Dienstag, 7. August 2018

Unsere Klimakatastrophensehnsucht: Irgendwas ist immer zu zu

2016 (Screenshot) war es viel zu nass, 2017 viel zu kalt, 2018 nun ist es viel zu heiß: Der Mensch und das Klima kommen nicht auf einen Nenner.

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" ist ganz nah dran. "Darbende Natur, schwitzende Bürger, Straßendecken platzten, Börsenkurse sanken, Walen im Zoo drohte Sonnenbrand. Während Stadtbewohner Streß befiel, bahnten sich auf dem Land Milliardenschäden an", schildert das Blatt "Europas heißesten Juni seit Menschengedenken". Das war im Jahr 1976, als "eine ganze Woche mit örtlich Tagestemperaturen von jeweils über 30 Grad die Niederschlagsmenge des ersten Halbjahres unter 110 Millimeter drückte". Das gab es, beschrieb das Magazin die historische Dimension, "seit 1851 nicht mehr".

Seit irgendwann ist immer was, ein Superlativ findet sich immer. 42 Jahre nach dem Jahrhundertsommer 1976 sind es "Tropische Nächte" und viel zu hohe Temperaturen. Im Jahr zuvor war es viel zu kalt. Und noch eins früher fiel viel zu viel Regen (Karte oben). Alles, was kommt, ist Wasser auf die Mühlen der Klimakatastrophenprediger. Wenn es mal nicht wärmer wird, dann wird wenigstens der Regen wenigstens stärker. Fehlt der, ist so wenig Wasser da wie schon seit irgendwann nicht mehr. Und geben das die Daten auch nicht her, kommt bestimmt irgendwann ein Sturm, der bestätigt, dass die Extreme zunehmen.

Die Lust an der Katastrophe und der feste Wille, nicht nur an den Klimawandel zu glauben, sondern auch daran, dass jeder einen eigenen Beitrag leisten kann, den Untergang aufzuhalten. Petra Mahrenholz, eine Klimafolgenvorsorgerin, die im Auftrag des in Dessau residierenden Umweltbundesamtes um die Welt jettet, um sie zu retten, empfiehlt ihren Nachbarn, "nicht zweimal im Jahr Urlaub in Übersee zu machen. Die grüne Theologin Katrin Göring-Eckhard sieht einen guten Anlass, nun aus der Massentierhaltung auszusteigen. Die SPD schweigt mahnend. Nach der Aufgabe der nationalen Klimaziele vor nicht einmal sechs Monaten bleibt "der Klimaschutz auch eine wichtige nationale Aufgabe". Aber angesichts der Aussicht, auch mit dem nächsten "Klimapaket" wieder glorios zu scheitern, will die ehemalige Arbeiterpartei nun lieber "langfristige, anspruchsvolle Klimaschutzziele verbindlich festschreiben".

Sowas kommt dann von sowas. Früher hatten die Chinesen die Flut und die Deutschen hatten es gut. Und nun? Eine Katastrophe, nach internationaler Definition definiert als "ein unerwartetes Ereignis, bei dem zahlreiche Menschen getötet oder verletzt werden". Aber eine mit Historie. "In 15 Jahren vier Jahrhunderthochwasser", ruft Mojib Latif - das ist der Klimawandel. genau wie damals um 1600 herum, als die Saale zwei Meter höher stand als heute. Man hofft ja, aber man weiß nicht, was kommen wird.

Wie 1976, als der "Spiegel" das sommerliche Entsetzen von Klimaforschern beschrieb, die eben aus der Fülle von Wetterdaten einen Trend herausgefiltert, der nach einem Anstieg der Mitteltemperatur der nördlichen Erdhalbkugel um mehr als 0,5 Grad in der ersten Jahrhunderthälfte seit den fünfziger und sechziger Jahren "ein drastisches Absinken der Jahresmitteltemperatur" herausgelesen hatten".

