Ein Volk, ein Land, eine Parole: Heimat wird in Deutschland neuerdings parteiübergreifend großgeschrieben. |
Alle gießen ihre Wurzeln, alle reden Dialekt, dichtete der Musiker Heinz Rudolf Kunze vor Jahrzehnten, ohne zu wissen, was noch alles kommen würde. Inzwischen ist es da und es ist unübersehbar: Wenn Historiker später werden herausbekommen wollen, wie sich Deutschland am Ende des zweiten Jahrzehnts des dritten Jahrtausends verändert hat, werden sie nur auf die Wahlplakate der politischen Parteien und Wählervereinigungen schauen müssen.
Dort, wo bei der letzten Bundestagswahl noch von "Haltung", "Zukunft" und "Mutter Natur" die Rede war, wo Plattitüden über "Ideen", "Familien" und "Europa" auf die Wählerinnen und Wähler herabregneten wie der Sprühnebel aus dem kaputten Klotank eines Touristentieffliegers, geht es jetzt vor allem um Identität. "Wir leben Regensburg", plakatiert die eine Partei, "Weil wir hier leben" die andere. Heimat ist "unsere Lausitz", das Lüneburger Land und die Börde, man muss "anpacken für unsere Heimat" im ostdeutschen Jena und im hessischen Fulda, "vor Ort, für alle", denn "hier sind Chancen zuhause" und "wer hier schafft, soll auch hier leben können".
Aus dem verzweifelten "Wir" vergangener Wahlkämpfe ist ein "Hier" geworden, das den eigenen Ursprung feiert, das Nahe, die eigene Identität. Von links bis rechts hat sich der Begriff "Heimat", vor einem Jahr noch Gegenstand eines bizarren Kommentatorenstreits, zur Essenz der politischen Botschaft aller Parteien entwickelt. "Heimat", nach einem Gutachten der Hamburger "Zeit" gerade noch ein "politisch nicht unschuldiger Begriff", der "dem rechten Rand überlassen" bleiben muss, ist nun zwar irgendwie immer noch die alte "Chiffre für Ausgrenzung" (Die Zeit). Doch wer zu simulieren versteht, dass er dazugehört, der wird als zugehörig betrachtet. Und vielleicht gewählt.
Der Druck vom rechten Rand, ausgelöst durch den Kontrollverlust des Jahres 2015, hat die gesellschaftliche Atmosphäre augenscheinlich nachhaltig verändert. Das verpönte "Wir" von "hier" hat sich in das zentrale Argument verwandelt, mit dem Politiker auf kommunaler und europäischer Ebene um Vertrauen bitten. Ich für Dich, wir hier, Lüneburg first, Worpswederode, Patzendorf, Warin und Wuppertal! Afrika ist auf einmal weit, Amerika darf sich hinten anstellen. Politisch zählt nur noch, was das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm 1877 definierte als „das Land oder auch nur der Landstrich, in dem man geboren ist oder bleibenden Aufenthalt hat“.
Es ist ein Wettkampf um Nähe, um Wir und Hier, der von den Beteiligten konsequent nach populistische Grundregeln geführt wird. Die erfordern es, andere Beteiligte unter lautem Geschrei anzuklagen, sie würden durch die Hin- und Verwendung zu und von ausschließenden Begriffen wie Heimat "vor- und antimoderne Ideen" (Die Zeit) Raum geben und damit für eine "rückwärtsgewandte Sehnsucht" (Die Zeit) werben. Während man selbst durch Zusammenhalt Heimat erst schaffe.
Kein Flirten mit dem Ewiggestrigen ist "Heimat" mehr, kein übel beflecktes Wort, das SPD-Politikern noch vor Kurzem zur öffentlichen Verwendung nicht geeignet schien. Sondern Signal an die Abgehängten, die unbelehrbaren Nationalisten, das Pack und die Feinde unserer Ordnung, dass "sozialer Zusammenhalt das beste Mittel gegen Nationalisten und Populisten" (Heiko Maas) ist. Deren Stimmen aber am besten erobert werden, indem man den Realitäten Rechnung trägt und für einen Wahlkampfmoment lang so tut, als sei man selbst in einem nationalen Interesse unterwegs, das man erklärtermaßenschon lange hinter sich gelassen hat.
