Der Fall Maik G. wirft immer noch Fragen auf, Fragen, die teils absurde, teils unsinnige Antworten finden. Experten behaupten so zum Beispiel, G. sei durch seinen Versuch, einem ZDF-Team klarzumachen, dass er nicht gefilmt zu werden wünscht, zur relativen Person der Zeitgeschichte geworden. Der LKA-Mitarbeiter habe sich schließlich selbst aus der Masse der Pegida-Demonstranten herausgehoben, damit gelte für ihn die Ausnahme des § 23 Abs 1 Nr. 1 KUG, er sei damit zu einer Personen der Zeitgeschichte geworden und könne somit nicht verhindern, dass er öffentlich vorgeführt werde.
So oder ähnlich steht es eigentlich überall, doch das ist kein Wunder, verteidigt hier doch eine ganze Medienbranche ein Privileg, ohne dass sie kaum arbeiten könnte. Doch wie sieht es wirklich aus? Wann dürfen Journalisten andere Menschen filmen und fotografieren? Was erlaubt ihnen das Kunsturhebergesetz von 1907, was die Datenschutzgrundverordnung der EU, die seit Mai gilt? Und was hat die Bundesregierung vergessen zu tun, um beide Regelungen so zu gestalten, dass ein Journalisten ihrer Arbeit nachgehen können, ohne sich ständig fragen zu müssen, ob sie das dürfen?
Ersteinmal muss zwischen dem Filmen und Fotografieren von Menschen und der Veröffentlichung dieser Aufnahmen unterschieden werden. Das Kunsturhebergesetz regelt das eine, das andere aber nicht: Im Gesetz ist ausschließlich die Rede davon, wann Fotos von anderen Menschen veröffentlicht werden dürfen, nicht aber davon, wann überhaupt Bilder und Filme von ihnen angefertigt werden können.
Daraus ergab sich bis zum Inkrafttreten der DSGVO genannten EU-Datenschutzgrundverordnung, dass Filmen und Fotografieren grundsätzlich erlaubt waren. Nur wer Bilder und Videos veröffentlichen wollte, musste sicherstellen, dass diese aus dem Bereiche der Zeitgeschichte stammen, Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen; eventuelle Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen die dargestellten Personen nicht als Einzelpersonen in den Mittelpunkt stellen oder sie zumindest einem höheren Interesse der Kunst dienen.
Durfte der Hutbürger von Dresden also fotografiert werden?
Nach Kunsturheberrechtsgesetz ja, allerdings hätten die Bilder von ihm nur bis zu der Filmstelle veröffentlicht werden dürfen, an der er zur Einzelperson wird, die sich gegen die Aufnahmen verwahrt.
Denn den Punkt mit den Personen der Zeitgeschichte hatte der BGH in einem Urteil vom 14.10.2008 (VI ZR 272/06) nochmal strenger geregelt, davon abgesehen aber war die Lage immerhin recht klar.
Bis die DSGVO kam, die nun dort ansetzt, wo das KUG gar nicht hinschaut: Nach der EU-Richtlinie, die allen nationalen Regelungen der Mitgliedsländer vorgeht, handelt es sich beim Fotografieren mit modernen Fotoapparaten oder Handys um eine Datenverarbeitung, die laut DSGVO nie geschehen kann, ohne dass der Betroffene seine Einwilligung gibt.
Die EU-Regelung ist hier eindeutig - ohne Zustimmung keine Datenverarbeitung. Als Ausnahme lässt die DSGVO zwar eine Verarbeitung gelten, "die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt". Gemeint ist damit aber zuallererst eine Datenverarbeitung etwa durch Blitzerfotos, weit ausgelegt könnte allerdings auch die Berichterstattung über allgemein interessierende Ereignisse darunterfallen.
Doch in diesem Fall findet dieses Interesse seine Schranke dort, wo "Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen". Glaubt eine Seite, ein berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung vorbringen zu können, muss sie dem davon Betroffenen deshalb gemäß Art. 21 Abs. 1 DSGVO ein Widerspruchsrecht einräumen.
