei uns auch so gutmenschlich hierher.
anodder subber stueck here on ppq. den besten hauptstadtjournalismus gibt es gratis.
und alles ist ganz umsonst!
Umsonst ?
Mit Ausnahme der Unterstützung durch Wettmafia, Putin und den Verfassungsschutz !
Ich muss mich dem Lob anschließen. Super Artikel. Wieso wird wohl eher die Hölle zufrieren als das ich so etwas in meiner teuer bezahlten Zeitung lesen darf?
Nur eine Anmerkung. Wäre es aus Frau Merkels Sicht nicht noch besser gewesen den Posten Herrn
Merz aufzudrücken. AKK hat sie doch sowieso an der Kandare. Ob deren Beliebtheitswerte als Verteidigungsminister steigen werden, wage ich gelinde zu bezweifeln. Auch in Zukunft werden damit konfrontiert sein, dass wir nicht einmal bedingt verteidigungsfähig sind weil fast nichts mehr fährt, fliegt oder schwimmt. Das AKK hier jetzt plötzlich das Ruder herumreißt und alles ganz wundersam zu funktionieren beginnt kann wohl ausgeschlossen werden. Außerdem hat Frau AKK genau null Charisma und das wir auf jedem Pöstchen so bleiben.
Wenn hingegen Herr März Minister geworden wäre, wäre auch der Letzte, der so etwas ähnliches wie ein Kritiker ist oder werden könnte, kaltgestellt worden. Das wäre doch die doppelplusgute Lösung für Frau Merkel gewesen. So ist es jetzt halt nur plusgut geworden.
Reicht auch, ist aber nicht die perfekte Rochade, wie man sie von der Kanzlerin kennt.
Oder irre ich mich hier?
danke. aber ich glaube, du irrst dich. es ging jetzt schon um den posten als kanzlerkandidatin, den die akk ja mit der parteiführung übernommen hatte.
allerdings war sie nun ein halbes jahr später schon nicht mehr als kandidatin vermittelbar, weil sie nirgendwo zu sehen war, außer in den momenten, wo sie was verbockt hatte. wäre nun der spahn verteidigungsminister geworden – nach kanzler, finanz- und innenminister der vermeintlich wichtigste posten im kabinett (deshalb hatte der schäuble diese jobs immer), dann wäre akk raus gewesen, wenn es zum schwure kommt.
der spahn ist ja ihr größter konkurrent um die kanzlerkandidatenschaft. sie musste also jetzt springen oder sie wäre endgültig der bettvorleger geworden, als der sie nun erst in zwei jahren auch bei den großen blättern beerdigt werden wird.
denkt dann dran, wo ihr es zuerst gelesen habt ;-)
Ich glaube AKK könnte nur Kanzlerkandidatin werden, wenn Merkel vorzeitig und zwar möglichst bald zurücktritt.
Die nächste reguläre Bundestagswahl ist erst im Herbst 2021. Das sind 2 Jahre Verteidigungsministerium mit garantiert nicht abreisenden Hiobsbotschaften. Zu Zeiten des kalten Krieges war dieses vielleicht einmal die Nr. 4 in der Hackordnung. Seit dem Ende desselben ist das aber doch im rapiden Sinkflug begriffen. Die derzeitig Höhe liegt wohl ungefähr auf Höhe Familie und driftet unaufhaltsam Richtung Entwicklungshilfe.
Die Elite in Deutschland verachtet sein Militär und zeigt das auch immer offener. Zusätzlich werden AKK alle anstehenden Niederlagen der CDU bei Landtagswahlen in die Schuhe geschoben werden, falls Sie CDU-Vortänzerin bleibt. Diese hätte eigentlich Merkel zu verantworten. Aber diese ist ja bekanntlich seit 2015 sakrosankt und grundsätzlich nie an etwas Schuld.
Diese beiden Punkte müssten eigentlich jede Kandidatur von AKK unmöglich machen.
Wenn Merkel wirklich etwas an AKK liegen würde, hätte Sie eine größere Umbildung machen und AKK auf einen sicheren Posten schieben müssen.
Aber was rede ich. Wenn Uschi nach ihren mehrmaligen kompletten Desastern noch EU-Obermufti werden kann, dann ist sowie alles möglich. Totale Inkompetenz ist ab jetzt Grund für eine Beförderung. Dann kann AKK auch Kanzler. Ich verstehe mein Land schon lange nicht mehr.
Aber ich denke daran wo ich es zuerst gelesen habe.
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