Als er abging von der Staatsbühne, erschnupperte die Süddeutsche Zeitung "Würde, Weihrauch und Wehmut". Staastrauer in Schland, dem Land, das Angela Merkel das Land nennt, "aus dem ich herkomme". Mit dem Altbürgerrechtler Joachim Gauck ging ein Mann, von dem die Parteien des demokratische Blocks gehofft hatten, er werde noch eine Saison dranhängen, in dieser Lage. Und dessen Nachfolger die SPD und ihre Medienfankurve dann als Menetekel sahen, das von nahenden Veränderungen kündete.
Gauck hat die Hoffnungen enttäuscht. Der Präsident, ehemals ein Notfallkandidat, aber später zu staatstragenden Reden aus Luft und Langeweile befähigt, wo immer sie gebraucht wurden, fand einen Nachfolger, der die Rolle des Oberhauptes noch durchscheinender spielte. Walter Steinmeier, dem Luftballonverkäufer Carl Fredricksen täuschend echt nachgebildet, hält Gaucks alte Reden, nur ohne Betonung.
Gauck dagegen ist von fremden Mächten gegen einen zum Verwechseln ähnlichen anderen ostdeutschen Rentner ausgetauscht worden, der eine wutbürgerliche Renitenz vor sich herträgt. Bei einer Ansprache in Düsseldorf, bei der die herbeigeeilten Autoritäten auf mehr vom Üblichen warteten, hatte Joachim Gauck jetzt irrtümlich statt des vorbereiteten Redemanuskrips ein paar Blätter aus seinem Tagebuch eingesteckt. "Zunächst: Heine!", hat er da autobiografisch aufgeschrieben. Der Dichter habe ihn begleitet, "seit ich in literarischen Texten Inspiration und Orientierung suchte." Heines Hang zu nationalistischen Klischees habe ihm besonders imponiert: "Der Engländer liebt die Freiheit wie sein rechtmäßiges Weib. Er besitzt sie, und wenn er sie auch nicht mit absonderlicher Zärtlichkeit behandelt, so weiß er sie doch im Notfall wie ein Mann zu verteidigen", zitierte der BuPrä a.D., "der Franzose liebt die Freiheit wie seine erwählte Braut. Er wirft sich zu ihren Füßen mit den überspanntesten Beteuerungen. Er schlägt sich für sie auf Tod und Leben. Er begeht für sie tausenderlei Torheiten. Der Deutsche liebt die Freiheit wie seine Großmutter."
Unerhörte Töne in einem vereinten Europa, das sich daranmacht, verallgemeinernde Rollenbilder für immer in den Orkus der Geschichte zu stoßen. Und nun Gauck, der von Nordrhein-Westfalen träumt, dem "Ort des gestalteten Lebens". Kein Paradies, aber okay. "Selten pathetisch, meistens realistisch und wenn wir an den Wandel denken, den dieses Land gestaltet hat, kann man sagen: trotz allem erfolgreich."
Heimat, zitiert Gauck Jean Améry, einen österreicherischen Juden, den die Nazis außer Landes trieben. Und er bastelt kühn einen Widerspruch zu dem, was er die "Konzeption des Multikulturalismus" nennt: Eine Idealisierung einer toleranten Weltoffenheit, die kein Maß für das Eigene mehr kennt, sondern die Vielfalt des Verschiedenen wertfrei gleich schätzt.
Joachim Gauck, der den mörderischen Kaiser Karl einmal dafür lobte, dass er in einem "erstaunlichen politischen und militärischen Kraftakt" die Einigung der europäischen Regionen und Länder erzwungen habe, was gut gewesen sei, tritt nach Dienstschluss gegen die an, die er die "imaginierte Vertreter eines Weltbürgertums" nennt, das "alle Grenzen des Nationalstaates hinwegzunehmen" angetreten sei. Doch, so Gauck, "ein Nationalstaat darf sich nicht überfordern." Er müsse "nicht nur die materiellen, territorialen und sozialen Möglichkeiten eines jeden Staates, sondern auch die psychischen Möglichkeiten seiner Bürger" beachten, denn "sogar der weltoffene Mensch gerät an seine Grenzen, wenn sich Entwicklungen vor allem kultureller Art zu schnell und zu umfassend vollziehen".
