Mittwoch, 12. Dezember 2018

Euro-Richter retten die EZB: Perpetuum bleibt mobile

Bleibt absolut erlaubt, weil es gültige Praxis ist: Das Rettungsperpetuummobile der EZB.

Das war knapp! Wer die Europäischen Verträge liest, könnte nach der Lektüre des Artikel 123 zu völlig falschen Schlüssen kommen. Es ist der Europäischen Zentralbank verboten, steht da sinngemäß, Organe, Einrichtungen oder sonstige Stellen der Union, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten Kredite zu geben. Außerdem sei der EZB ein „unmittelbarer Erwerb von Schuldtiteln“ dieser Schuldner untersagt.

Gegenwind für nörgelnde deutsche Verfassungsrichter


Des Bundesverfassungsgericht war darob nun doch ein wenig besorgt, weil die EZB trotz dieser Vorgaben inzwischen Wertpapiere im Gegenwert von rund 2,6 Billionen Euro angehäuft hat – die Billionen Euro, die sie dafür zahlte, dienten den erwähnten „Organen, Einrichtungen oder sonstige Stellen der Union, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten“ zur Kreditfinanzierung.

Das BVG vermutete, das eine könne gegen die Vorschrift aus dem anderen verstoßen, schließlich trinkt ein Mann auch Alkohol, wenn er ihn wegen eines Verbotes seiner Arztes durch die Nase zu sich nimmt. Die Verfassungsrichter gingen nach Europa, um die höchsten europäischen Richter am Europäischen Gerichtshof entscheiden zu lassen: Trinkt, wer Schnaps schnüffelt? Ist ein „Unmittelbarer Erwerb“ auch gegeben, wenn der Endbesitzer, der noch nicht volljährig ist und deshalb weder Alkohol noch Zigaretten kaufen darf, einen Kumpel vorschaltet, der für ihn im Laden einkauft und dann Ware gegen Geld weitergibt?


Aber nein, hat der EUGH jetzt gesagt. Schnaps schnüffeln ist eine “gültige Praxis“, also völlig legal. Auch der Erwerb von Ü18-Spirituosen und Rauchwaren durch Minderjährige ist nach Zwischenschaltung einer „einzuhaltende Mindestfrist, die zwischen der Ausgabe und dem Ankauf am Sekundärmarkt“ liegt, nicht zu bemängeln. Unmittelbarer Erwerb ist nur unmittelbarer Erwerb, von einem Wetergabeverbot oder gar dem Versuch, der EZB zu verbieten, die Gelddruckmaschine als zentrales „Kriseninstrument“ (DPA – gemeint ist wohl Krisenbekämpfungsinstrument) zu nutzen, könne keine Rede sein.

Alles war voll toll rechtmäßig!


Kein Grund zur Sorge. Alles ist rechtmäßig. Das Aufkaufprogramm für Staats- und Unternehmensanleihen funktioniere nach dem bewährten Prinzip „rechte Tasche, linke Tasche“ und biete damit „hinreichende Garantien“, so der EUGH, dass „Emissionsbedingungen für Staatsanleihen nicht dadurch verfälscht würden, dass diese nach ihrer Ausgabe“ sowieso durch die Notenbanken des Euro-Systems gekauft würden, die sie zuvor ausgegeben haben. Ein Geld-Perpetuum-Mobile, das in alle Ewigkeit weiterlaufen kann, den immerhin dürfe ja „maximal ein Drittel einer einzelnen Emission von der EZB und den angeschlossenen Notenbanken“ gehalten werden. Zwei Drittel dagegen muss der Ursprungserwerber selber Rauchen und hinter die Binde gießen.

Die Erfolge, die die Gemeinschaft in den vergangenen Jahren durch und mit dem Kaufprogramm der EZB gefeiert haben, sprechen für sich. Überall ist ein Trend zu einer „gesunden Haushaltspolitik“ zu erkennen: Nur zehn Jahre nach dem Beginn der großen Finanzkrise liegen nur 16 der 28 Mitgliedsstaaten über der vorgeschriebenen Höchstgrenze bei der Staatsverschuldung. Zehn Staaten ist es inzwischen sogar gelungen, ein reales Wirtschaftswachstum oberhalb der von der EZB garantierten Zinshöhe von null Prozent zu generieren.

