236 Zimmer, 400 Euro mit Frühstück. |
Seit die "streng geheime Bilderberg-Konferenz" (Tagesschau, 2017) eine eigene Presseabteilung betreibt, schwemmt alljährlich eine kirchturmhohe Berichterstattungswelle durch die deutschen Medien, wenn die Weltelite sich wiedermal ein Stelldichein gibt. Diesmal nimmt die "Zeit", deren Mitarbeiter oft selbst schon zum erlauchten Kreis der Wichtigsten der Wichtigen gehörten, die Rolle des Verkündungsorgans. Dessen Meldung widerspricht allen Kritikern, die da früher dreist behaupten konnten, da träfe sich die Creme de la Creme und niemand berichte darüber. Machen sie doch!
Vor Jahren ließ sich der "Spiegel" herab, eine Meldung über das zu bringen, "was Mainstream-Medien totschweigen", obwohl die ganze Sache mit dem privaten Treffen von Milliardären, Parteichefs, Oligarchen, Spindoktoren und nicht berichterstattenden Berichterstattern natürlich ganz "mächtig überschätzt" (Spiegel) ist. Dann war die ARD dran, aber auch nur die ARD. Und vergangenes Jahr schließlich musste heise.de einspringen, weil es ja irgendwo stehen muss, damit keiner sagen kann, es würde totgeschwiegen.
Niemals! Es reagiert eben nur niemand auf die Pressemitteilungen, die das Press Office der Bilderberger versendet, als lege es inzwischen richtiggehend Wert auf Öffentlichkeit.
Warum auch? Das will doch niemand und das muss auch keiner wissen, haben sie bei allen Leitmedien souverän und völlig eigenständig entschieden. Ist nicht die "Diskussion um Meinungsmache" (Spiegel) auch am siebten Tag noch viel spannender? Oder der irre Kampf um den Vorsitz einer Kleinpartei?
Das 67. Bilderberg-Treffen beginnt also heute als Beitrag zu Himmelfahrt, unbeobachtet und unerwähnt. Die Zusammenkunft der "geheimen Weltregierung" (DLF) findet diesmal im Hotel Fairmont le Montreux Palace statt, mit herrlichem Blick auf den Genfer Sees und die Alpen. Der Einfachheit halber haben die Organisatoren das gesamte Hotel gebucht, bei einem Zimmerpreis von 400 Euro kommen für die 236 Zimmer schon rund 300.000 Euro Miete zusammen, von der die Pressestelle nicht verrät, woher das Geld komme.
Aber es fragt ja auch niemand. Montreux liegt in der Schweiz, also weit weg. Wen sollte da interessieren, wenn sich da "rund 130 Personen aus 23 Ländern" zu einer Vatertagsparty versammeln, allesamt "hochkarätige politische Entscheider und Experten aus Industrie, Finanzen, Wissenschaft, Arbeit und Medien", die vorhaben, drei Tage lang über "eine stabile strategische Ordnung", die Frage "Was kommt als nächstes für Europa?", den "Klimawandel und die Nachhaltigkeit", die abwesenden "China" und "Russland", "die Zukunft des Kapitalismus", den "Brexit", die "Ethik der künstlichen Intelligenz", "Social Media als Waffe", die "Bedeutung des Weltraums" und "Cyber-Bedrohungen" zu diskutieren? (alle Zitate Bilderberg-Programm).
Niemanden schert der wahrhaft transatlantische Dialog, an dem etwa zwei Drittel Europäer und ein Drittel aus Nordamerikaner teilnehmen. Ein Viertel davon kommt nach offiziellen Angaben aus "Regierungskreisen und dessen politischem Umfeld", aber das wissen nur "Zeit"-Leser, denn es gibt in seriösen Medien keinerlei Meldung dazu, nicht einmal in der "Welt", deren Chef selbst teilnimmt.
Alle die da sind, dürfen, was sie erfahren, nutzen, allerdings dürfen sie niemandem verraten, woher sie es wissen. Aufgrund des privaten Charakters des Treffens nimmt auch Annegret Kramp-Karrenbauer nur als "Einzelperson" (Bilderberg) Annegret Kramp-Karrenbauer teil, nicht als CDU-Chefin oder Kanzlerin im Wartestand. Auch Ursula von der Leyen ist als Bilderberg-Teilnehmerin "nicht an die Konventionen ihres Amtes oder an vorher vereinbarte Positionen gebunden", wie es im Presse-Kommunique heißt. Dadurch kann "sie sich Zeit nehmen, um zuzuhören, zu reflektieren und neue Eindrücke zu gewinnen".
Ansonsten ist alles wie bei anderen großen Treffen mit enthusiastischer Medienbegleitung. Es gibt zwar keine detaillierte Tagesordnung wie bei der EU, aber es werden wie dort auch bei den Bilderbergern "keine Beschlüsse gefasst, keine Abstimmungen durchgeführt und keine Grundsatzerklärungen abgegeben".
Bilderberg-Treffen 2019: Die Teilnehmerliste
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