Eine Wandlung, die gerade bei dem 78-Jährigen erstaunt, der die Mächtigen der Welt noch vor zwei Jahren im schweizerischen Davos mit ein paar frech zusammengeflunkerten Fake News auf mehr Migration eingeschworen hatte. Derselbe Mann findet es jetzt "beschämend, wenn einige die Augen verschließen vor der Unterdrückung von Frauen bei uns und in vielen islamischen Ländern, vor Zwangsheiraten, Frühheiraten, vor Schwimmverboten für Mädchen in den Schulen." Auch den Antisemitismus unter Menschen aus arabischen Staaten will Gauck nicht mehr ignoriert oder mit Verweis auf israelische Politik für verständlich erklärt sehen, noch sei "Kritik am Islam" ein Grund sofort unter den Verdacht zu geraten, aus Rassismus und Hass auf Muslime erwachsen zu sein.
Augenmaß will der Ex-Präsident, nun, wo der Splitter im Auge zum Balken gewachsen ist, der den Blick verstellt. "Sehe ich es richtig, dass in diesen und anderen Fällen die Rücksichtnahme auf die andere Kultur als wichtiger erachtet wird als die Wahrung von Grund- und Menschenrechten?"
Die Marschierer des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses in Dresden hätten damals schon mit Ja geantwortet, hätte Gauck sie seinerzeit wirklich besucht. Jubelwellen wären über dem Präsidenten zusammengeschlagen, hätte er den "Hetzern, Hassern und Zweiflern" (Claus Kleber) seinen Düsseldorfer Satz entgegengehalten: "Zu viele Zugezogene leben noch zu abgesondert mit Werten und Narrativen, die den Gesetzen und Regeln und Denkweisen der Mehrheitsbevölkerung widersprechen, zu viele leben hier seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten, ohne die Geschichte dieses Landes zu kennen." Und ihnen sodann ins Stammbuch geschrieben, dass "wir" (Gauck) vor allem eines bräuchten: "Mehr Wissen übereinander. Mehr Dialog. Mehr Streit. Mehr Bereitschaft, im jeweils Anderen unseren eigenen Ängsten, aber auch neuen Chancen zu begegnen."
Reden aus Luft und Langeweile
Gauck hat die Hoffnungen enttäuscht. Der Präsident, ehemals ein Notfallkandidat, aber später zu staatstragenden Reden aus Luft und Langeweile befähigt, wo immer sie gebraucht wurden, fand einen Nachfolger, der die Rolle des Oberhauptes noch durchscheinender spielte. Walter Steinmeier, dem Luftballonverkäufer Carl Fredricksen täuschend echt nachgebildet, hält Gaucks alte Reden, nur ohne Betonung.
Gauck dagegen ist von fremden Mächten gegen einen zum Verwechseln ähnlichen anderen ostdeutschen Rentner ausgetauscht worden, der eine wutbürgerliche Renitenz vor sich herträgt. Bei einer Ansprache in Düsseldorf, bei der die herbeigeeilten Autoritäten auf mehr vom Üblichen warteten, hatte Joachim Gauck jetzt irrtümlich statt des vorbereiteten Redemanuskrips ein paar Blätter aus seinem Tagebuch eingesteckt. "Zunächst: Heine!", hat er da autobiografisch aufgeschrieben. Der Dichter habe ihn begleitet, "seit ich in literarischen Texten Inspiration und Orientierung suchte." Heines Hang zu nationalistischen Klischees habe ihm besonders imponiert: "Der Engländer liebt die Freiheit wie sein rechtmäßiges Weib. Er besitzt sie, und wenn er sie auch nicht mit absonderlicher Zärtlichkeit behandelt, so weiß er sie doch im Notfall wie ein Mann zu verteidigen", zitierte der BuPrä a.D., "der Franzose liebt die Freiheit wie seine erwählte Braut. Er wirft sich zu ihren Füßen mit den überspanntesten Beteuerungen. Er schlägt sich für sie auf Tod und Leben. Er begeht für sie tausenderlei Torheiten. Der Deutsche liebt die Freiheit wie seine Großmutter."
Unerhörte Töne in einem vereinten Europa, das sich daranmacht, verallgemeinernde Rollenbilder für immer in den Orkus der Geschichte zu stoßen. Und nun Gauck, der von Nordrhein-Westfalen träumt, dem "Ort des gestalteten Lebens". Kein Paradies, aber okay. "Selten pathetisch, meistens realistisch und wenn wir an den Wandel denken, den dieses Land gestaltet hat, kann man sagen: trotz allem erfolgreich."
Der Heimatdichter
Heimat, zitiert Gauck Jean Améry, einen österreicherischen Juden, den die Nazis außer Landes trieben. Und er bastelt kühn einen Widerspruch zu dem, was er die "Konzeption des Multikulturalismus" nennt: Eine Idealisierung einer toleranten Weltoffenheit, die kein Maß für das Eigene mehr kennt, sondern die Vielfalt des Verschiedenen wertfrei gleich schätzt.
