Es war im Frühling vor acht Jahren, als den Bundestag der Hafer stach. Mit großer Mehrheit beschloss das Hohe Haus, den Abzug der letzten noch verbliebenen US-Atomwaffen aus Deutschland zu fordern. Mit Ausnahme der Linken, die gnatzig war, stimmen alle Fraktionen zu, die Bundesregierung aufzufordern, die USA "mit Nachdruck" darauf hinzuweisen, dass Deutschland keine nuklearen Waffen bei sich stationiert haben mag. Auch die Bundesregierung schloss sich später an: Die Bundesregierung unterstütze das Ziel einer Welt ohne Atomwaffen.
Doch bei amerikanischen Nuklearsprengköpfen auf deutschem Boden handelt es sich nach Auffassung der Bundesregierung offiziell nur um "Waffensysteme, die womöglich sich auch auf deutschem Boden befinden könnten". Eine Möglichkeit, die offiziell nie bestätigt worden ist, nicht einmal nach dem Ende der 4+2-Gespräche, deren Ergebnis Deutschland in die volle Souveränität entließ. Die aber eben gerade nur bis an den Zaun der amerikanischen Kasernen in Deutschland reicht.
Erwartbar, dass auch das Bundesverfassungsgericht (BVG) daran nichts andern kann. Es hat jetzt eine Verfassungsbeschwerde gegen die Stationierung US-amerikanischer Atomwaffen auf dem Fliegerhorst Büchel im Landkreis Cochem-Zell in Rheinland-Pfalz mit seinem Beschluss 2 BvR 1371/13 zurückgewiesen, weil die Beschwerdeführerin nicht angeführt haben, wieso diese Atomwaffen einen Eingriff in ihre Grundrechte darstelle. Genauso wenig sei eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten durch den Staat zu erkennen.
Eine interessante Argumentation, denn was auch immer Spatzen von den Dächern pfiffen: Die in "Deutschland gelagerten Nuklearwaffen sowie ihre Lagerorte unterliegen aufgrund von Abkommen und einschlägigen Bestimmungen der Geheimhaltung", argumentierten alle Bundesregierungen bis heute. Anfragen und Behauptungen zu Lagerorten oder dem Umfang der gelagerten Waffen wurden deshalb offiziell nie bestätigt.
Das leistet nun das BVG in einem beispiellosen Akt der Illoyalität zur deutschen Staatsräson. Zu den Aufgaben der in Büchel stationierten Truppen gehöre "vor allem die Verwahrung, Bewachung, Wartung und Freigabe der dort im Rahmen der innerhalb der NATO vereinbarten nuklearen Teilhabe gelagerten Atomwaffen", lüftet das BVG ein Staatsgeheimnis. Nur um der Beschwerdeführerin, die 3,5 Kilometer vom Fliegerhorst Büchel entfernt wohnt, anschließend zu bescheinigen, dass deren Besorgnis, terroristischen Angriffen auf den Fliegerhorst in besonderer Weise ausgesetzt zu sein, keinen Anlass hat.
Die Frau hatte argumentiert, dass allein schon das Vorhandensein der Nuklearwaffen gegen Prinzipien des humanitären Völkerrechts, das eine rechtswidrige Kriegsführung verbiete. Aus Art. 25 und 26 des Grundgesetzes wollte die Frau ihr Recht ableiten, vom Staat verlangen zu können, von deutschem Boden aus keine rechtswidrige Kriegsführung zu planen. Deshalb sollte das Verwaltungsgericht Köln die Bundesregierung verurteilen, gegenüber den USA darauf hinzuwirken, auch die angeblich letzten in Deutschland gelagerten Atomwaffen abzuziehen.
Einen kleinen Justizmarathon später ist die Klägerin nun vor dem BVG gelandet. Das Kölner Gericht hatte ihre Klage verworfen, das Oberverwaltungsgericht urteilte, dass die Vorbereitung eines Nuklearkrieges keinen Verstoß gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts darstelle. Die von der Beschwerdeführerin gefürchteten möglichen terroristischen Handlungen hingegen seien der Bundesrepublik Deutschland nicht zuzurechnen, von dieser "nur begrenzt vorherzusehen" und schwer zu verhindert.
