Beim unglücklichen Auffliegen der Überwachung der Kanzlerinnentelefone durch einen abtrünnigen US-Verräter schauten alle ganz entsetzt. Nichts gewusst hatten die Geheimdienstaufseher im Parlament, die zuständigen Minister, der Alleskönner im Kanzleramt und auch die Kanzlerin selbst. Ein später zurückgetretener Minister flog nach Amerika und bat den damals noch regierenden Freund Deutschlands im Weißen Haus, doch bitte nicht mehr mitzulauschen, wenn Deutsche miteinander reden. Barack Obama schickte ihn kalt lächelnd zurück nach Hause. So weit reicht die Freundschaft denn doch nicht.
Dennoch legte die Kanzlerin bald abschließend fest, dass "Abhören unter Freunden gar nicht" gehe. NSA-Affäre beendet, auch wenn die Abhörerei natürlich weiterging. Und das sogar stabil unter Mithilfe deutscher Behörden: Galt es damals noch als großer, wenn auch flott beilegbarer Skandal, dass der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) den US-Kollegen millionenfach in Deutschland abgeschnorchelte Daten geliefert hatte, setzte sich später die Auffassung durch, dass das Grundgesetz auch weitergilt, wenn man einfach nicht beachtet, was drinsteht. Diese Auffassung, die in Berliner Regierungsgebäuden bereits länger common sense ist, hat jetzt auch das Bundesverwaltungsgericht gestützt: Nach einem Urteil der Verwaltungsrichter darf der Auslandsgeheimdienst BND ab sofort ganz offiziell auch im Inland tätig werden und auf sämtliche Daten zugreifen, die über den weltweit größten Internetknotenpunkt DE-CIX in Frankfurt laufen.
Ein wegweisender Beschluss, denn eigentlich bestimmt das BND-Gesetz, dass der Bundesnachrichtendienst "zur Erfüllung seiner Aufgaben vom Inland aus mit technischen Mitteln Informationen einschließlich personenbezogener Daten aus Telekommunikationsnetzen, über die Telekommunikation von Ausländern im Ausland erfolgt verarbeiten" darf. "Vom Inland aus" ist nicht "im Inland", Kommunikation von Ausländern ist nicht die deutscher Staatsbürger. Ungeachtet dessen hatte der BND sich selbst schon lange gestattet, am Netzknoten Frankfurt zu sieben, was immer durchlief. Nachdem eine private Firma, an deren Leitungen sich die Geheimdienstler gehängt hatten, dagegen klagte, bekommt er nun endlich auch die höchstrichterlich Erlaubnis dazu.
Dazu mussten die Richter allerdings ein paar gewagte Volten schlagen. Nicht nur, dass das BND-Gesetz keine Handhabe bietet, im Inland auch die Kommunikation von Inländern zu überwachen. Zudem schützt das Grundgesetz die private Kommunikation in besonderem Maße, so dass eigentlich ein Richter darüber entscheiden muss, wenn das Fernmeldegeheimnis im Einzelfall verletzt werden soll.
Braucht es nicht, sagt das Bundesverwaltungsgericht. Der BND habe versichert, dass "der allergrößte Teil der innerdeutschen Kommunikation bereits automatisch aus den Milliarden von abgefangenen Datensätzen herausgefiltert" werde und man den Rest per Hand weglösche. Zudem überwache G-10-Kommission des Bundestages als Kontrollinstanz den Umgang mit den Daten. Es ist nicht überliefert, ob an dieser Stelle im Gerichtssaal lautes Gelächter ausbrach - gilt die G-10-Kommission doch als eine Art kleiner, kränklicher Bruder des Verfassungsschutzes. Der, ursprünglich einmal gegründet, um die Tätigkeit ausländischer Geheimdienste in Deutschland im Auge zu behalten, hatte über Jahrzehnte hinweg nicht mitbekommen, dass der Bruderdienst BND die Amerikaner mit gestohlenen Daten belieferte, von denen selbst der BND-Chef nicht sagen konnte, was sie eigentlich betrafen.
Aber "strategische Fernmeldeaufklärung", so das Gericht, sei wichtig, das Grundgesetz und das BND-Gesetz müssen da wohl oder übel zurückstehen. Tröstlich für die Firma, die geklagt hatte, um nicht weiter widerrechtlich Daten ihrer Kunden pauschal an das Cyber-Command des BND abgeben zu müssen: Die Haftung und Verantwortung für den Rechts- und Verfassungsbruch liegt laut Gericht nicht beim Dienstanbieter, sondern beim Innenminister.
Die ist damit keine faktische, sondern eine rein politische. Also absolut symbolisch.
