Er setzt den Beruf des Politikers mit dem von Freudenmädchen gleich, nennt Abgrenzung gegenüber anderen einen natürlichen Weg, sich selbst zu definieren, gesteht sogar Nationen zu, "Identität nur durch Abgrenzung" erlangen zu können und hält die Einhaltung von Regeln für wichtiger als die Durchsetzung eigener Wert: Der frühere tschechische Aussenminister Karl Schwarzenberg hat der Basler Zeitung ein bemerkenswertes Interview gegeben, das aus historischer Sicht argumentiert, statt im Kleinklein der Gegenwart zu rühren.
Das derzeitige Oberhaupt des fränkisch-böhmischen Adelshauses Schwarzenberg, das seine Wurzeln im 15. Jahrhundert hat, ist als europafreundlicher EU-Kritiker bekannt. In seinen 80 Jahren hat der entschiedene Kämpfer gegen den selbsternannten Sozialismus in seiner tschechischen Heimat zwar nie ein Studium oder eine Ausbildung beendet. Schon in den 60er Jahren aber ignorierte er politische Grenzziehungen und arbeitete in Österreich, wohin die Familie nach der Besetzung der Tschechei durch sowjetische Truppen geflüchtet war, sowohl innen- wie außenpolitisch als Strippenzieher hinter den Kulissen.
Mit dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei und der Wahl Václav Havels zum Staatspräsidenten des neugegründeten tschechischen Staates trat Schwarzenberg aus der zweiten Reihe - erst als Büroleiter Havels, dann als Zeitungsverleger, schließlich als Außenminister und Präsidentschaftskandidat, der dem derzeitigen tschechischen Amtsinhaber Zeman unterlag. Für Schwarzenberg kein Problem. Zeman sei Kettenraucher, er trinke viel und habe eine ordinäre Sprache, lebe also so, "wie es ein normaler Tscheche auch gerne tut". Mit ihm könne man sich identifizieren, erst recht in einer Atmosphäre der "Nostalgie nach der Vergangenheit", in der nicht zähle, "was sein soll, sondern was einem nahesteht".
Die üblichen Ritualbeschwörungen lehnt Schwarzenberg ab. Auf die Frage, ob er ein "überzeugter Europäer" sei, sagt er schlicht: "Was heisst denn hier «überzeugt»? Ich bin kein Asiate und kein Amerikaner, sondern halt einfach Europäer." Ebenso klar diagnostiziert er die Krankheit Europas, die vor allem eine Krankheit der EU ist. "Ich sehe da keine Idee und geschweige denn den Willen und die Energie, sie durchzusetzen." Auch das Personal fehle, statt Staatmännern und -frauen sehe er nur "bessere oder schlechtere Verwalter ihrer Länder".
Eine Ohrfeige, die Europas Eliten gilt. Die hätten aus der EU ein Vehikel gemacht, dass sich nicht um die wesentlichen, sondern um viele unwesentlichen Dinge kümmere, für die sie sich eine Zuständigkeit über die letzten 60 Jahre angeeignet habe. Schwarzenberg plädiert dafür, dass das Kleinteilige, Verbürokratisierte zurückgebaut und Kompetenzen wieder an die Mitgliedsländer zurückgegeben werden. "Ich sehe nicht ein, warum die Frage, unter welchem Namen ein Käse im Binnenmarkt verkauft wird, in Brüssel entschieden werden muss. Ich sehe nicht ein, weshalb die EU den Naturschutz nicht den Mitgliedsländern überlässt." Er sei kein Freund des Zentralstaates, "aber die Dinge, die seit tausend Jahren entscheidend sind, die sollen in der EU koordiniert werden - alles andere, verschiedene Währungen, verschiedene Steuersysteme, den ganzen Rest können Sie getrost der Vielfalt in Europa überlassen."
Schwarzenberg hält Regeln in diesem Menschenpark für wichtiger als die ominösen "Werte", das europäische Spitzenpersonal beständig im Mund führt. "Heute bombardieren wir ein Land, ich denke an Syrien, ohne Kriegserklärung", sagt er, "wir schicken Armeen über Grenzen irgendwohin, um irgendetwas zu machen. Und alle reden von Werten, die sie dort zu verteidigen vorgeben."
Genau dieses Vorgehen nach der jeweils im Augenblick geltenden Definition von "Werten" zerstöre das Regelwerk, das nach dem Zweiten Weltkrieg für Frieden und gegen Barbarisierung aufgebaut worden sei. "Wir geben vor, etwas für Werte zu tun und verraten sie damit", bringt Karl Schwarzenberg auf den Punkt, woran eine über die eignen Doppelstandards tagtäglich in den Spagat gehende Symbolpolitik im Inneren krankt. "Ich möchte doch alle bitten, die allgemeinen Regeln einzuhalten. Das genügt nämlich – und leckt mich am Arsch mit Werten!"