Kritik klingt hier an, weil schon das OVG stillschweigend davon ausgeht, dass die Bundesregierung keinerlei Verfügungsgewalt über die Atomwaffen hat. Spannender aber wird es nicht. Das BVG lehnte die eingereichte Klage nun endgültig mit ähnlicher Begründung als unzulässig ab, weil die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Gefahren keinen Grundrechtseingriff darstellten. Ein solcher setze voraus, dass der Staat einen Schaden als für ihn vorhersehbare Folge zumindest in Kauf nehme und die Möglichkeit habe, ihn zu verhindern. Aber, so das Gericht: "Ist er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gehindert, auf den Geschehensablauf Einfluss zu nehmen, kann ihm dieser verfassungsrechtlich nicht als Folge eigenen Verhaltens zugerechnet werden."
Die Bundesregierung nun ist, auch wenn das in der Berichterstattung der Leitmedien ein bisschen untergeht, eben nicht in der Lage, auf den Geschehensablauf Einfluss zu nehmen". Damit endet, so das BVG, "die Verantwortlichkeit der an das Grundgesetz gebundenen öffentlichen Gewalt, und damit auch der Schutzbereich der Grundrechte, dort, wo ein Vorgang in seinem wesentlichen Verlauf von einer fremden Macht nach ihrem, von der Bundesrepublik Deutschland unabhängigen Willen gestaltet wird."
Kurz gesagt: Ein Staat, der nicht die Möglichkeit hat, die US-Regierung zum Abzug ihrer Atomwaffen zu veranlassen, und auch nicht die, Terroristen von Anschlägen auf seine Bürger abzuhalten, ist nicht verantwortlich dafür, wenn Terroristen diese Atomwaffen womöglich wirklich zum Ziel erklären würden.
Auch die von der Beschwerdeführerin in ihrer Klage genannten Normen des humanitären Völkerrechts, etwa das Gebot, zwischen Soldaten und Zivilbevölkerung zu unterscheiden, ändern an der Ablehnung nicht. Diese Vorschrift schütze "Personen, die unmittelbar mit Kampfhandlungen konfrontiert sind", schreibt das BVG, "das ist bei der Beschwerdeführerin offenkundig nicht der Fall."
Link zum Ablehnungsbeschluss
"Womöglich auf deutschem Boden"
Doch bei amerikanischen Nuklearsprengköpfen auf deutschem Boden handelt es sich nach Auffassung der Bundesregierung offiziell nur um "Waffensysteme, die womöglich sich auch auf deutschem Boden befinden könnten". Eine Möglichkeit, die offiziell nie bestätigt worden ist, nicht einmal nach dem Ende der 4+2-Gespräche, deren Ergebnis Deutschland in die volle Souveränität entließ. Die aber eben gerade nur bis an den Zaun der amerikanischen Kasernen in Deutschland reicht.
Erwartbar, dass auch das Bundesverfassungsgericht (BVG) daran nichts andern kann. Es hat jetzt eine Verfassungsbeschwerde gegen die Stationierung US-amerikanischer Atomwaffen auf dem Fliegerhorst Büchel im Landkreis Cochem-Zell in Rheinland-Pfalz mit seinem Beschluss 2 BvR 1371/13 zurückgewiesen, weil die Beschwerdeführerin nicht angeführt haben, wieso diese Atomwaffen einen Eingriff in ihre Grundrechte darstelle. Genauso wenig sei eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten durch den Staat zu erkennen.
Eine interessante Argumentation, denn was auch immer Spatzen von den Dächern pfiffen: Die in "Deutschland gelagerten Nuklearwaffen sowie ihre Lagerorte unterliegen aufgrund von Abkommen und einschlägigen Bestimmungen der Geheimhaltung", argumentierten alle Bundesregierungen bis heute. Anfragen und Behauptungen zu Lagerorten oder dem Umfang der gelagerten Waffen wurden deshalb offiziell nie bestätigt.
