Montag, 18. Juni 2018

Steinmeiers Stasi: Das Lauschen bei Anderen


Angriff der Rechtspopulisten auf unsere gemeinsamen Werte! Kaum ist der rechte Kanzler Kurz in Österreich ein paar Monate an der menschenverachtenden Macht, stellt Österreich den Bundesnachrichtendienst (BND) an den Pranger: Der deutsche Auslandsgeheimdienst habe zwischen 1999 und 2006 systematisch die Telekommunikation zentraler Einrichtungen in Österreich überwacht, meldeten das österreichische Nachrichtenmagazin "profil" und die Wiener Zeitung "Der Standard", was die Spatzen seit Jahrhunderten von den Dächern pfeifen. Ja, Auslandsgeheimdienste spitzeln im Ausland. Ja, auch deutsche tun das. Und nein, es ist nicht so, dass die bespitzelten Länder das nicht ganz genau wissen.

Merkels nächste Krise


Allerdings hatte die aktuelle Bundesregierung stets so getan, als sei sie seinerzeit von den Enthüllungen um die flächendeckende Überwachung Deutschlands durch die NSA völlig überrascht worden. Die Kanzlerin, selbst abgehört, sprach damals mit "Ausspähen unter Freunden geht gar nicht" einen ihrer in Stein gemeißelten Sätze. Später, als herauskam, dass der ihr unterstellte BND den Amerikanern bei der Überwachung geholfen hatte, schwor die Kanzlerin im NSA-Untersuchungsausschuss, sie habe von nichts etwas gewusst und könne das alles immer noch nicht glauben.

So wird sie es auch mit der Spionagearbeit in Österreich halten können, die angeblich 2006 beendet wurde. Schlimm. Aber vor meiner Zeit. Einem anderen Spitzenpolitiker jedoch dürfte seit der Enthüllung aus Wien der Geist der vorigen Weihnacht erscheinen: Walter Steinmeier war im fraglichen Zeitraum Kanzleramtsminister und als solcher oberster Koordinator der deutschen Geheimdienste, also auch des BND. Ein harter Hund an der richtigen Stelle: Steinmeier war Mitwisser und Taktgeber bei amerikanischen Folteraktionen, er unterzeichnete die Abkommen, die es der NSA gestatten, in Deutschland schrankenlos zu spionieren, und er vertuschte seine Beteiligung an Programmen wie Prism so erfolgreich, dass er heute hochgeachtet und aalglatt als Bundespräsident amtieren kann.


Steinmeiers Spitzel


Die BND-interne Datei, die profil und dem Standard zugespielt wurde, zeigt nun aber, wie der BND in Steinmeiers Zeit als oberster Geheimdienstchef österreichische Ziele ausspähte - obwohl Österreich damals offiziell noch zu Deutschlands Partnerstaaten zählte. Zwar hatte die EU nach der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch die Rechtsregierung von ÖVP und FPÖ Ende der 90er Jahre kurzzeitig Sanktionen gegen die Alpenrepublik verhängt. Diese waren aber bereits im Jahr 2000 wieder aufgehoben worden.

Dennoch überwachte der BND weiterhin mehr als 2.000 Festnetz-, Fax- und Mobilnummern sowie E-Mail-Adressen von Dutzenden österreichischen Unternehmen, von Ministerien, Universitäten, Polizeibehörden, Moscheen, Vereinen, Verbänden und Privatpersonen. Zudem spitzelten die deutschen Agenten mehr als 70 diplomatische Vertretungen in Wien aus, darunter die Vereinten Nationen, die OPEC, die OSZE und die Internationale Atomenergiebehörde IAEA. Und Walter Steinmeier, der heutige Bundespräsident, wusste es.


Eine Staatsaffäre, die das Grundproblem deutscher Bundesregierungen seit dem Ende der Ära Kohl aufzeigt: Sie behaupten, moralisch zu handeln und dazu ausschließlich saubere Mittel anzuwenden. Sie kritisieren, rechten und richten, prangen an und salbadern vom prächtigen Roß einer eingebildeten höheren Moral. Während sie in Wirklichkeit  dieselben Methoden benutzen wie alle anderen Staaten auch.

Sekundärtugenden für den Aufstieg


Doppelmoral, angemalt mit Hybris, die sich in der Figur des Pragmatikers Steinmeier personifiziert. Der ehemalige Außenminister, Vizekanzler und Kanzlerkandidat der SPD strebte stets nach Bedeutung, Macht und Ansehen, ein menschgewordener Fundus an Sekundärtugenden, der bereit war, alles zu tun, was ihm angewiesen wurde, wenn es nur seinem weiteren Aufstieg diente.

