"Ostdeutsche kennen das, haben genügend Erfahrung damit gesammelt, wenn Medien nicht mehr kritisch berichten, sondern propagieren, motivieren und erziehen wollen", schreibt der ostdeutsche Schriftsteller Klaus-Rüdiger Mai dort, wo heute die Westpresse gedruckt wird. Die Schweiz, eine Art Traumland für Hetzer, Hasser und notorische Meckerer und also auch der Ort, von dem aus der Erfinder der Krimis um den Kardinal Prospero Lambertini in seinem heute schon klassischen Text nach Hause rufen kann: "Aus der Art der Darstellung vermögen Ostdeutsche herauszulesen, was die Mächtigen möchten, hoffen oder befürchten".
Nüscht, wie er sagt, lässt er sich mehr vormachen, der Ostdeutsche, der nach Mais dafürhalten "im Grunde seiner Seele ein Plebejer" ist, "einer, der bei aller Kultur und Bildung den Fuß nicht vom Boden bekommt". Verwurzelt im Holzweg einer Scholle, die ihm nicht gehört, nie gehört hat und niemals gehören wird, pflegt dieser etwas zurückgebliebene "Homo sapiens ostrozonalis" (Mai) Glauben und Riten, die mit dem kollidiert, was Mai "Ideologie des westdeutschen Neobiedermeiers" nennt.
Jenes Bionadespießertum empfindet das Festhalten vieler Ostdeutscher an Dingen dem, was sie vor erst 30 Jahren errungen haben, als Provokation: Wollen Freiburger Lehrer, Stuttgarter Grünen-Mitarbeiter und Angestellte der Pressestellen der Stadt Köln Nation und Heimat, Grenzen und Traditionen möglichst schnell überwinden, kollidiert das "mit dem Wunsch der Ostdeutschen nach einem einigen und demokratischen Deutschland", wie Mai analysiert. Für die Menschen im Osten sei die Wiedervereinigung eine Heimkehr gewesen, ein Wechsel aus einem Land, das zwangsläufig nur ideologisch Heimat sein konnte, in eines, das die Seinen nach Herkunft sortierte.
Der Traum der Bionadespießer vom Aufgehen der Bundesrepublik in der EU, von einem Europa, in dem sich Deutschland auflöst, das es verdünnt und schließlich verschwinden lässt, kommt östlich der Elbe an wie ein Angebot, sich doch wieder als Bürger des Warschauer Paktes zu sehen - dem russischen Proletarier qua Überzeugung näher als dem Nachbarn aus Brandenburg.
Bei solchen Aussichten, so Mai, bestehe der Ostdeutsche auf der Existenz Deutschlands. "Er empfindet sich als Deutscher wie der Franzose als Franzose, der Italiener als Italiener und der Portugiese als Portugiese. Es käme ihm nicht in den Sinn, Deutschland aufzugeben, hat er doch im Gegensatz zum Westdeutschen gerade in einer räumlichen Abtrennung für diese Vergangenheit gebüßt."
Diese Einstellung macht Ostdeutsche so störrisch, ihr aus Unbildung resultierendes Unbehagen an einer Welt, die sich schneller verändert als es der Flinkeste es schafft, sich zu integrieren, äußert sich dann in Widerworten, Undankbarkeit und wirren Versuchen, die eigene Minderheitsansicht zum Maßstab für allgemeine Entscheidungen zu erklären.
Das unbelehrbare "Wir sind das Volk" stehe im Grunde in einer Traditionslinie mit Luthers "Hier stehe ich und kann nicht anders", schreibt Mai. Eine Sache des Prinzips, wie sogar die FAZ erkennt, die in allen ostdeutschen Sympathien für Wladimir Putin "vor allem eine innere Auflehnung gegen einen schier übermächtigen Westen" wittert.
Es gäbe zwar keine von 40 Jahren DDR geschaffene ostdeutsche Identität, also kein genuines Ostdeutschsein, sondern allenfalls ganz viele davon. Aber nicht westdeutsch zu sein, weniger Kaufkraft zu haben, weniger Konzernsitze, weniger Tennisplätze und weniger Internetanschlüsse schafft schon ein Gefühl von Gemeinsamkeit: Die Ostdeutschen waren es, die nach 1990 mehr als zwei Drittel der CO2-Einsparungen Deutschlands lieferten, ohne dass das irgendwer im Westen auch nur mitbekam.
Noch heute ist der ökologische Klimaabdruck der Ostdeutschen kleiner, sie fliegen weniger, haben kleinere Wohnungen und Pkw. Demnächst aber sind sie wieder dran, wenn Deutschland aus der Braunkohle aussteigt und die ostdeutschen Kohleregionen plötzlich auf dem Bahnsteig stehen. Pflegekräfte und Naturforscher, Museumsführer und Fahrradschlosser sollen sie werden, die Kumpel.
3 Kommentare:
mann, ppq, jetzt red ma keen schweiz, alter. denn wer zuletzt lacht etc. diese meineidgenossen sind so was von am arsch.
Frauen streiken für Gleichberechtigung: Warum die Schweiz zu den rückständigsten Ländern Europas zählt
SPIEGEL ONLINE - Politik - 13.06.2019
Nein, die streiken für Gleichmacherei.
"Wollen Freiburger Lehrer, Stuttgarter Grünen-Mitarbeiter und Angestellte der Pressestellen der Stadt Köln Nation und Heimat, Grenzen und Traditionen möglichst schnell überwinden"
Nein, das wolen sie eben nicht. Sie SAGEN, daß sie es wollen ...
... allerdings wollten sie dereinst auch in alternativen Woh-nprojekten mit Roma und Sinti wohnen, ihre Kinder auf Gesamtschulen schicken und das Erbe von NaziOpa und -Oma "an die 3. Welt spenden".
Haben sie aber nicht gemacht. Nichts davon.
Immer daran denken: In Sachsen haben sich die toleranten und weltoffenen Lehrer gerade für eine eigene Verbeamtung entschieden.
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