Illoyal zur Staatsräson
Das leistet nun das BVG in einem beispiellosen Akt der Illoyalität zur deutschen Staatsräson. Zu den Aufgaben der in Büchel stationierten Truppen gehöre "vor allem die Verwahrung, Bewachung, Wartung und Freigabe der dort im Rahmen der innerhalb der NATO vereinbarten nuklearen Teilhabe gelagerten Atomwaffen", lüftet das BVG ein Staatsgeheimnis. Nur um der Beschwerdeführerin, die 3,5 Kilometer vom Fliegerhorst Büchel entfernt wohnt, anschließend zu bescheinigen, dass deren Besorgnis, terroristischen Angriffen auf den Fliegerhorst in besonderer Weise ausgesetzt zu sein, keinen Anlass hat.
Die Frau hatte argumentiert, dass allein schon das Vorhandensein der Nuklearwaffen gegen Prinzipien des humanitären Völkerrechts, das eine rechtswidrige Kriegsführung verbiete. Aus Art. 25 und 26 des Grundgesetzes wollte die Frau ihr Recht ableiten, vom Staat verlangen zu können, von deutschem Boden aus keine rechtswidrige Kriegsführung zu planen. Deshalb sollte das Verwaltungsgericht Köln die Bundesregierung verurteilen, gegenüber den USA darauf hinzuwirken, auch die angeblich letzten in Deutschland gelagerten Atomwaffen abzuziehen.
Einen kleinen Justizmarathon später ist die Klägerin nun vor dem BVG gelandet. Das Kölner Gericht hatte ihre Klage verworfen, das Oberverwaltungsgericht urteilte, dass die Vorbereitung eines Nuklearkrieges keinen Verstoß gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts darstelle. Die von der Beschwerdeführerin gefürchteten möglichen terroristischen Handlungen hingegen seien der Bundesrepublik Deutschland nicht zuzurechnen, von dieser "nur begrenzt vorherzusehen" und schwer zu verhindert.
Keinerlei Verfügungsgewalt
Kritik klingt hier an, weil schon das OVG stillschweigend davon ausgeht, dass die Bundesregierung keinerlei Verfügungsgewalt über die Atomwaffen hat. Spannender aber wird es nicht. Das BVG lehnte die eingereichte Klage nun endgültig mit ähnlicher Begründung als unzulässig ab, weil die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Gefahren keinen Grundrechtseingriff darstellten. Ein solcher setze voraus, dass der Staat einen Schaden als für ihn vorhersehbare Folge zumindest in Kauf nehme und die Möglichkeit habe, ihn zu verhindern. Aber, so das Gericht: "Ist er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gehindert, auf den Geschehensablauf Einfluss zu nehmen, kann ihm dieser verfassungsrechtlich nicht als Folge eigenen Verhaltens zugerechnet werden."
Die Bundesregierung nun ist, auch wenn das in der Berichterstattung der Leitmedien ein bisschen untergeht, eben nicht in der Lage, auf den Geschehensablauf Einfluss zu nehmen". Damit endet, so das BVG, "die Verantwortlichkeit der an das Grundgesetz gebundenen öffentlichen Gewalt, und damit auch der Schutzbereich der Grundrechte, dort, wo ein Vorgang in seinem wesentlichen Verlauf von einer fremden Macht nach ihrem, von der Bundesrepublik Deutschland unabhängigen Willen gestaltet wird."
Ein Staat ohne Eingriffsmöglichkeit
Kurz gesagt: Ein Staat, der nicht die Möglichkeit hat, die US-Regierung zum Abzug ihrer Atomwaffen zu veranlassen, und auch nicht die, Terroristen von Anschlägen auf seine Bürger abzuhalten, ist nicht verantwortlich dafür, wenn Terroristen diese Atomwaffen womöglich wirklich zum Ziel erklären würden.
Auch die von der Beschwerdeführerin in ihrer Klage genannten Normen des humanitären Völkerrechts, etwa das Gebot, zwischen Soldaten und Zivilbevölkerung zu unterscheiden, ändern an der Ablehnung nicht. Diese Vorschrift schütze "Personen, die unmittelbar mit Kampfhandlungen konfrontiert sind", schreibt das BVG, "das ist bei der Beschwerdeführerin offenkundig nicht der Fall."
Link zum Ablehnungsbeschluss