Durfte Maik G. also widersprechen? Und musste dieser Widerspruch beachtet werden?
Zweifellos, denn der hier Betroffene hat offenkundig und unzweifelhaft deutlich widersprochen. Das schließt jede Fortsetzung der Filmaufnahmen - und nicht erst deren Veröffentlichung - aus.
Dass die Bundesregierung in persona einer namenlosen Mitarbeiterin mitgeteilt hat, man gehe von einer uneingeschränkten Weiterwirkung des KUG aus, ist insofern richtig, aber belanglos, da das 111 Jahre alte KUG eben nur die Veröffentlichung von Filmen und Bildern regelt. Nicht aber vorher dort eingreift, wo Film- und Fotoaufnahmen gemacht werden. Das berechtigte Interesse von Medien, nicht einwilligungswillige Personen ohne deren Einwilligung aufnehmen zu dürfen, muss an dieser Grenze scheitern, auch wenn die Bundeskanzlerin fälschlich selbst anderes behauptet.
Um der Kanzlerin Recht zu geben, hätte die Bundesregierung gemäß Art. 85 Abs. 2 DSGVO eine nationale Regelung für Datenverarbeitungen zu journalistischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken verabschieden müssen. Das hat sie nicht getan, wohl in Unkenntnis dessen, was sich aus den mit der Erwähnung eines "berechtigten Interesses" bewusst schwammig gehaltenen Vorgaben der DSGVO ergeben wird.
So regelt nun zwangsläufig allein die DSGVO ohne nationale Regelung zur Privilegierung von Journalisten die Anfertigung von Foto- und Videoaufnahmen: Höherrangiges EU-Recht sagt, dass Fotografieren als Datenverarbeitung als einwilligungspflichtige und widerspruchsbewehrte Erhebung personenbezogener Daten zu definieren ist. Galt bisher wegen der im KUG fehlenden Regelungen zum Anfertigen von Bildaufnahmen, dass diese grundsätzlich erlaubt war, wohingegen eine Veröffentlichung oder Verbreitung der Aufnahmen nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich gewesen ist, dürfen seit Inkrafttreten der DSGVO Abbildungen einer erkennbaren Person grundsätzlich nur noch angefertigt werden, wenn deren Einwilligung vorliegt.
12 Kommentare:
§1: Gesetze die Einschränken, gelten immer nur für die Anderen.
>> AlterNotgeilerBock 27. August 2018 at 10:42
Die verantwortlichen Politiker haben eine Scheissangst, eine Scheissangst vor ihrem Wahlvieh und deshalb wollen sie die Herde schön ruhig halten ... <<
Da dürfte sich der ANB irren. Die höhnen uns, und wischen sich mit uns den Ursch ab. Angst haben die bestenfalls vor - höherrangigen - Ihresgleichen.
Außerdem muß die Herde nicht unbedingt und immer ruhig gehalten werden - bei Bedarf wird sie durchaus auch aufgeschreckt.
D.a.a.T.
>> Neues-Deutsches-Zentralkomitee 27. August 2018 at 11:39
Jagen die Chemnitzer ihre Oberbürgermeisterin jetzt aus dem Amt und fordern ihren sofortigen Rücktritt? <<
Das erste halbwegs Vernünftige zum Thema bei Pipi.
Aber die Antwort dürfte sein: "Nö". Tun/werden sie nicht.
D.a.a.T.
Hiob 1.11: Was gilt's? (Wetten tun die Davideles, wenn sie Geld brauchen - Volksmund) - Auch für Chemnitz: Es wird wieder der Deckel draufgebracht.
D.a.a.T.
>> Islam go home 27. August 2018 at 13:29
Was meint jetzt der Mounk zu diesen Verwerfungen und bleibt das Ferkel bei seinem lakonischen Diktum, dass wir die Ausländergewalt hinnehmen müssten? <<
Recht einfältig. Das s i n d ja gerade die genannten "Verwerfungen".
D.a.a.T.