Joachim Gauck, der den mörderischen Kaiser Karl einmal dafür lobte, dass er in einem "erstaunlichen politischen und militärischen Kraftakt" die Einigung der europäischen Regionen und Länder erzwungen habe, was gut gewesen sei, tritt nach Dienstschluss gegen die an, die er die "imaginierte Vertreter eines Weltbürgertums" nennt, das "alle Grenzen des Nationalstaates hinwegzunehmen" angetreten sei. Doch, so Gauck, "ein Nationalstaat darf sich nicht überfordern." Er müsse "nicht nur die materiellen, territorialen und sozialen Möglichkeiten eines jeden Staates, sondern auch die psychischen Möglichkeiten seiner Bürger" beachten, denn "sogar der weltoffene Mensch gerät an seine Grenzen, wenn sich Entwicklungen vor allem kultureller Art zu schnell und zu umfassend vollziehen".
Späte Wandlung zum renitenten Rentner
Eine Wandlung, die gerade bei dem 78-Jährigen erstaunt, der die Mächtigen der Welt noch vor zwei Jahren im schweizerischen Davos mit ein paar frech zusammengeflunkerten Fake News auf mehr Migration eingeschworen hatte. Derselbe Mann findet es jetzt "beschämend, wenn einige die Augen verschließen vor der Unterdrückung von Frauen bei uns und in vielen islamischen Ländern, vor Zwangsheiraten, Frühheiraten, vor Schwimmverboten für Mädchen in den Schulen." Auch den Antisemitismus unter Menschen aus arabischen Staaten will Gauck nicht mehr ignoriert oder mit Verweis auf israelische Politik für verständlich erklärt sehen, noch sei "Kritik am Islam" ein Grund sofort unter den Verdacht zu geraten, aus Rassismus und Hass auf Muslime erwachsen zu sein.
Augenmaß will der Ex-Präsident, nun, wo der Splitter im Auge zum Balken gewachsen ist, der den Blick verstellt. "Sehe ich es richtig, dass in diesen und anderen Fällen die Rücksichtnahme auf die andere Kultur als wichtiger erachtet wird als die Wahrung von Grund- und Menschenrechten?"
Jubel bei Pegida
Die Marschierer des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses in Dresden hätten damals schon mit Ja geantwortet, hätte Gauck sie seinerzeit wirklich besucht. Jubelwellen wären über dem Präsidenten zusammengeschlagen, hätte er den "Hetzern, Hassern und Zweiflern" (Claus Kleber) seinen Düsseldorfer Satz entgegengehalten: "Zu viele Zugezogene leben noch zu abgesondert mit Werten und Narrativen, die den Gesetzen und Regeln und Denkweisen der Mehrheitsbevölkerung widersprechen, zu viele leben hier seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten, ohne die Geschichte dieses Landes zu kennen." Und ihnen sodann ins Stammbuch geschrieben, dass "wir" (Gauck) vor allem eines bräuchten: "Mehr Wissen übereinander. Mehr Dialog. Mehr Streit. Mehr Bereitschaft, im jeweils Anderen unseren eigenen Ängsten, aber auch neuen Chancen zu begegnen."
7 Kommentare:
Herr Gauck gehört der Vogelart "Wendehals" an.
Der hat in seiner Stasiaktenschnüfflerzeit vermutlich viel über viele erfahren, was die ihm gegenüber recht handzahm machte.
Wie konnte man so einen pastoral selbstgefälligen Wendehals-Salbader nur zum bundesdeutschen Grüßaugust krönen? Dafür muss es doch vermutlich andere als die offiziellen Gründe gegeben haben.
IM "Larve" hat die Akten von IM "Erika" verschwinden lassen (oder auch nicht).
Deshalb durfte er Buprä werden.
Nunja, die Dümmlichkeiten der sogenannten Politik sind leicht an den zu erwartenden Pensionen auszumachen.
halte ich für quatsch. sie wollte ihn ja nicht haben
Immer noch Kopfschuß äh -Nuß
"Zu viele Zugezogene leben noch zu abgesondert"
Nichts Neues, also, nichts Renitentes, die deutschstämmigen Mädchen bleiben aufgefordert, das durch Heirat zu ändern, die ausländisch-stämmigen Menschen zur Zwangsintegration und dazu, die neuen Deutschen zu werden und als solche besser und braver zu funktionieren als die Deutschen bisher.
Na ja, da würde mich ja wirklich interessieren auf welche biographischen Lebensleistung des anonymen Autors das Recht der Verurteilung beruht...Seine Vergangenheit in einem wirklich totalitären System und seine Unberechenbarkeit im Nachwendedeutschland, mag zwar nicht jedem passen, erfüllt aber für mich nicht wirklich die Definition von 16.8 Mio wendehalsverdächtigen Mitbürgern....
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