Private Vermieter treiben die Mieten hoch, sanieren nicht und lassen die Innenstädte verfallen. Doch es gibt historische Beispiele, die zeigen, dass das nicht so sein muss. |
Es ist normal in Deutschland, dass enteignet wird, etwa bei Sparern, denen durch künstlich aufrechterhaltene Nullzinsen in den vergangenen Jahren Milliarden an Vermögen entzogen wurde. Dennoch schaffte es eine mächtige Lobby aus Bodenspekulanten, christsozialen und rechtsgerichteten Immobilienbesitzern und deren willfährigen Helfern in den Parlamenten, legitime Forderungen von Mieterinnen und Mietern, die sich mit viel zu hohen Mietforderungen konfrontiert sehen, zu diskreditieren und zu behaupten, dass eine Vergesellschaftung von Wohnungen eine Art "Sozialismus" sei, der geradewegs zurück in eine DDR mit marodem Wohnungsbestand, Wohnungsmangel und Funktionären führen werde, die allein noch Zugriff auf preiswertes Wohnen in den begehrten Innenstädten haben würden.
Dabei zeigt die Geschichte, dass es Alternativen zum privaten Immobilenbesitz gibt, die niedrige Mieten garantieren, es dabei aber trotzdem schaffen, für viele junge Familien Wohnraum zu schaffen. Die Neue Heimat (NH) steht das dafür beispielhaft: Das Wohnungsunternehmen mit Hauptsitz in Hamburg war zwar durch die Enteignung gewerkschaftseigener Wohnungsunternehmen im DreittenReich entstanden und hatte seinen Namen von der Deutschen Arbeitsfront (DAF) verliehen bekommen. Doch nach dem Krieg bekam der Deutsche Gewerkschaftsbund sein Eigentum zurück und es gelang ihm, die Neue Heimat bis zu ihrer Zerschlagung durch private Profitinteressen zu einem leuchtenden Beispiel für den Wiederaufbau am deutschen Wohnungsmarkt und die Konsolidierung vieler kleiner Vermieter unter dem Dach eines ausschließlich Arbeiterinteressen verpflichteten Großkonzerns machte.
Bereits ab 1954 beschloss der DGB, alle seine Wohnungsunternehmen in der Neuen Heimat zu bündeln und die Errichtung neuer Großwohnsiedlungen nach dem Vorbild ostdeutscher Trabantenstädte von der Firmenzentrale aus zu leiten. Der Mietkonzern verfügte bald über einen Bestand von 200.000 Wohnungen und Tochterunternehmen wie die Neue Heimat Städtebau und die Neue Heimat International, die den Gedanken vom mieterfreundlichen Bauen und Vermieten in die ganze Welt trug.
Es war das damals noch als Nachrichtenmagazin geltende Blatt "Spiegel", das die Neue Heimat trotz deren herausragender Bilanz mit vermeintlichen Enthüllungen in Turbulenzen stürzte. Im Februar 1982 lancierte die private Immobilienlobby einen Bericht, der behauptete, dass sich mehrere Vorstandsmitglieder des Gewerkschaftskonzerns persönlich an den Mietern bereichert hatten. Um Schaden vom Unternehmen, vom Deutschen Gewerkschaftsbund, von der SPD und von sich selbst abzuwenden, entließ DGB-Chef Heinz Oskar Vetter die Beschuldigten bereits eine Woche später. Doch der Schaden war angerichtet: Die Neue Heimat musste nun über Verluste von knapp 800 Millionen Mark berichten. Mit jeder Mark Umsatz hatte das Unternehmen zwölf Pfennig Verlust gemacht.
Die der DGB nicht tragen konnte. Es blieb nur der Verkauf, im ersten Anlauf an einen Berliner Bäckerei-Unternehmer, der auch die 16 Milliarden Mark Altschulden des Unternehmens zum symbolischen Kaufpreis von einer Mark übernahm. Nachdem die Banken eine Finanzierung abgelehnt hatten, gingen die meisten Regionalgesellschaften der Neuen Heimat ins Eigentum der jeweiligen Bundesländer über, die sie nach teils mehrfacher Umbenennung etwa als Gewobag Berlin betreiben und über sie traumhafte 86,71 m² in Alt-Treptow zum taschengeldfreundlichen Preisen von 1.414,58 Euro vermieten.
Der zweite Teil einer Erfolgsgeschichte, die auch dem Verkauf der gewerkschaftseigenen Wohnungen an Kapitalanleger zu verdanken ist, die vor allem per "Strukturvertrieb nach den Methoden des Immobilienbetrugs" (Wikipedia) gelang. So landete die ehemalige Regionalgesellschaft Neue Heimat Niedersachsen beim Hedgefonds Cerberus Capital, während der verantwortliche Heinz Oskar Vetter infolge der Affäre zwar sein Amt als DGB-Chef zur Verfügung stellen musste, weiter aber als Politiker für die SPD aktiv im Kampf für günstige Mieten und soziale Gerechtigkeit blieb. Vetter, der 1979 ins Europaparlament eingezogen war, blieb dort als Parlamentarier der sozialistischen Fraktion, bis 1989 ein Nachfolger gewählt wurde.
Nach dem Ende der Neuen Heimat verfielen Innen- wie Trabantenstädte im Westen weiträumig, Spekulanten machten sich breit, die nur noch daran interessiert waren, Mieten hochzutreiben, um den Wert ihrer Immobilien rücksichtslos zu erhöhen.
3 Kommentare:
Wunschdenken. Verständlich zwar.
Dr. Sepp hat mit sofortiger Wirkung die Grundwerte abgeschafft ; seit 05:45 Uhr darf ausgerottet werden .
Herzlichen Dank!
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