Das derzeitige Oberhaupt des fränkisch-böhmischen Adelshauses Schwarzenberg, das seine Wurzeln im 15. Jahrhundert hat, ist als europafreundlicher EU-Kritiker bekannt. In seinen 80 Jahren hat der entschiedene Kämpfer gegen den selbsternannten Sozialismus in seiner tschechischen Heimat zwar nie ein Studium oder eine Ausbildung beendet. Schon in den 60er Jahren aber ignorierte er politische Grenzziehungen und arbeitete in Österreich, wohin die Familie nach der Besetzung der Tschechei durch sowjetische Truppen geflüchtet war, sowohl innen- wie außenpolitisch als Strippenzieher hinter den Kulissen.
Mit dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei und der Wahl Václav Havels zum Staatspräsidenten des neugegründeten tschechischen Staates trat Schwarzenberg aus der zweiten Reihe - erst als Büroleiter Havels, dann als Zeitungsverleger, schließlich als Außenminister und Präsidentschaftskandidat, der dem derzeitigen tschechischen Amtsinhaber Zeman unterlag. Für Schwarzenberg kein Problem. Zeman sei Kettenraucher, er trinke viel und habe eine ordinäre Sprache, lebe also so, "wie es ein normaler Tscheche auch gerne tut". Mit ihm könne man sich identifizieren, erst recht in einer Atmosphäre der "Nostalgie nach der Vergangenheit", in der nicht zähle, "was sein soll, sondern was einem nahesteht".
Die üblichen Ritualbeschwörungen lehnt Schwarzenberg ab. Auf die Frage, ob er ein "überzeugter Europäer" sei, sagt er schlicht: "Was heisst denn hier «überzeugt»? Ich bin kein Asiate und kein Amerikaner, sondern halt einfach Europäer." Ebenso klar diagnostiziert er die Krankheit Europas, die vor allem eine Krankheit der EU ist. "Ich sehe da keine Idee und geschweige denn den Willen und die Energie, sie durchzusetzen." Auch das Personal fehle, statt Staatmännern und -frauen sehe er nur "bessere oder schlechtere Verwalter ihrer Länder".
Eine Ohrfeige, die Europas Eliten gilt. Die hätten aus der EU ein Vehikel gemacht, dass sich nicht um die wesentlichen, sondern um viele unwesentlichen Dinge kümmere, für die sie sich eine Zuständigkeit über die letzten 60 Jahre angeeignet habe. Schwarzenberg plädiert dafür, dass das Kleinteilige, Verbürokratisierte zurückgebaut und Kompetenzen wieder an die Mitgliedsländer zurückgegeben werden. "Ich sehe nicht ein, warum die Frage, unter welchem Namen ein Käse im Binnenmarkt verkauft wird, in Brüssel entschieden werden muss. Ich sehe nicht ein, weshalb die EU den Naturschutz nicht den Mitgliedsländern überlässt." Er sei kein Freund des Zentralstaates, "aber die Dinge, die seit tausend Jahren entscheidend sind, die sollen in der EU koordiniert werden - alles andere, verschiedene Währungen, verschiedene Steuersysteme, den ganzen Rest können Sie getrost der Vielfalt in Europa überlassen."
Schwarzenberg hält Regeln in diesem Menschenpark für wichtiger als die ominösen "Werte", das europäische Spitzenpersonal beständig im Mund führt. "Heute bombardieren wir ein Land, ich denke an Syrien, ohne Kriegserklärung", sagt er, "wir schicken Armeen über Grenzen irgendwohin, um irgendetwas zu machen. Und alle reden von Werten, die sie dort zu verteidigen vorgeben."
Genau dieses Vorgehen nach der jeweils im Augenblick geltenden Definition von "Werten" zerstöre das Regelwerk, das nach dem Zweiten Weltkrieg für Frieden und gegen Barbarisierung aufgebaut worden sei. "Wir geben vor, etwas für Werte zu tun und verraten sie damit", bringt Karl Schwarzenberg auf den Punkt, woran eine über die eignen Doppelstandards tagtäglich in den Spagat gehende Symbolpolitik im Inneren krankt. "Ich möchte doch alle bitten, die allgemeinen Regeln einzuhalten. Das genügt nämlich – und leckt mich am Arsch mit Werten!"
1 Kommentar:
Deutschland ZAHLT! Maastricht wie Vesailler Vertrag? Rede von Corinna Miazga (AFD; weiblicher Europa-Abgeordneter)
https://youtu.be/MP8BwS9bzgI
Diese Rede hielt Sie vor kurzem und wollte sie gern mit euch teilen, da sie wieder einige brisante Informationen über die Europäische Union untergebracht habe. Wenn man im EU-Ausschuss, oder wie ich ihn gern nenne, den Kaffee- & Kuchenausschuss, sitzt und anfängt sich näher und sehr intensiv mit der EU zu beschäftigen, erfährt man so einiges.
Hier der SPIEGEL-Artikel, indem das Zitat auftaucht, welches ich Anfangs benannte: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d…
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