>> Martin Schmitt 27. August 2018 at 17:58
Warum kontrolliert die Polizei die Orientalen nicht auf Waffenbesitz in der Öffentlichkeit? Es ist allgemein bekannt, dass diese Leute Messer und Schußwaffen bei sich führen. Sie sind eine Bedrohung für die Öffentlichkeit. <<
Warum, warum, ist die Banane krumm? O sancta simplicitas.
D.a.a.T.
>> Drachentoeter Thomas 27. August 2018 at 10:36
Maas hat sein Zensurgesetz räumlich fast am selben Ort ausgetüftelt, an dem Eichmann damals die Deportation von Millionen Juden in die Wege geleitet hat.
Beide nicht nur optisch sehr ähnlich, sondern auch in ihrem Arbeitseifer und ihrer Intelligenz. <<
nicht nur optisch sehr ähnlich --- jaja! Und eher noch optisch - Heinrich Erdbeer.
D.a.a.T.
Haremhab 27. August 2018 at 10:50
Ralf Stegner (SPD): „Die großen Vermögen kommen bei uns zu gut weg“
Die Ratte meint damit die "Vermögen" über 20000 Bernanke-Shekel, in 30 Jahren mühselig gespart.
Im Artikel ist stets von Rechten von "Personen" die Rede.
Er war aber ein Rechter bzw. wurde zumindest dazu ernannt (endlich mal nicht selbsternannt).
Dass Rechte nur für Personen, nicht aber für Rechte, gelten dürfen, zeigen die Bilder des Aufruhrs, der brennenden Autos, der geplünderten Geschäfte und der zusammengeschlagenen Ausländer und verletzten Polizisten, die entstehen, wenn dem rechten Mob, so wie heute Abend in Chemnitz, die Straße überlassen wird.
In Karl-Marx-Stadt wäre das alles nicht passiert.
http://boards.4chan.org/pol/thread/183725400
sara - Effekt : 1 Sekunde Maul aufreißen und schon berühmt sein
Vorab, ich bin nicht AFD. Ich finde auch nicht , dass das Problem "DIE" Ausländer sind, sondern unser Umgang damit. Natürlich gibt es überall auch Straftäter. Wer sie gewähren lässt, öffnet ihnen alle Türen und beschmutzt übrigens auch das Ansehen der vielen Menschen, die unsere Hilfe nicht missbrauchen. Es ist auch unbestritten, dass zumindest in Berlin semiprofessionelle "Arbeit" der Politik einige Probleme erst erzeugt hat, nicht die Flüchtlinge. Die sind ebenfalls Opfer dieser Profis. Die Sachsen pendeln beruflich in alle Richtungen unseres Landes und sehen, wie es anderswo ist. Vielleicht habe sie einfach keine Lust auf solche Dinge. Hamburg und Kölln schlugen nur solche Wellen, weil niemand etwas dazu sagen sollte, es sollte weggeschwiegen werden. Das macht es aber eben nur noch schlimmer und hilft, wie sich zeigt, nur Leuten, die sowieso alles und jeden hassen.
Nun aber zur Polizei. Der Mann mit dem Hut hat eine Anzeige gemacht wegen Beleidigung. In solchem Fall muss die Polizei ermitteln, egal, wie dumm sie die Vriwürfe findet. Sie muss dem nachgehen. Ich selbst wurde auch schon eine Stunde kontrolliert, weil ich angeblich öffentlich gepullert hätte. Das ist leider normal. Das müssten die Medienleute aber wissen.
Ich vermute mal, es gab auch nur deshalb solch ein Spektakel, weil es mal wieder die bösen Sachsen waren. Ei nu gugge mao!
...und die Einwilligung muss in informierter Weise erteilt werden.Das heißt der Hutbürger muss vorher über seine passiven Abwehrrechte nach Art. 13 DESGVO belehrt worden sein. Ist auch nicht passiert.....Kamerateam handelt illegal ..... Hutbürger hat jetzt Anspruch auf Schadensersatz und ich würde den sächsichen Datenschuztbeauftragten einschalten, mit der Bitte eine Geldbuße an den Sender zu verhängen, wegen illegaler Direkterhebung personenbezogener Daten ....ja das sieht die DESGVO theoretisch vor.....
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