Hajek K. ist Trans*Nationaler - er lebt schon seit seiner Kindheit als Syrer. |
Es war ein langer Kampf, aber schließlich hat Hajek K. ihn doch gewonnen: Der 37-Jährige, als Sohn einer deutschen Familie in Schwedt an der Oder geboren, darf seit gestern auch offiziell als Syrer leben.
Vorausgegangen war der Entscheidung des Landgerichtes Greifswald ein über Jahre andauernder Rechtsstreit. Hajek K., ursprünglich als Sohn einer Ingenieursfamilie in der DDR geboren, hatte schon als Neunjähriger gespürt, dass er sich eigentlich als Syrer fühlte und auch als solcher leben wollte. "Das war damals natürlich illusorisch", sagt der großgewachsene Mann mit dem dunklen Haar, der mit seinem schwarzen Kinnbart tatsächlich so aussieht, dass brandenburgische Polizisten ihn zweifellos als "südländischen Typ" bezeichnen würden.
„Obwohl die Parlamentarische Versammlung des Europarates schon 2010 eine Resolution gegen die Diskriminierung von Trans*Nationalen verabschiedet hat, setzte sich die rechtliche Diskriminierung aber auch nach dem Mauerfall fort", klagt Hajek K. Seine zentrale Forderung, eine freie Entscheidung darüber treffen zu dürfen, welcher Nationalität er sich zugehörig fühlen wolle und welche entsprechend auch in seinem Pass vermerkt werden solle, wurde von den Behörden jedoch immer wieder zurückgewiesen. Die Forderung sei nicht nachvollziehbar, hieß es. Wenn er Syrer werden wolle, solle er doch die dortige Staatsbürgerschaft beantragen, bekam Hajek K. von den Beamten zu hören.
"Ich wollte aber nur Staatsbürger werden, sondern wirklich Syrer sein - genau so wie ich mich von Kindesbeinen fühle", begründet er seinen "relativ unkomplizierten Wunsch" (Hajek K.) Eine Odyssee durch Gerichtssäle begann, wo K., der nach intensivem Selbststudium schon mit 14 perfekt Arabisch sprach, versuchte, die bürokratischen Barrieren vor einem Wechsel in seine wahre Nationalität zu überwinden. Doch bislang existieren in den meisten europäischen Staaten immer noch erniedrigende Bedingung zur Umschreibung von Abstammung, Name und Nationalität. "Wer von Deutschen geboren wird, die Kinder von Deutschen sind", sagt der Trans*Syrer, "steckt in einem Gefängnis, das er kaum verlassen kann."
Die legislative Angleichung an die gefühlte Nationalität und das damit verbundene Recht, als Kriegsflüchtling anerkannt zu werden, wurde anfangs auch von den Gerichten abgelehnt. "Als Deutscher hätte ich kein Recht, gegen eine Bezeichnung als Deutscher zu klagen." Syrien, das gefühlte Heimatland des gelernten Kochs, konnte auch nicht helfen. "Sie hatten Krieg und verstanden mein Problem nicht."
Kein Einzelfall. Auch in EU-Partnerstaaten wie Frankreich, Belgien oder Finnland müssen transnationale Menschen immer noch um Anerkennung kämpfen, um ihren Personenstand der empfundenen Nationalität anpassen zu dürfen. Die Behörden stellen hohe Hürden auf, wie Hajek K. sagt: „Es gibt aufwendige Prozeduren und Tests und langwierige Begutachtungen durch Psychologen, Botschaftsmitarbeiter und Ärzte", sagt er. Das sei "äußerst erniedrigend“, weil er sich bei diesem Hürdenlauf auch ständig "schräg angeschaut" gefühlt habe.
Diese Praktiken schränken grundlegende Menschenrechte wie das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stark ein und zeugen von einem rückständigen etatistischen Nationalitätsverständnis, welches keinen Platz für Identitätswechsel außerhalb der klassischen Zugehörigkeit durch Geburt lässt.
