Mittwoch, 28. November 2018

Nationale Egoismen: Zeitumstellung bleibt

Selbst der Versuch, bei einem ChrysanthementhemaVolksnähe zu beweisen, missrät der EU.
Auf den letzten Metern seiner langen Funktionärskarriere hatte Jean-Claude Juncker das Unmögliche beweisen wollen: Europa ist handlungsfähig, der geeinte Kontinent kann ohne Bürokratie und langes Palaver einfach auch mal machen, was seine Bürgerinnen und Bürger sich sehnlich wünschen. Direkt vor der EU-Wahl sollte ein deutliches Zeichen gesetzt werden - für Tatkraft und lebendige Demokratie, gegen den populistischen Vorwurf des Abgehobenseins und das Vorurteil, ehe Europa zu einem gemeinsamen Beschluss kommt, haben einzelne Staaten oft nationale Regelungen eingeführt - und manchmal sogar wieder abgeschafft.

Wer schon einmal in seiner eigenen Familie oder in einer überschaubaren Gruppe von drei, vier Kollegen oder Freunden versucht hat, eine gemeinsam getragene Entscheidung entlang unterschiedlicher Zielvorstellungen, persönlicher Wünsche oder finanzieller Möglichkeiten auszuhandeln, wusste bereits im August, dass die vom scheidenden Kommissionspräsidenten Juncker verkündete "Abschaffung der Sommerzeit" (Juncker) von Anfang an ein populistisches Manöver ohne jede Aussicht auf Erfolg war. Juncker, berauscht vom positiven Medienecho, hatte dennoch verbale Nägel mit Köpfen gemacht und einen sofortigen Ausstiegsbeschluss verkündet. Angela Merkel, instinktiv bei der Mehrheit, wo es nichts kostet, stellte sich umgehend neben ihn. Billiger war Volksnähe nie zu haben.

Schneller aber ist der Tand der Täuschung auch kaum jemals aufgeflogen. Aus dem lauthals verkündeten Plan, schon am nächsten Umschalttag aus der Sommerzeit oder aber der "Winterzeit" (DPA) auszusteigen und für ewig Sommer oder Winter in Europa einzuführen, wird nun so wenig wie aus Merkels Sommerversprechen, in 14 Tagen eine europäische Vereinbarung für die künftige Flüchtlingsverteilung zu präsentieren. Kleinlaut meldet die Süddeutsche Zeitung, im August noch Abschaffungsvorreiter mit dem Versprechen "Nur noch einmal die Uhren vordrehen", der Plan der EU-Kommission, "die Zeitumstellung schon 2019 abzuschaffen, ist gescheitert".

Wie von PPQ bereits im August vorhergesagt, haben die Mitgliedsstaaten, die jeweils für ihr eigenes Staatsgebiet über ein Ende der Zeitumstellung entscheiden müssen, sich dem Wunsch der Kommission verweigert, Sommer- oder Winterzeit dauerhaft abzuschaffen. Hintergrund ist eine europaweite Uneinigkeit darüber, welches Land welche Zeit für sich wählt: Derzeit gibt es drei Zeitzonen in der EU, zur größten gehören Deutschland, die Niederlande, Belgien, Österreich, Dänemark, Frankreich, Italien, Kroatien, Polen und Spanien. Acht Länder – Bulgarien, Estland, Finnland, Griechenland, Lettland, Litauen, Rumänien und Zypern – sind eine Stunde voraus, Irland, Portugal und Großbritannien liegen hingegen eine Stunde zurück. Mit einer Freigabe der Wahl der künftigen Zeit könnte aus der Dreiteilung ein Flickenteppich werden.

Aber noch nicht jetzt. Eine Abschaffung der Zeitumstellung für 2019 ist vom Tisch, auch bis 2020 werden sich die EU-Partner nicht geeinigt haben. Als frühester Zeitpunkt für die Umsetzung eines Zeitkompromisses gilt im Moment das Jahr 2021. Dann werde sich die große mitteleuropäische Zeitzone von Polen bis Spanien aber eventuell auch nur erhalten lassen, wenn man die bisherige Zeitumstellung zweimal im Jahr beibehalte, hieß es jetzt schon einmal vorsichtig zum Ende des größten gemeinsamen EU-Projektes des Jahres 2018.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Zeit ist ein sexistisches Konstrukt und wurde vergangene Woche abgeschafft .


der Sepp , Reichsblaumachwart