Was ist da nur geschehen? Zwei Männer, auf deren Schultern zu einem nicht unerheblichen Teil lastet, was weltweit als deutsche Demokratie beneidet wird, wenden sich an einem einzigen Wochenende ab von der gelebten Praxis dieser Demokratie: Heribert Prantl, als Federführer der Süddeutschen Zeitung ein landesweit bekannter Anti-Kapitalist und Verfechter von grenzenloser Weltoffenheit, spielt die Orgel der Angstmacher.
"Jedwede Kommunikation steht jetzt unter der Kuratel des Staates, jedwede Intimität in Computern ist von Ermittlern einsehbar", predigt er im Stil eines Stefan Wisnewski oder Thilo Sarrazin. Schranken, die es beim Lauschangriff noch gab, gebe es nicht mehr, weiß der Mann, der Angela Merkel in der NSA-Affäre noch "Nichtwissen" bescheinigte, um sie nicht für mitschuldig erklären zu müssen. Jetzt entdeckt Prantl die "digitale Inquisition", durchgeführt vom Staat, dessen Hohelied der ehemalige Staatsanwalt über Jahre sang, egal, worum es gerade ging.
"Das Bundeskriminalamt installiert Staatstrojaner in privaten Computern, Laptops und iPhone auf gesetzlicher Grundlage", schreibt er. Und hetzt gegen das stillschweigende Einverständnis der Bürger mit ihrem Staat, der ihnen auch über die Süddeutsche Zeitung stets versprochen hat, dass niemand etwas zu befürchten habe, der nichts zu verbergen hat: "Warum lassen sich das die Bürger gefallen?"
Verzweifelte Staatsgläubige
Sie tun dies natürlich auch, weil Prantl und Kollegen damals, als das betreffende Gesetz "nach einem hastigen Gesetzgebungsverfahren" (Prantl) verabschiedet wurde, lieber über andere Dinge berichteten. Vieles war wichtiger als das, was jetzt so wichtig ist - so geht es auch dem zweiten großen alten Mann der alten Merkelrepublik, der im leise schwindenden Abendlicht der ewigen Kanzlerschaft einer CDU-Frau versucht, sich längst vergessenes Wissen in Erinnerung zu rufen.
Walter Steinmeier, selbst erster verurteilter Verfassungsbrecher im Amt des Bundespräsidenten, hat sich zweieinhalb Jahre nach Abschaffung des individuellen Rechts auf Asyl "für einen differenzierteren Umgang mit Fluchtgründen" ausgesprochen. Es müsse "deutlich zwischen der Flucht vor Krieg und Verfolgung sowie Migration aus wirtschaftlichen Gründen unterschieden werden", forderte Steinmeier mit Rücksicht auf seine zwischen Machtgier und der Treue zu den letzten Prinzipien zerrissenen Partei in einer seltsam unpersönlichen Form.
Erstmals macht sich damit ein deutscher Bundespräsident eine der zentralen Forderungen des fremdenfeindlichen Dresdner Pegida-Bündnisses zu eigen. Zugleich aber outet sich Steinmeier Fachleuten zufolge als rassistischer Hetzer: Wer den Eindruck erwecke, "dass das Grundrecht auf Asyl hier von Menschen ausgenutzt werde, die nur aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland kommen, nicht, weil sie Schutz vor Verfolgung suchen", so hat die renommierte Antonio-Amadeu-Stiftung bereits vor Monaten in einer Handreichung zur Früherkennung von Migrationsfeinden festgelegt, ist ein Feind unserer Ordnung, ein Gegner offener Grenzen und notwendiger unbürokratischer Schritte hin zu mehr Freizügigkeit.
Der verfassungsfremde Präsident
So einer ist nun also auch dieser Steinmeier, der bereits früher Sympathien für fremdenfeindliche Positionen hatte erkennen lassen. Doch erstaunlicherweise ereilt ihn kein kollektiver Widerspruch der Leitmedien, die bisher jeden Versuch, Migranten nach deren Motivation zu bewerten, wie es Artikel 16a Grundgesetz einst vorgesehen hatte, als Angriff auf die Grundlagen des Gemeinwesens gebrandmarkt hatten. Versuche, zur Verfassungspraxis eines geregelten Grenzregimes zurückzukehren, wurde standfest als "verfassungsfremde oder auch den Regeln des Rechtsstaats entgegenstehende Hilfslösungen" angeprangert. Wer sich dagegen aussprach, verließ den Konsens der Demokraten und musste sich von Heribert Prantls Blatt belehren lassen, dass die malade deutsche Demografie nur so repariert werden könne.