Für Hajek K. kam dann allerdings doch noch ein Happyend. Nach sieben Jahren wurde seine Klage auf Anerkennung als gebürtiger Syrer unter Verweis auf das Antidiskriminierungsgesetz angenommen. Ein klares Zeichen, denn die Richter öffneten mit ihrem Urteil nun auch ein Türchen zur Transnationalität. Die Richter urteilten, dass Transnationale in Zukunft auch ohne Beantragung einer anderen Staatsbürgerschaft ein Recht haben, als Staatsbürger des Landes anerkannt zu werden, als dessen Angehöriger sie sich fühlen. Zugleich gab das Gericht dem Gesetzgeber auf, schnellstmöglich rechtliche Möglichkeiten zu schaffen, um Trans*Nationalen leicht zugängliche und schnelle Wege zu öffnen, um Personenstandsänderungen in offiziellen Dokumenten durchführen zu lassen, die eine Nationalitätenangleichung unkompliziert erlauben.
Bisher mussten sich Trans*Nationale – Menschen, die sich im falschen Land geboren fühlen – laut Gesetz per Antrag eine neue Staatsbürgerschaft zuteilen lassen. Erst dann durften sie als Bürger des Landes leben, in dem sie sich gefühlsmäßig zu Hause fühlen. In den Augen der Greifswalder Richter ist diese Regelung aus dem Jahr 1980 jedoch diskriminierend und verfassungswidrig. Ob Menschen transnational seien, lasse "sich nur daran messen, wie konsequent sie in ihrer empfundenen Nationalität leben", heißt es in der Entscheidung.
Dies hätte weitreichende Folgen für die Rechtsordnung. Dieses Problem sehen auch die Richter, schätzen jedoch das Recht der Trans*Nationalen auf informationelle Selbstbestimmung unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte höher ein. Zudem verweisen sie darauf, dass bereits jetzt das Verhältnis rechtlich anerkannter Trans*Nationaler zur Gesellschaft unberührt bleibt, sprich: die Betroffenen sind für ihre Mitbürger weiter Angehöriger der Nationalität, in der sie ohnehin gelebt haben.
Vorausgegangen war der Entscheidung des Landgerichtes Greifswald ein über Jahre andauernder Rechtsstreit. Hajek K., ursprünglich als Sohn einer Ingenieursfamilie in der DDR geboren, hatte schon als Neunjähriger gespürt, dass er sich eigentlich als Syrer fühlte und auch als solcher leben wollte. "Das war damals natürlich illusorisch", sagt der großgewachsene Mann mit dem dunklen Haar, der mit seinem schwarzen Kinnbart tatsächlich so aussieht, dass brandenburgische Polizisten ihn zweifellos als "südländischen Typ" bezeichnen würden.
Resolution ging ins Leere
„Obwohl die Parlamentarische Versammlung des Europarates schon 2010 eine Resolution gegen die Diskriminierung von Trans*Nationalen verabschiedet hat, setzte sich die rechtliche Diskriminierung aber auch nach dem Mauerfall fort", klagt Hajek K. Seine zentrale Forderung, eine freie Entscheidung darüber treffen zu dürfen, welcher Nationalität er sich zugehörig fühlen wolle und welche entsprechend auch in seinem Pass vermerkt werden solle, wurde von den Behörden jedoch immer wieder zurückgewiesen. Die Forderung sei nicht nachvollziehbar, hieß es. Wenn er Syrer werden wolle, solle er doch die dortige Staatsbürgerschaft beantragen, bekam Hajek K. von den Beamten zu hören.
"Ich wollte aber nur Staatsbürger werden, sondern wirklich Syrer sein - genau so wie ich mich von Kindesbeinen fühle", begründet er seinen "relativ unkomplizierten Wunsch" (Hajek K.) Eine Odyssee durch Gerichtssäle begann, wo K., der nach intensivem Selbststudium schon mit 14 perfekt Arabisch sprach, versuchte, die bürokratischen Barrieren vor einem Wechsel in seine wahre Nationalität zu überwinden. Doch bislang existieren in den meisten europäischen Staaten immer noch erniedrigende Bedingung zur Umschreibung von Abstammung, Name und Nationalität. "Wer von Deutschen geboren wird, die Kinder von Deutschen sind", sagt der Trans*Syrer, "steckt in einem Gefängnis, das er kaum verlassen kann."
Die legislative Angleichung an die gefühlte Nationalität und das damit verbundene Recht, als Kriegsflüchtling anerkannt zu werden, wurde anfangs auch von den Gerichten abgelehnt. "Als Deutscher hätte ich kein Recht, gegen eine Bezeichnung als Deutscher zu klagen." Syrien, das gefühlte Heimatland des gelernten Kochs, konnte auch nicht helfen. "Sie hatten Krieg und verstanden mein Problem nicht."