Dennoch legte die Kanzlerin bald abschließend fest, dass "Abhören unter Freunden gar nicht" gehe. NSA-Affäre beendet, auch wenn die Abhörerei natürlich weiterging. Und das sogar stabil unter Mithilfe deutscher Behörden: Galt es damals noch als großer, wenn auch flott beilegbarer Skandal, dass der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) den US-Kollegen millionenfach in Deutschland abgeschnorchelte Daten geliefert hatte, setzte sich später die Auffassung durch, dass das Grundgesetz auch weitergilt, wenn man einfach nicht beachtet, was drinsteht. Diese Auffassung, die in Berliner Regierungsgebäuden bereits länger common sense ist, hat jetzt auch das Bundesverwaltungsgericht gestützt: Nach einem Urteil der Verwaltungsrichter darf der Auslandsgeheimdienst BND ab sofort ganz offiziell auch im Inland tätig werden und auf sämtliche Daten zugreifen, die über den weltweit größten Internetknotenpunkt DE-CIX in Frankfurt laufen.
Ein wegweisender Beschluss, denn eigentlich bestimmt das BND-Gesetz, dass der Bundesnachrichtendienst "zur Erfüllung seiner Aufgaben vom Inland aus mit technischen Mitteln Informationen einschließlich personenbezogener Daten aus Telekommunikationsnetzen, über die Telekommunikation von Ausländern im Ausland erfolgt verarbeiten" darf. "Vom Inland aus" ist nicht "im Inland", Kommunikation von Ausländern ist nicht die deutscher Staatsbürger. Ungeachtet dessen hatte der BND sich selbst schon lange gestattet, am Netzknoten Frankfurt zu sieben, was immer durchlief. Nachdem eine private Firma, an deren Leitungen sich die Geheimdienstler gehängt hatten, dagegen klagte, bekommt er nun endlich auch die höchstrichterlich Erlaubnis dazu.
Dazu mussten die Richter allerdings ein paar gewagte Volten schlagen. Nicht nur, dass das BND-Gesetz keine Handhabe bietet, im Inland auch die Kommunikation von Inländern zu überwachen. Zudem schützt das Grundgesetz die private Kommunikation in besonderem Maße, so dass eigentlich ein Richter darüber entscheiden muss, wenn das Fernmeldegeheimnis im Einzelfall verletzt werden soll.
Braucht es nicht, sagt das Bundesverwaltungsgericht. Der BND habe versichert, dass "der allergrößte Teil der innerdeutschen Kommunikation bereits automatisch aus den Milliarden von abgefangenen Datensätzen herausgefiltert" werde und man den Rest per Hand weglösche. Zudem überwache G-10-Kommission des Bundestages als Kontrollinstanz den Umgang mit den Daten. Es ist nicht überliefert, ob an dieser Stelle im Gerichtssaal lautes Gelächter ausbrach - gilt die G-10-Kommission doch als eine Art kleiner, kränklicher Bruder des Verfassungsschutzes. Der, ursprünglich einmal gegründet, um die Tätigkeit ausländischer Geheimdienste in Deutschland im Auge zu behalten, hatte über Jahrzehnte hinweg nicht mitbekommen, dass der Bruderdienst BND die Amerikaner mit gestohlenen Daten belieferte, von denen selbst der BND-Chef nicht sagen konnte, was sie eigentlich betrafen.
Aber "strategische Fernmeldeaufklärung", so das Gericht, sei wichtig, das Grundgesetz und das BND-Gesetz müssen da wohl oder übel zurückstehen. Tröstlich für die Firma, die geklagt hatte, um nicht weiter widerrechtlich Daten ihrer Kunden pauschal an das Cyber-Command des BND abgeben zu müssen: Die Haftung und Verantwortung für den Rechts- und Verfassungsbruch liegt laut Gericht nicht beim Dienstanbieter, sondern beim Innenminister.
Die ist damit keine faktische, sondern eine rein politische. Also absolut symbolisch.
1 Kommentar:
"Der, ursprünglich einmal gegründet,um die Tätigkeit ausländischer Geheimdienste in Deutschland im Auge zu behalten..."
Das ist eine gewagte Interpretation.
1949/50 wurden auf Anordnung des Rates der Hohen Kommissare und der Militärgouverneure sogenannte „Informationsstellen“ bei den Landesregierungen eingerichtet.
Konrad Adenauer: „keine deutsche Stelle hat den Wunsch ausgesprochen, etwas aufzustellen.“
Grund:
Innerstaatliche Gefährdung durch manifeste und subversive kommunistische Aktionen
Jegliches Auflodern reichsdeutscher Agitationen, die die Rechtmäßigkeit der neuen Regierung in Zweifel zog bzw. den Status quo zu ändern, zum Ziel hat, im Keim zu ersticken
Urs Benetti, „Das Deutsche Grundgesetz – eine Wertung aus Schweizer Sicht“
Die Bezeichnung „Bundesamt für Verfassungsschutz“ geht auf eine Ansage der Alliierten von 1950 zurück: Die Westdeutschen sollten für den neuen Geheimdienst doch bitte eine „harmlose, nichtssagende Bezeichnung“ wählen.
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