Mit der Volte des Präsidenten, die das staatliche ZDF als Forderung nach einem "Vorrang für politisches Asyl" anpreist, und dem gleichzeitigen Purzelbaum des Edelwelterklärers aus München endet nun offenbar eine Phase der deutschen Geschichte, in der innere Überzeugungen, von deren Notwendigkeit ihre Besitzer angesichts der deutschen Geschichte nicht abgehen wollten, zur Leugnung selbst von naturwissenschaftlichen Grundgesetzen führten: Dass es immer eine Obergrenze gibt, immer ein Zuviel, immer ein Ende von allem, so wie es naturgemäß auch stets einen Anfang gibt.
Dies hier ist er. Zwei Federführer einer Freiheit, die beide bisher nach eigenem Gusto definierten, entpuppen sich als "Zweifler" (Claus Kleber), Menschen also, die staatliche Überwachung und damit staatliche Fürsorge, den Umbau der Republik vom Rechtsstaat in einen "Präventions- und Sicherheitsstaat" (Prantl) undwomöglich sogar eine Fortsetzung der Kanzlerschaft Angela Merkels ablehnen.
Ein Grundrecht verflüchtigt sich
Für die Öffentlichkeit ein irritierender Umstand, noch schmerzlicher aber muss er für die beiden alten Männer gewesen sein, die bisher beide als strenggläubige Anhänger eines möglichst starken und umfassend ausgebauten Staates galten. Unter dessen "Kuratel" (Prantl) steht nun "jedwede Kommunikation" (Prantl), "Schranken und Sperren, die es diesbezüglich beim Lauschangriff noch gab, gibt es nicht mehr".
Ein Grundrecht verflüchtigt sich, die freie und geschützte Kommunikation als "elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen Staatswesens", löst sich unter den Händen derjenigen auf, die dieser Auflösung jahrelang das Wort geredet haben und nun verzweifelt fragen, wie das alles passieren konnte.
Das ist traurig, das ist beunruhigend. Aber es ist auch ein bisschen lustig für jeden, der einen Sinn für Schadenfreude hat.
Der Gott der Geschichte hat eben doch Humor.
3 Kommentare:
Halt die zu erwartende Reaktion von Scharlatanen, so sie die „Medizin“, die sie Anderen verordneten, auch selber zu schlucken bekommen. – Und gross ist das Gezeter, so sie auch auf eine „Tretmine“ treten, die sie eigentlich für die pöösen Rassisten, Faschisten, Nazis, Häit-Spietschler etc. auslegten, aber so gut versteckten, dass sie selber drüber stolpern. –
Ein Musterbeispiel eben für das alte Sprichwort:
„Wer anderen eine Grube gräbt,……“
Sie können’s eben nicht alles und jederzeit zurecht manipulieren. – Die Lügen-Matrix-Exponenten, wie dieser „Grantl“, verstehen es zwar recht gut, seit Jahren unserem Land eine gigantische Lügen-Glocke überzustülpen, indes, es gibt eben darin immer noch Löcher und Lücken, sind diese Scharlatane halt doch nicht all-wissend und all-voraussehend. – Und die infame Zweierlei-„Mass“-Strategie, womit sie alles Abweichlerische unterdrücken wollen, geht doch nicht 100%-ig auf, sondern schlägt teilweise auch gegen sie zurück.
Typisch haltloses Geschreibsel von Opportunisten. So wenig, wie sie bis vor kurzem um die "Flüchtlinge" besorgt waren - und auf Pegida & Co eindroschen, so wenig kümmert sie aktuell die "Meinungsfreiheit" und "Rechte" der Bürger. Wenn es sich anderes verhielt, würde bei ihren Beiträgen sowas wie Selbstreflexion über ihr in der Vergangenheit Produziertes zu finden sein, aber das ist nie der Fall. Da wird auf das nichtvorhandene Langzeitgedächtnis des mündigen Bürgers gesetzt. Scheint ja auch zu funktionieren. Im gegenteiligen Sinne: danke ppq
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