Immer hatte Steinmeier das Glück, dass er zwar erwischt wurde, die jeweilige Machtbalance in der Partei oder in der Koalition es aber nicht zuließ, dass er ernsthaft Schaden nahm. Statt wegen all der Affären, für die er eigentlich hätte Verantwortung übernehmen müssen, davongejagt zu werden, parkten Sigmar Gabriel und Angela Merkel den biegsamen Funktionär im Bundespräsidentenamt ab.

Und dort ist der 62-Jährige weiter sicher, auch wenn ihm seine Tätigkeit als Geheimdienstkoordinator der Regierung Schröder nun eigentlich mit einer gewaltigen Explosion um die Ohren fliegen müsste. Doch zu groß ist die Krise der Bundesregierung, zu gering das Interesse der Opposition an einem Sturz der Regierung und nicht vorhanden sind die Medien, die Steinmeiers Rolle bei der Bespitzelung Österreichs beleuchten. 

Ruhe ist erste Berichterstatterpflicht. Walter Steinmeier wird gebraucht, in den wackligsten Tagen der großen Koalition weiter Stabilität zu simulieren.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

kommt alle zu gab.ai

zensurfreie Kommentare zum Zeitgeschehen

Anonym hat gesagt…

Der zdf kommentator im gestrigen spiel hat das wort lebensraum benutzt. Dachte eigentlich die nãchsten wochen dreht sich alles darum.

Sauer hat gesagt…

Deutsche Geheimdienste haben zu keiner Zeit irgendwelche Geheimnisse aufgedeckt, sie waren und sind notorisch impotent. Anstelle der Österreicher würde ich über den Versuch des BND, österreichische Telefone abzuhören, laut lachen. Zum einen ist es fraglich, daß der BND über die technischen Fähigkeiten zur Abhörung verfügt. Die können vielleicht die Gespräche zwischen zwei Stallburschen in einem Kamelstall belauschen, aber keine Gespräche, die über elektrische Signale geführt werden. Zum anderen sind sie nicht fähig, den Inhalt des Gehörten zu verstehen. Selbst der Unterhaltung der Stallburschen können sie keinen Sinn abgewinnen, aus zwei Gründen: Sie wissen nicht in welcher Sprache sich die Burschen unterhalten und selbst wenn sie die Sprache zufällig heraus bekommen, fehlt ihnen der Dolmetscher, der die Worte der Burschen ihnen in einfacher Sprache verdolmetscht. Am Verständnis des verdolmetschten Textes scheitern sie dann trotzdem.

Steinmeier und BND sind Holzköpfe, gemacht auf dem gleichen modrigen Holz. Aufgeblasenheit und Ignoranz kennzeichnen beide, ebenso wie große Ankündigungen und erbärmliches Versagen. Nein, man kann den Steinmeier für das Herumstümpern in österreichischen Telefonleitungen nicht verantwortlich machen. Verantwortlich gemacht werden kann nur jemand, der versteht, was er selbst und seine Untergebenen tun. Diese Voraussetzung ist bei Steinmeier nicht erfüllt. Weder als Diener von Schröder, noch als Außenpriester hat er irgend etwas zustande gebracht, an das man sich erinnern könnte. Aber seine Fehlleistungen, besser fehlende Leistungen, kann man leicht aufzählen, hierzu zwei Beispiele:

1. Als fünf bulgarische Krankenschwestern wegen falscher Anschuldigungen unter unmenschlichen Bedingungen im Libyen des Gaddafis gefangengehalten wurden, besuchte auch Steinmeier Libyen. Die Schwestern erhofften sich eine Intervention von Steinmeier zu ihren Gunsten. Vergeblich natürlich, Steinmeier war zu feige, das Schicksal der Inhaftierten anzusprechen. Erst der energische Einsatz der Frau des französischen Präsidenten führte zu ihrer Freilassung.

2. Bei den Verhandlungen mit dem Iran drängte sich auch Steinmeier an den Verhandlungstisch, in voller Verkennung der Einflußlosigkeit Deutschlands. Neben den Vertretern der Länder mit Gewicht in der internationalen Politik, wollte er als Vertreter eines machtpolitisch kastrierten Landes unbedingt mitreden. Eine mitleiderregende Selbstüberschätzung, die er auch bald zu spüren bekam. Seine Vorschläge wurden von den anderen Verhandlungsteilnehmer unbeachtet zur Seite gewischt, bei einem Funken Selbstkritik hätte er sich als Hosenmatz empfinden müssen, der er ist. Doch im Gegenteil, er war stolz, sein Konterfei im Kreis der Wichtigen spazieren zu führen. Was für ein Wicht, ein Bundeswicht, gut passend zu einem Volk der Gartenzwerge, das sich von frech hereinschneienden Fremden wehrlos überwältigen läßt.