Arbeit mit der Presse, das heißt neue interessante Formen zu finden! |
Die Vertrauenskrise ist kaum noch abzuleugnen, die Bundesregierung selbst spürt die Folgen einer Entwicklung, die dazu geführt hat, dass selbst das handwerklich bestgemachte Bemühen der besten Kräfte aus privaten und staatlichen Medien zur noch besseren Vermittlung der Richtigkeit der Politik der Parteien des demokratischen Blockes nur noch Hohn und Spott erntet. Berlins Journalisten sollen, so will es die Partei der Kanzlerin, deshalb künftig kritischer berichten, Sprachschablonen meiden und sich auch mal, wie Merkels Pressebeauftragter Jochen Korenz wünscht, "von Überlebtem trennen“.
Sie organisieren Kampagnen gegen Fake News, gegen Nazi-Demos, gegen neue Nazis im Parlament, gegen russische Eingriffe in den Wahlkampf, gegen Wähler, die die falschen Parteien wählen und schauen regelmäßig nach, wie es bei der Regierungsbildung läuft, was Deutschland noch für Hoffnungen hat und wem der Verdienst gebührt, dass die Wirtschaft brummt. Deutsche Journalisten gelten dank ihrer Emsigkeit für die meisten regierenden Parteien als nützliche politische Interpreten an der kurzen Parteileine (ganz im Sinne Lenins, der sich den sozialistischen Publizisten als "kollektiven Propagandisten, Agitator und Organisator" wünschte). Sie selbst sehen sich als prinzipienfeste Funktionäre, die mit literarischer Meisterschaft um die Köpfe und Herzen der Menschen kämpfen.
Was freilich, als Endprodukt solcher Arbeit, dann in den 400 Tageszeitungen, 3541 Zeitschriften und 77 öffentlich-rechtlichen Internetportalen zu lesen ist, was aus den Radios leiert und über die Bildschirme flimmert, gerät in der Regel weniger massenverbunden denn monoton. Die von Mitarbeitern des Kanzleramtes früher gern gelobte "Geschlossenheit unserer Fronten" wird draußen im Lande zunehmend als Gleichschaltung und Einheitsbrei beklagt, Rechtpopulisten docken hier an, sie hetzen gegen "trocken-lehrhaftes Dozieren", gegen „Kinderfernsehen für Erwachsene“ und "leblose Faktologie, hinter der die lebendigen Menschen verschwinden". Das, was unterstützt mit viel Steuergeld – der Umsatzsteuersatz für Druckprodukte beträgt nur sieben statt 19 Prozent – tagtäglich an angeblichen Meldungen verbreitet wird, findet kaum noch Echo bei den Menschen. Und wenn, dann wird laut gelacht über gequälte Formulierungen wie „junge Männer“, „Einzelfall“ und „Nachbesserungsbedarf“.
Ein unguter und auf Dauer schädlicher Zustand, den nun auch das Kanzleramt erkannt hat, das in einem Brief an alle Chefredaktionen aufgefordert hat, "Erscheinungen des Subjektivismus, der Rechthaberei, der Schönfärberei" den Garaus zu machen. Es gelte, jetzt, "Erreichtes zu analysieren", "Neues zu projektieren" und "sich von Überlebtem zu trennen", dabei sei es aber erste Journalistenpflicht, ehrlich zu sein: Nicht ein Wünschdirwas solle mehr im Mittelpunkt der Bemühungen zur Berichterstattung stehen, sondern das wahre Leben.
Wichtig sei, das "wachsende Bedürfnisse nach politischer, wissenschaftlicher Information" besser zu befriedigen, indem vermeintliche Tabus wegfielen. Jochen Korenz, der kaum bekannte Strippenzieher hinter der Pressearbeit der Kanzlerin, versprach einzeln vorgeladenen Medienchefs, dass „es jedenfalls seitens unserer Regierung keinerlei Barrieren in der Informationsarbeit" mehr geben werde. Wer wolle, könne den Satz "Schweigen ist eine schlechte Gewohnheit" als "Spruchband in seine Redaktion hängen", denn künftig werde „keine Kritik an Mängeln jemals wieder falsch verstanden" werden.
Ein Kulturbruch, denn bisher waren die großen Leitmedien mit ihren immer noch nach hunderttausenden Exemplaren zählenden Auflagen bemüht gewesen, Schlagzeilen zu produzieren, die weitgehend unisono jeweils bestimmte Personen verdammten, angriffen oder kritisierten. Die weitgehende Einstimmigkeit in der Berichterstattung, von den Medienhäusern selbst als Beitrag im Kampf gegen eine mögliche Verunsicherung von Teilen der Bevölkerung gesehen, würde damit enden - und offenbar besteht darüber Konsens unter den Regierungsparteien.
Der scheidende SPD-Vorsitzende Martin Schulz hatte in seiner weltweit als wegweisend gewerteten Rede erstmals ganz konkret klargestellt, dass die SPD in den kommenden Koalitionjahren Garantien für eine "umfassende und wahrheitsgetreue Information, für Meinungsvielfalt und Meinungsstreit, Toleranz unter Andersdenkenden und ehrliches Ringen um gemeinsame Lösungen" von der Union verlangen werde. Schulz kündigte scharfe Schnitte für die Durchsetzung eines neuen Vertrauens an: "Ein Prozent von Etwas ist mehr als hundert Prozent von nichts", ließ er Überlegungen anklingen, mit einem Vertrauensschutzgesetz gegen das anhaltende Abbröckeln von Reichweiten und Glaubwürdigkeit der großen Staats- und Privatmedien vorgehen zu wollen.
1 Kommentar:
So was Absurdes kann nur ein Sozen-Hirn, und vor allem ein punzelreplikanisches aushecken. – Nämlich mit apodiktischer Vorschreiberei- und Gängel-Verve die apodiktische Vorschreiberei- Gängel-Verve unserer „Diskurskultur“ zu verbieten und mit lachhaftem Pathos, Grossmaul-Diktion und Phrasen-Vokabular den Medien lachhaftes Pathos, Grossmaul-Diktion und Phrasen-Vokabular zu exorzieren. –
Das ist bolschewistische Selbstrefernzialität.
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