Derzeit, argumentieren die obersten Richter der EU, sei lediglich noch gegen Spanien ein Verfahren wegen übermäßiger Neuverschuldung anhängig, während es im Jahr 2011 noch 24 EU-Mitgliedsländer gewesen seien. daran, dass alle anderen Verfahren erst auf die lange Bank geschoben und schließlich ohne Ergebnis beigelegt werden konnten, sehe man, dass Europa funktioneier und die Renten sicher seien. „Diese objektive Lage deutet darauf hin, dass die Mitgliedstaaten der Euro-Zone eine gesunde Haushaltspolitik verfolgen“, so der Generalanwalt.

6 Kommentare:

Bitterling hat gesagt…

Es hat sich, was diese, der Prostitution doch sehr ähnelnde Art richterlichen Wirkens angeht, seit Jahrhunderten nichts geändert: "Im Auslegen seid nur recht munter, legt ihr's nicht aus, dann legt ihr's unter"(Goethe, Faust II)

ppq hat gesagt…

wer hat denn damals das wort "unmittelbar" dort eingefügt? und warum? wer hat es sich unterjubeln lassen? und wusste er, was ihm da geschah?

es fällt beim lesen richtig auf, dass dieses wort dort gar nicht hingehört. als würde im strafgesetzbuch § 80 StGB stehen:

„Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.“

und nicht "wer einen angriffskrieg führt, wird bestraft". aber ach, das steht ja da. vorbereiten ist verboten, führen nicht. huch.

Anonym hat gesagt…

Das was sich heute , in unser so herrlichen Demokratie, Richter schimpft, ist nichts anderes als ein Mitläufer ohne schlechtem Gewissen. Diese Lumpen haben schon immer mit den Diktatoren mitgeheult, nur ihre gerechte Strafe haben sie nie bekommen! Kenne keine Urteile die für das einfache Volk jemals von Nutzen waren!

derherold hat gesagt…

Lieber Herr @ppq, in Sachen "Angriffskrieg" ist man schon etwas weiter bei deutschen Gerichten.

Jugoslawien. Nicht strafbar, denn ...

... es hat ja nicht Deutschland einen Angriffskrieg vorbereitet, sondern eine Koalition. :-)

Gernot hat gesagt…

Das mit dem Geld fürchte ich, nie zu verstehen.
Warum schafft man nicht offen so viel, wie gebraucht wird? Solange es gebraucht oder auch nur gewollt wird, ist es doch gedeckt, und sei es, um damit Papiere zu kaufen - besser vielleicht als "bleibende Werte" in Form von Brücken zu bauen, die ein Weltkulturerbe ruinieren.
Deshalb habe ich immer behauptet, dass die "Öffnung der Grenzen" wirtschaftlich ein genialer Schachzug da. Auf einmal sind goldwerte Menschen da, die Geld wollen und brauchen wie verrückt.
Die "Schulden" bei den Banken existieren ja nicht wirklich, da das Geld von den Banken "geschöpft", geschaffen wurde, und nicht jemandem weggenommen oder bei jemandem geliehen.

Aber vielleicht bin ich einfach zu dumm, es zu verstehen, oder es hat mir noch niemand richtig erklärt.

ppq hat gesagt…

@herold: eigentlich ist es noch besser. da deutsche soldaten immer die demokratie verteidigen, können sie überhaupt keine angriffskriege führen (oder müssen welche vorbereiten), weil bei uns angriff nicht nur die bessere verteidigung, sondern verteidigung auch in form eines angriffes nie ein angriff ist

@gernot: das machen sie doch, es darf nur niemand merken, dass der ganze schlunz am ende nicht nur aus papier besteht, sondern auch in papier landet, wodurch dann z.b. die mieten steigen