Daraus entwickelten die Klimatologen damals die Hypothesen der Verschiebung der sogenannten Strahlströme und der Monsun-Grenze in Richtung Süden, endlich ein Grund, warum es heißer werden und doch kühler sein konnte. (Siehe auch, vier Jahrzehnte später: Nordatlantische Oszillation). Und dann kam eine Reihe von Azoren-Hochs, die in dichter Folge weit nach Norden vorgedrangen und die sonst regenspendenden Island- und Atlantik-Tiefs mattsetzen. 

Achselzucken vor 40 Jahren: "Ähnliche Wetterlagen zeigten sich, so der "Spiegel" damals, hierzulande etwa alle 15 Jahre. Aber ungeachtet dessen bleibt das Blatt ganz nah dran an der Endzeit-Sehnsucht: Die Titelgeschichte diesmal lautet: "Wie der Klimawandel unser Leben verändert".




5 Kommentare:

Gernot hat gesagt…

Unstrittig dürfte auch hier sein, dass (Wild)-Hecken, Wälder, Feldraine, Bäume und hoher Bewuchs sich stabilisierend aufs Mikroklima auswirken.
Straßenbäume z.B. kühlen durch Verschattung und Verdunstung, wie auch üppig begrünte Mittelstreifen. Feldraine mit Wildsträuchern reduzieren Windbruch auf den Feldern, Auwälder oder Auwaldstreifen an den Flüssen können die Überflutungsgefahr und -folgen verringern.
Dem Insektensterben ist dergleichen ebenfalls eher abträglich, da Lebensräume geboten werden.

Aber genau darum kümmert sich niemand. Die "Naturschutz- und Grünflächenämter" harken, kratzen, beschneiden, schreddern und mähen, was das Zeug hält; die Landschaft ist bis zum Horizont plan, keine Hecke unterbricht die verschiedenfarbig grünen und braunen Flächen, nur mal ein paar Bäume an einer sie durchschneidenden Straßen, alle gleichmäßig, alle einer Art, in großen Abständen.
Selbst auf Autobahnparkplätzen werden die Wiesen zu Rasen gemäht, damit keine Wildblume blühen kann, als wollten die Leute darauf sonnenbaden oder Fußball spielen.

"Aber CO"!"

ppq hat gesagt…

das ist ein guter hinweis, ist mir auch schon aufgefallen. aber dagegen etwas tun, das werden wir nicht mehr erleben. zu unspktakulär, verglichen mit einem tütenverbot

Kreuzweis hat gesagt…

"Dem Insektensterben ist dergleichen ebenfalls eher abträglich, da Lebensräume geboten werden.
... Selbst auf Autobahnparkplätzen werden die Wiesen zu Rasen gemäht, damit keine Wildblume
blühen kann ..."

Wenn das nicht ökoromantischer Zynismus ist!

Ich bin froh um jedes Insekt, das mir nicht mit seinem Kadaver die Windschutzscheibe versifft.
Schon mal an die vielen - müssen abertausende sein! - Verkehrstoten gedacht?

Wo weniger Blümchen, da weniger Insektchen und da weniger Tote - vor und hinter der Windschutzscheibe!

Querflöter hat gesagt…

Faszinierend ist ja, dass der Laie zu den meisten Themen eigentlich gar keine Meinung hat, zu solch komplexen und im Wechselspiel zwischen großklimatischen Trends, Wetterereignissen und Häufung von Extremereignissen schwer verständlichen wie Klimawandel aber gerne eine ablehnende.
Viele glauben eben gerne nur das, von dem sie hoffen, dass es stimmt. Gerne quasi als Glaubenspaket geschnürt (Klimalüge, Trump, Vitamin B17 etc...)

Gernot hat gesagt…

Das ist gut, Kreuzweis, betonieren wir einfach die ganze Bundesrepublik. Dann gibt's keine Insekten mehr und es brauchen auch keine mehr zu sterben.