Dort, wo bei der letzten Bundestagswahl noch von "Haltung", "Zukunft" und "Mutter Natur" die Rede war, wo Plattitüden über "Ideen", "Familien" und "Europa" auf die Wählerinnen und Wähler herabregneten wie der Sprühnebel aus dem kaputten Klotank eines Touristentieffliegers, geht es jetzt vor allem um Identität. "Wir leben Regensburg", plakatiert die eine Partei, "Weil wir hier leben" die andere. Heimat ist "unsere Lausitz", das Lüneburger Land und die Börde, man muss "anpacken für unsere Heimat" im ostdeutschen Jena und im hessischen Fulda, "vor Ort, für alle", denn "hier sind Chancen zuhause" und "wer hier schafft, soll auch hier leben können".
Hier statt Wir
Aus dem verzweifelten "Wir" vergangener Wahlkämpfe ist ein "Hier" geworden, das den eigenen Ursprung feiert, das Nahe, die eigene Identität. Von links bis rechts hat sich der Begriff "Heimat", vor einem Jahr noch Gegenstand eines bizarren Kommentatorenstreits, zur Essenz der politischen Botschaft aller Parteien entwickelt. "Heimat", nach einem Gutachten der Hamburger "Zeit" gerade noch ein "politisch nicht unschuldiger Begriff", der "dem rechten Rand überlassen" bleiben muss, ist nun zwar irgendwie immer noch die alte "Chiffre für Ausgrenzung" (Die Zeit). Doch wer zu simulieren versteht, dass er dazugehört, der wird als zugehörig betrachtet. Und vielleicht gewählt.
Der Druck vom rechten Rand, ausgelöst durch den Kontrollverlust des Jahres 2015, hat die gesellschaftliche Atmosphäre augenscheinlich nachhaltig verändert. Das verpönte "Wir" von "hier" hat sich in das zentrale Argument verwandelt, mit dem Politiker auf kommunaler und europäischer Ebene um Vertrauen bitten. Ich für Dich, wir hier, Lüneburg first, Worpswederode, Patzendorf, Warin und Wuppertal! Afrika ist auf einmal weit, Amerika darf sich hinten anstellen. Politisch zählt nur noch, was das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm 1877 definierte als „das Land oder auch nur der Landstrich, in dem man geboren ist oder bleibenden Aufenthalt hat“.
Der Wettkampf um Nähe
Es ist ein Wettkampf um Nähe, um Wir und Hier, der von den Beteiligten konsequent nach populistische Grundregeln geführt wird. Die erfordern es, andere Beteiligte unter lautem Geschrei anzuklagen, sie würden durch die Hin- und Verwendung zu und von ausschließenden Begriffen wie Heimat "vor- und antimoderne Ideen" (Die Zeit) Raum geben und damit für eine "rückwärtsgewandte Sehnsucht" (Die Zeit) werben. Während man selbst durch Zusammenhalt Heimat erst schaffe.
Kein Flirten mit dem Ewiggestrigen ist "Heimat" mehr, kein übel beflecktes Wort, das SPD-Politikern noch vor Kurzem zur öffentlichen Verwendung nicht geeignet schien. Sondern Signal an die Abgehängten, die unbelehrbaren Nationalisten, das Pack und die Feinde unserer Ordnung, dass "sozialer Zusammenhalt das beste Mittel gegen Nationalisten und Populisten" (Heiko Maas) ist. Deren Stimmen aber am besten erobert werden, indem man den Realitäten Rechnung trägt und für einen Wahlkampfmoment lang so tut, als sei man selbst in einem nationalen Interesse unterwegs, das man erklärtermaßenschon lange hinter sich gelassen hat.
3 Kommentare:
bei der dorina, ja, da wuerde ich auch gerne mal anpacken, mwahaha, mwahaha, hobeln in bad segeberg, mwahaha.
der war gut.
it´s just photoshop. im original: https://www.cdu-segeberg.de/wp-content/uploads/2018/05/CDU-Einkaufstour-WEB.jpg
Deswegen bekämpft man Höhne, weil er der Einzige ist, dem man es abkauft, wenn er "Heimat" in den Mund nimmt. Alle anderen sind höhnische (haha) Opportunisten. Populismus in Reinstform. Siehe auch "Wir wählen Wohlstand - CDU".
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