Trans*Nationale müssen kämpfen
Kein Einzelfall. Auch in EU-Partnerstaaten wie Frankreich, Belgien oder Finnland müssen transnationale Menschen immer noch um Anerkennung kämpfen, um ihren Personenstand der empfundenen Nationalität anpassen zu dürfen. Die Behörden stellen hohe Hürden auf, wie Hajek K. sagt: „Es gibt aufwendige Prozeduren und Tests und langwierige Begutachtungen durch Psychologen, Botschaftsmitarbeiter und Ärzte", sagt er. Das sei "äußerst erniedrigend“, weil er sich bei diesem Hürdenlauf auch ständig "schräg angeschaut" gefühlt habe.
Diese Praktiken schränken grundlegende Menschenrechte wie das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stark ein und zeugen von einem rückständigen etatistischen Nationalitätsverständnis, welches keinen Platz für Identitätswechsel außerhalb der klassischen Zugehörigkeit durch Geburt lässt.
Für Hajek K. kam dann allerdings doch noch ein Happyend. Nach sieben Jahren wurde seine Klage auf Anerkennung als gebürtiger Syrer unter Verweis auf das Antidiskriminierungsgesetz angenommen. Ein klares Zeichen, denn die Richter öffneten mit ihrem Urteil nun auch ein Türchen zur Transnationalität. Die Richter urteilten, dass Transnationale in Zukunft auch ohne Beantragung einer anderen Staatsbürgerschaft ein Recht haben, als Staatsbürger des Landes anerkannt zu werden, als dessen Angehöriger sie sich fühlen. Zugleich gab das Gericht dem Gesetzgeber auf, schnellstmöglich rechtliche Möglichkeiten zu schaffen, um Trans*Nationalen leicht zugängliche und schnelle Wege zu öffnen, um Personenstandsänderungen in offiziellen Dokumenten durchführen zu lassen, die eine Nationalitätenangleichung unkompliziert erlauben.
Im falschen Land geboren
Bisher mussten sich Trans*Nationale – Menschen, die sich im falschen Land geboren fühlen – laut Gesetz per Antrag eine neue Staatsbürgerschaft zuteilen lassen. Erst dann durften sie als Bürger des Landes leben, in dem sie sich gefühlsmäßig zu Hause fühlen. In den Augen der Greifswalder Richter ist diese Regelung aus dem Jahr 1980 jedoch diskriminierend und verfassungswidrig. Ob Menschen transnational seien, lasse "sich nur daran messen, wie konsequent sie in ihrer empfundenen Nationalität leben", heißt es in der Entscheidung.
Dies hätte weitreichende Folgen für die Rechtsordnung. Dieses Problem sehen auch die Richter, schätzen jedoch das Recht der Trans*Nationalen auf informationelle Selbstbestimmung unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte höher ein. Zudem verweisen sie darauf, dass bereits jetzt das Verhältnis rechtlich anerkannter Trans*Nationaler zur Gesellschaft unberührt bleibt, sprich: die Betroffenen sind für ihre Mitbürger weiter Angehöriger der Nationalität, in der sie ohnehin gelebt haben.
2 Kommentare:
Recht so, klagen bis zum Sieg. Auch ich strebe eine Klage gegen die BRD auf Grundlage des AGG an. Ich fühle mich einfach in zu ärmliche Verhältnisse geboren. (Sorry Mama und Papa, da habe ich einfach mehr erwartet.) Und da das hier in Deutschland nicht klappt mit den Millionen, gebe ich mich über das Auswärtige Amt zur internationalen Adoption frei. So 2-3 Mille werden jährlich erwartet. Gern eine Lottofee, Oligarch, oder wenn es sein muss auch ein Scheich. لذلك يريد الله
So etwas, wo es doch nur Menschen und gar keine Nationen und schon gar keine Völker gibt!
Im falschen Land geboren? Nein, von den falschen Eltern.
Mancher Eltern sind Bundesbürger. Sie fühlen sich aber als Reichsbürger. Für die gilt das transnationale Recht wohl nicht.
Ich bin übrigens Menapier - oder Chatte? Beide gibt es angeblich so seit 400 n.Chr. nicht mehr.
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